Bochum. Wegfallende Provisionen, Stornierungen und ein wachsender Schuldenberg: Die Bochumer Reisebüros können in der Coronakrise kaum mehr Fuß fassen.

Wenige Branchen leiden so unter der Coronakrise wie der Tourismus. Zu den Leidtragenden gehören auch Bochumer Reisebüros. „Wir fallen völlig hinten runter. Fakt ist, dass sämtliche Reisen storniert werden und wir rückwirkend für Monate kein Geld bekommen“, sagt Nicole Gredig-Macak, die das SonnenklarTV-Reisebüro leitet.

„Da kannst du nichts beschönigen“, so Gredig-Macak, „wir werden für Beratungen nicht entlohnt, die wir schon vor Monaten geleistet haben. Und der Schuldenberg wächst.“ Ihre vier Mitarbeiter kann sie derzeit nicht beschäftigen. „Vom Hilfspaket können wir nicht mal einen Monat bestreiten beim Bochumer Mietspiegel“, so Gredig-Macak.

Reisebüros müssen teilweise Provisionen zurückzahlen

Aktuell brechen Reisebüros und Reiseveranstaltern die Provisionen weg, wenn Kunden kostenfrei ihre Reisen stornieren. Bei Reisen, die aufgrund des Virus einfach nicht stattfinden, verdienen die Reiseberater auch kein Geld. Lediglich bei Umbuchungen erhalten die Reisebüros ihre normale Provision. „Umbuchungen spielen aktuell keine Rolle – wir haben quasi nur Stornierungen“, sagt Gredig-Macak, „selbst wenn jemand wegen der Coronakrise einen Tag vorher zurück geflogen ist, bekommen wir gar kein Geld.“ In manchen Fällen müsse sie sogar Provisionen zurückzahlen.

„Ich glaube es ist keinem bewusst, was wir in dieser Krisenzeit leisten“, so Dorota Gietzel von DER Touristik Partner im Uni-Center. Während sich in anderen Branchen über Verdienstausfälle wegen wegfallender Arbeit beklagt werde, hätten Reiseberater nun die doppelte Arbeit.

Die Berater buchen, betreuen und stornieren für umsonst

„Wir haben erst beraten, gebucht, betreut und jetzt dürfen wir stornieren und wie immer weiter betreuen und das alles für umsonst“, erklärt Gietzel, „oder noch schlimmer – wir haben hohe Rückzahlungen an die Veranstalter. Mit den Geldern haben wir schon in den letzten Monaten unsere Kosten wie Personal, Miete, EDV ecetera bezahlt.“

Auch im TUI-Reisecenter wurden alle Reisen bis zum 30. April und darüber hinaus bereits storniert. „Wir müssen nach Möglichkeiten suchen, unsere Liquidität zu sichern“, sagt Oliver Schaeffer, Geschäftsführer dreier TUI-Reisecenter in Bochum. Die Nachfrage sei begrenzt und die Reisebüros schon von Rechts wegen her für Kunden geschlossen.

„Die aktuellen Herausforderungen sind sehr vielschichtig“, sagt Schaeffer. Fast alle der durch die Coronakrise im Urlaub gestrandeten Kunden, habe er „nach Hause bekommen“. „Es gibt noch ganz wenige Gäste, die aktuell noch in Neuseeland sind“, so Schaeffer.

„Wenn das noch zwei Monate geht, ist das händelbar“

Wie viele andere Reisebüro-Betreiber hat auch Schaeffer seine rund 35 Mitarbeiter an den drei Standorten in Bochum in Kurzarbeit geschickt. „Ich gehe nicht davon aus, dass wir Entlassungen haben werden“, sagt der Reisebüroleiter, „wir bekommen das hin, wenn das noch zwei Monate dauert, ist das händelbar. Aber wenn das noch ein halbes Jahr geht...“ Vor allem an kleinen Veranstaltern gehe die Krise nicht leicht vorbei, beispielsweise Anbietern von Studienreisen.

In Schichtarbeit würden die 35 TUI-Reiseberater neben Stornierungen und Umbuchungen immerhin ab und zu auch noch Neubuchungen vornehmen, berichtet Schaeffer: Vereinzelte Kunden würden ab September oder Oktober wieder Reisen planen oder bereits gebuchte Touren in das nächste Jahr umbuchen. „Kreuzfahrten kann man zum Beispiel sehr weit im Voraus buchen“, erklärt Schaeffer.

Trotz der schwierigen Situation versuche er optimistisch zu bleiben, dass die Nachfrage „schnell wieder anläuft“: „Wir haben die Hoffnung, dass sich das Geschäft im Juni wieder normalisiert, aber wir kennen aktuell die Ausmaße nicht“, so der Reisebüroleiter. Wie andere Beschäftigte der Tourismusbranche hofft auch er auf Rettungspakete von Bund und Land.

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