Bochum. 1920 bedrohte der Kapp-Putsch die Weimarer Republik. An der Ruhr erhob sich Widerstand. Auch in Bochum wurden revoltierende Arbeiter erschossen.

An die „Märzrevolution“ im Zuge des Kapp-Putsches von 1920 wird in diesen Tagen im ganzen Ruhrgebiet und auch in Bochum und Wattenscheid erinnert. Die WAZ beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem heute fast vergessenen zeithistorischen Thema.

Was war der Kapp-Putsch?

Am 9. November 1918 wurde, unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs, die erste deutsche Republik ausgerufen. Doch keine zwei Jahre später war sie schon wieder in Gefahr: Am 13. März 1920 zog die „Brigade Erhardt“ mit schwarz-weiß-roten Fahnen und Hakenkreuzen am Stahlhelm durch das Brandenburger Tor zum Regierungsviertel in Berlin, um die junge Weimarer Republik zu beseitigen.

Gedenken an die Toten

„Erinnern und Gedenken an die Märzgefallenen und ermordeten antifaschistischen Widerstandskämpfer“ lautet der Titel einer Veranstaltung am Sonntag, 29. März, um 11 Uhr auf den Markplatz Werne.

Einlader ist die VVN-BdA/Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, Regionalgruppe Bochum.

Grußworte sprechen Andrea Busche (SPD), Bezirksbürgermeisterin, und Günter Gleising, Vorsitzender der VVN-BdA Bochum und Mitglied der Sozialen Liste im Rat. Text-Rezitation: Reinhard Junge, Bochumer Schriftsteller.

Anschließend erfolgt eine Kranzniederlegung zu Ehren der „Märzgefallenen“ an dem Denkmal auf dem Werner Friedhof. Es erinnert nicht nur an die Toten von 1920, sondern auch an die ermordeten Widerstandskämpfer gegen die Hitler-Diktatur.

Angeführt wurden die Putschisten von dem konservativen Reichstagsabgeordneten und Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Wolfgang Kapp, zusammen mit dem Oberbefehlshaber aller Reichswehrtruppen, General von Lüttwitz. Die Reichsregierung musste fliehen und rief zum Generalstreik auf, dem Millionen in ganz Deutschland folgten.

Was hat das mit dem Ruhrgebiet zu tun?

Nach dem Generalstreik-Aufruf war das als „rot“, also kommunistisch verschriene Ruhrgebiet, militärisch besetzt worden, um Aufstände zu verhindern. Die gab es aber dennoch. Mitglieder aus den Arbeiterparteien SPD, USPD und KPD sowie aus den Gewerkschaften griffen zu den Waffen. Der Kapp-Putsch brach drei Wochen später zusammen; dennoch ließ der SPD-Reichswehrminister Noske das rote Ruhrgebiet stürmen. Mit denselben Truppen, die zuvor geputscht hatten.

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Es entflammte ein Bürgerkrieg, genannt „Ruhrkampf“, der auf beiden Seiten hunderte Tote forderte. Dessen Ausgang vertiefte die Spaltung der Arbeiterbewegung und der demokratischen Kräfte insgesamt. Der Kapp-Putsch gilt heute als Menetekel für die „Machtübernahme“ der Nationalsozialisten 13 Jahre später.

Blick auf den kleinen Friedhof an der Dannenbaumstraße in Laer. Auch hier gibt es ein Denkmal für die Opfer des Kapp-Putsches.
Blick auf den kleinen Friedhof an der Dannenbaumstraße in Laer. Auch hier gibt es ein Denkmal für die Opfer des Kapp-Putsches. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Was waren die „Arbeiterräte“?

Während des Putsches formierten sich bewaffnete Arbeiterräte, die für zwei Wochen de facto die politische Macht und die Versorgung der Bevölkerung an der Ruhr übernahmen. Die Reichswehr verstärke ihre militärischen Einheiten, um den Aufstand niederzuschlagen. Man ging mit brutaler Härte vor: Im gesamten Ruhrgebiet sind 1.000 Angehörige der Roten Ruhr Armee und der Arbeiterräte durch standrechtliche oder willkürliche Erschießungen ermordet oder im Kampf gefallen. Anfang April 1920 brach der Widerstand angesichts der Übermacht der Militärtruppen zusammen.

In wieweit war Bochum betroffen?

Am 15. April 1920 rückten Freikorps und Reichswehr in Bochum ein. In Bochum-Laer wurden 25 ehemalige Mitglieder der Arbeiterwehr verhaftet, obwohl sie bereits am 2. April die Waffen gestreckt hatten. Elf von ihnen wurden verschleppt, Karl Schluck, Führer der Arbeiterwehr Laer wurde „auf der Flucht erschossen“. Zwei weitere wurden erschossen und verstümmelt aufgefunden.

Heute erinnern in Bochum Gedenksteine an die Zeit der Märzrevolution im Jahr 1920. Der eine in einem Park in Laer an der Ecke Wittener/Daunenbaumstraße, der andere auf dem Kommunalfriedhof in Werne. Die Tradition, den „März-Gefallenen“ zu gedenken, ist bis heute erhalten geblieben. Alljährlich findet am Denkmal in Werne eine Kranzniederlegung statt. Auf dem Friedhof an der Blumenstraße sind sechs Rote-Ruhr-Kämpfer gegen den Kapp-Putsch beerdigt. Die Schrift auf den Grabsteinen ist allerdings kaum noch erkennbar.

Die Darsteller Birgit Iserloh und Rolf Lambrecht bringen im  Theater Traumbaum das Stück „Märzstürme 1920“ heraus.
Die Darsteller Birgit Iserloh und Rolf Lambrecht bringen im Theater Traumbaum das Stück „Märzstürme 1920“ heraus. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Wie kann ich mich über das Thema informieren?

Im Bochumer Ruhr Echo Verlag sind, herausgegeben von Günter Gleisring, drei Bände zum Thema erschienen: „Kapp-Putsch und Märzrevolution I bis III“. Sie behandeln umfassend die Geschehnisse 1920 im Ruhrgebiet, der 3. Band widmet sich speziell den Ereignissen im Zuge des Kapp-Putsches in Pommern.

Auf künstlerische Art und Weise widmet sich das Theater Traumbaum dem historischen Thema: Am Sonntag, 15. März, feiert auf der Bühne im Kulturmagazin Lothringen das Stück „Märzstürme an der brennenden Ruhr“ Uraufführung. Die Zuschauer (ab 14 Jahren) erfahren eindringlich, was die Geschehnisse rund um den Putsch und den Bürgerkrieg für die „kleinen Leute“ im Revier bedeutete. Für die Premiere (15 Uhr) gibt es wenige Restkarten. Weitere Spieltermine folgen. Tickets & Infos 0234/89 06 681.

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