Bochum-Hiltrop. Teer auf den Wegen am Volkspark Hiltrop. Auf der Suche nach dem Verursacher, wird man in der unmittelbaren Nachbarschaft fündig.

Unruhe in Hiltrop, nachdem vor einigen Tagen Teer aus einer Böschung nahe dem Volkspark sickerte. Möglicherweise eine Altlast des Bergbaus. Aber um welches Bergwerk handelt es sich da eigentlich? Die WAZ geht auf Spurensuche.

„Oben in Hiltrop“, sagt man landläufig in Bochum, womit die Lage des Stadtteils hoch im Stadtnorden auf der Grenze zu Herne gemeint ist. Wenn man „Hiltrop“ sagt, muss man in diesem Zusammenhang aber auch „Zeche Constantin“ sagen. An diesen Pütt, genauer um die Anlage Constantin 10, muss nämlich denken, wer nach dem möglichen Verursacher der Teerflecken fragt.

Elf Schächte offen

Geschichte der Zeche

Einen umfassenden Überblick über das Bergwerk gibt der informative Text-/Bildband „Zeche Constantin der Große. Schwarzes Gold unter Bochum und Herne“. Autor ist Norbert Meier, Herausgeber der Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier e. V.

Das Buch (ISBN 978-3-00-046574-1) umfasst 432 Seiten mit über 620 historischen Abbildungen und kostet 24,95 Euro. Es ist über die Langendreerer Buchhandlung F.A. Gimmerthal, Alte Bahnhofstraße 39, erhältlich.

Die „Zeche Vereinigte Constantin der Große“, später nur noch „Zeche Constantin“, zählte zu den ältesten im Revier. Sie wurde bereits 1857 abgeteuft und entwickelte sich mit ihren Grubenfeldern und Standorten in Bochum und Herne zu den größten Bergwerken des Ruhrgebiets. Elf Schächte waren in Betrieb, wobei die einzelnen Standorte (meist) als eigene Förder- und Betriebsanlagen geführt wurden. Am bekanntesten war wohl Constantin 6/7 an der Hiltroper Straße am Kötterberg in Grumme (heute VfL-Trainingszentrum). An die 11.000 Mann waren insgesamt auf Constantin in den besten Zeiten angelegt.

Ende kam mit der „Kohlenkrise“

An der Wiescherstraße/Wiekskamp steht noch das wuchtige Torhaus der Anlage 10, es wurde 2009 von einem Privatmann restauriert, nachdem es lange als Ruine den Niedergang des Bergbaus versinnbildlicht hatte. Das Betriebsgelände ist heute Gewerbegebiet, einige Zechen- und Kokereigebäude sind erhalten. Hinter dem längst verfüllten Schacht liegt zwischen Wiekskamp und Heiksfeld das langgezogene Werkstattgebäude, das heute von KfZ-Betrieben genutzt wird. Auf der anderen Seite stand die Kokerei plus Nebengewinnungsanlagen; das Areal zieht sich bis zur Straße Im Brennholt und zum Volkspark Hiltrop, es ist der Bereich, an dem die Teerflecken jetzt beobachtet werden.

Ammoniak und Schwefelsäure

Die staub- und geruchsintensive Kokerei entstand mit Betriebsbeginn von Schacht 10, der 1914 in Förderung kam. Die 70 Brennöfen stammten von der Firma Dr. C. Otto, dazu kam die „weiße Seite“ der Kokerei mit Anlagen für die Destillation von Ammoniak, Teer, Schwefelsäure. Auch eine Benzolfabrik wurde errichtet. Die Kokerei wurde am 1. April 1914 angefeuert; die Garungszeit des Kokses betrug damals 30 Stunden, heute sind 25 Stunden üblich. Die Koksfabrik am Schacht 10 arbeitete fast ein halbes Jahrhundert. 1959 gingen die Öfen aus.

Übernahme durch Krupp

Es war auf dem Gipfel der „Kohlenkrise“ an der Ruhr, und das Ende der Zeche Constantin insgesamt bereits absehbar.

 Blick auf das Zechengelände mit dem Förderturm (mi.) und den Anlagen der Kokerei (re.). Vorkriegsaufnahme.
 Blick auf das Zechengelände mit dem Förderturm (mi.) und den Anlagen der Kokerei (re.). Vorkriegsaufnahme. © Förderverein bergbauhistorischer stätten

Die letzten Jahre bis zur Stilllegung sind gekennzeichnet von der Übernahme der zum Bochumer Verein gehörenden Schachtanlage durch die Holding Hütten- und Bergwerke Rheinhausen AG, die 76 Prozent des Aktienpakets des B.V. und damit „Constantin“ übernahm.

Stilllegung 1967

1960 hatte das Bergwerk die Hauptförderanlage 6/7 in Grumme sowie diverse Nebenanlagen, zu denen Schacht 10 zählte, der schließlich 1961 abgeworfen und 1963 verfüllt wurde. Am 31. März 1967 erfolgte die endgültige Stilllegung der Zeche Constantin. Es war ein weiterer dicker Sargnagel für die über 200-jährige Bochumer Bergbaugeschichte.

Der Natur überlassen

Wie so viele Altstandorte, wurde auch die Constantin-Fläche in Hiltrop zunächst sich selbst überlassen. Das Gelände verfiel, wurde später abgeräumt und noch später in weiten Bereichen der Natur überlassen. Dass die Vergangenheit nicht vorüber ist, beweisen die jüngsten Ereignisse. Ob es tatsächlich Teer ist, was aus den Böschungen am Volkspark sickert, soll nun geprüft werden. Wenn dem so sein sollte, wäre klar, woher es rührt: von der Kokerei Constantin 10.