Bochum. Bochum bekommt ein neues Frauenhaus. Die Finanzierung scheint gesichert. Zwischen den Parteien gibt es aber Streit um den richtigen Weg.
Im Sommer 2020 könnte die Bochumer Caritas Geschichte schreiben. Erstmals seit 30 Jahren soll dann in Nordrhein-Westfalen ein neu gebautes Frauenhaus an den Start gehen. Eine gute Nachricht.
Vornehmlich aber für Frauen aus den Nachbarstädten, denn schutzsuchende Frauen aus Bochum werden in der Regel gar nicht in unserer Stadt untergebracht. Und genau deswegen gibt es Streit um die Finanzierung des 2,5 Millionen Euro teuren Projekts.
Die Linken werfen Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) sowie SPD und Grünen „finanzpolitisches Kirchturmdenken“ vor. Die CDU spricht von einem „charakterlichen Offenbarungseid“ der Koalition. Hintergrund ist auch ein Antrag der Christdemokraten, der im Rat von der rot-grünen Mehrheit abgeschmettert wurde.
Tagessatz steigt im Neubau auf 21,75 Euro
CDU und Linke wünschen sich einen Zuschuss der Stadt zu den Investitionskosten. So soll verhindert werden, dass der Tagessatz für die Unterbringung der Frauen nicht wie vorgesehen nahezu verdoppelt wird; er soll im neuen Frauenhaus nämlich von heute 11,87 Euro auf 21,75 Euro steigen. NRW-weit liegen die Sätze derzeit zwischen 9 und 40 Euro.
Der Tagessatz bemisst sich an den Kosten des Neubaus. Er dient zur Tilgung der erforderlichen Darlehen, die zwei Stiftungen (bis zu 600 000 Euro) und das Land NRW – dank veränderter Förderrichtlinien im sozialen Wohnungsbau – (1,5 Millionen Euro) gewähren sollen. Den Rest zahlt die Caritas.
Caritas-Direktor: Das Risiko tragen wir
Für OB Eiskirch und die Koalition ist diese Finanzierung ausreichend und schlüssig, zumal das Land zusätzlich einen Tilgungsnachlass von 250 000 Euro verspricht. Vom Zuschuss der Stadt profitierten nahezu ausschließlich die Nachbarstädte, die in der Regel die Kosten für die untergebrachten Frauen übernehmen, lautet die rot-grüne Argumentation. „Ich fände es gut, wenn Castrop-Rauxel, Herne und andere Städte auch mal Frauenhäuser bauen würden“, sagte Eiskirch am Donnerstag im Rat. Das käme dann wirklich Bochumer Frauen zugute.
„Das Risiko tragen dann wir“, kritisiert Caritas-Direktor Hans-Werner Wolff diese Haltung – und fürchtet, dass das neue Haus weniger belegt werden wird als das marode alte. Die Verantwortlichen im Rathaus sollten sich doch mal fragen, nach welchen Kriterien Bochumer Frauen in andere Städte vermittelt würden. Die Höhe des Tagessatzes spiele dabei sicherlich eine Rolle. „Ein bisschen mehr Solidarität könnte nicht schaden. Wir zahlen schon heute jedes Jahr 7000 bis 15 000 Euro drauf“, so Wolff.
>> DAS BOCHUMER FRAUENHAUS IN ZAHLEN
Das Bochumer Frauenhaus ist im Schnitt zu 70 Prozent ausgelastet. Es gibt in dem maroden Bau 14 Plätze für Frauen und noch einmal so viele für Kinder. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre wurden jährlich 7410 Übernachtungen gezählt.
Die Finanzierung für den geplanten 2,5 Millionen Euro teuren Neubau soll Anfang 2019 gesichert sein. Direkt im Anschluss könnten die Arbeiten beginnen, eine Baugenehmigung liegt vor.
Caritasdirektor Hans-Werner Wolff rechnet mit einer Bauzeit von 18 Monaten. Die neue Einrichtung kostet laut Wolff noch einmal rund 150 000 Euro. Für Planung und Erwerb des Grundstückes hat die Caritas bereits 200 000 Euro ausgegeben.