Bochum. Verschlossen bleiben muss in Corona-Zeiten die einzigartige Sammlung in Museum Bochum. Die 5000 Werke haben einen Wert von 64 Millionen Euro.
Die Bilder hängen. Es riecht frisch gestrichen, beinahe alles ist vorbereitet. Eigentlich sollte am Freitag (3. April) die Villa Marckhoff als Erweiterungsbau des Kunstmuseums Bochum feierlich eröffnet werden. Wegen der Corona-Krise ist das bis auf Weiteres verschoben. Schade. Denn im Museum hängt Bemerkenswertes: aus künstlerischer und aus finanzieller Sicht.
Wer wüsste das besser als der Museums-Chef. Hans Günter Golinski ist Herr über etwa 5000 Kunstgegenstände, die das Museum in seinem Bestand hat. Die meisten davon sind eingelagert, nur einen Teil davon kann gezeigt werden. 100 bis 120 Werke, vieles davon Bilder, sind im Moment ausgestellt und warten darauf, in Augenschein genommen zu werden. Sie gehören zum Schönsten und zum Wertvollsten, was das Museum besitzt.
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Nur 120 von 5000 Objekten sind zu sehen
Genau genommen gehört es den Bochumern. Denn das Museum und all seine Schätze sind im Besitz der Stadt Bochum. Taxiert wird der Wert aller Kunstgegenstände auf 64 Millionen Euro. Eine sagenhafte Summe. Umgerechnet 12.800 Euro wäre damit jedes der 5000 Gegenstände wert. Die einen mehr, die anderen weniger.„Der materielle Wert von Kunst ist wie vieles andere eine Frage von Angebot und Nachfrage“, sagt Hans Günter Golinski und umschifft damit nicht zum ersten Mal die entscheidende Frage, welches denn die teuersten Bilder sind. Er will es nicht verraten. Aus Sicherheitsgründen, um Diebstahl und Zerstörung nicht Vorschub und leisten. Und wohl auch, weil es ihm schwer fiele, das eine Bild über das andere, den einen großen Maler über den anderen zu erheben.
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Beim Streifzug durch die neuen Ausstellungsräume lässt er immerhin durchblicken, wie bedeutend die aktuelle Ausstellung ist. „Es ist ein Teil der Highlights des Museums.“ Da hängt etwa ein Gerhard Richter an der Wand, der teuerste Maler der Gegenwart, dessen Bilder für zweistellige Millionenbeträge gehandelt werden. Zu sehen ist sein Portrait von Helmut Klinker, dem Bochumer Kunstfreund und Sammler, der Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre die damals vielversprechenden Künstler Richter, Polke und Lueg bat, jeweils ein Bildnis von ihm zu malen.
Klinker-Portrait von Gerhard Richter
„Für das von Richter hat er 150 Mark bezahlt“, sagt Hans Günter Golinski. Unausgesprochen bleibt, dass heute hinter diese Summe wohl noch einige Nullen kämen, wäre es zu kaufen. Aber das ist es nicht. Denn: Seit Bestehen des Museums sei noch nie etwas aus dem Bestand verkauft worden, so der Museums-Chef. Bestenfalls tauschen die Museum der Region einmal etwas untereinander aus.
Dann hängt da dieses Portrait von Joseph Beuys, einem der bekanntesten und umstrittensten Künstler der deutschen Nachkriegsgeschichte. Gemalt hat es kein Geringerer als Andy Warhol. Ursprünglich kein Unikat, es gibt mehrere Exemplare. Aber dieses habe Warhol noch einmal übermalt und es damit doch zu einem einzigartigen Werk gemacht. Ein Warhol in Bochum. Respekt.
Und das ist noch lange nicht alles -- was Kenner der Kunstszene und des Kunstmuseums natürlich längst wissen, aber einen interessierten Laien schon in Erstaunen setzt. Zu sehen ist auch ein Anton Corbijn, ein Richard Bacon, ein Ernst Ludwig Kirchner. Genau genommen sind es sogar zwei Kirchner. Bochum ist in Besitz eines der seltenen Doppel-Bilder des Expressionisten; Vorder- und Rückseite sind bemalt. Bilder von großem Wert.
Sponsoren spielen eine große Rolle
Sie wären heute für das Museum unerschwinglich. „Wir haben einen Ankaufetat von 18.000 Euro“, sagt Hans Günter Golinski und lächelt etwas betreten. Er und sein Team müssen schon findig sein, um damit den künstlerischen und finanziellen Wert des Museums zu steigern -- mit dem richtigen Riecher und auch mit der Hilfe von Sponsoren.
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