Bochum-Linden. Der Umzug der Astrid-Lindgren-Grundschule in Bochum-Linden hinterlässt viele offenen Fragen. Eltern misstrauen dem städtischen Krisenmanagement.
30 Minuten sind es an jedem Morgen, die die sechs- bis elfjährigen Schüler der Astrid-Lindgren-Grundschule in Bochum-Linden seit Donnerstag, 27. Februar, im Schulbus verbringen. Und nachmittags die gleiche Zeit wieder zurück. Seit einer Woche wird der Nachwuchs in der ehemaligen katholischen Hauptschule in Bochum-Grumme beschult, nachdem die Stadtverwaltung am Freitag, 14. Februar, beschloss, die Schule kurzfristig wegen Hausschwamm-Befall zu schließen.
Stadt Bochum hat noch keine Lösungen für die Astrid-Lindgren-Grundschule in Linden
„Viel zu weit weg vom sozialen Mittelpunkt unserer Kinder im Stadtteil“, bekennen nun etwa 200 Eltern, Lehrer, die Schulverwaltung sowie Politikvertreter bei einer Informationsveranstaltung im Gemeindezentrum Liebfrauen. Nur in diesem Punkt herrscht Einigkeit.
Mehrere Eltern sind mit dem Krisenmanagement der Verantwortlichen höchst unzufrieden und wollen sich sich eigene Handlungsoptionen offen halten: Etwa die Umschulung ihrer Kinder zu einer anderen Schule.
Die gut zweistündige, von der Schulpflegschaft organisierte „Krisensitzung“ am Mittwochabend bietet viel Konfliktstoff. Allerdings stets mit dem Ziel, bald eine Lösung zu finden: zur Sanierung des Gebäudes, für eine sichere Busfahrt, eine geregelte Unterrichts- und Schulbetreuungs-Organisation (OGS) sowie eine ortsnahe Unterbringung der Kinder nach den Sommerferien.
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Eine Liste mit 38 Fragen hatte die Schulpflegschaft im Vorfeld an Verwaltung und Politik geschickt, damit diese sich auf den Abend entsprechend vorbereiten konnten. In erster Linie geht es natürlich um den Schadensbericht, über den Ulrich Taruttis, Sachgebietsleiter städtisches Gebäudemanagement, informiert. Öl ins Feuer gießt dazu die Schulpflegschaftsvorsitzende Susanne Sommer. Sie erklärt: „Der Schwammbefall wurde schon im Mai 2019 gemeldet!“ Taruttis holt deshalb aus, bevor er zum Problem kommt: Schimmelsanierung im Schulkeller (2017), Raumluftmessungen zu Schimmel in den Klassenräumen (April 2018), Schimmelbefall in einem Badezimmer des Lehrerbereichs (Mai 2018), feuchte Balken im Bodenbereich der Klassenräume auf der Westseite der Schule (Ende November 2019).
Stadt will Hausschwamm-Befall nicht bestätigen
„Hier war für mich zum ersten Mal die Rede von Hausschwamm. Unsere Untersuchungen bis heute ergaben, dass es niemals einen Hausschwamm-Befall gegeben hat“, betont Architekt Taruttis. Ein hinzugezogener Statiker wollte Ende Januar nicht bestätigen, dass diese Balken bis auf weiteres standsicher sind. Laut Taruttis sind sie „stabil, mit einem Durchmesser von gut 30 Zentimetern, Dennoch müsse nun der gesamte Boden muss aufgemacht werden, um den Schadensumfang, sprich die Feuchtigkeit, schnell zu klären.
Kosten- und Sanierungsplan bis Anfang Mai
Sanierung des Gebäudes: Begutachten des aktuellen Schadens bis Ende März. Der gesamte Schulboden wird dafür geöffnet. Bis Anfang Mai soll ein Kosten- und Sanierungsplan vorliegen. Für den möglichen Austausch der Balken bedarf es einer Baugenehmigung wegen Eingriffs in die Gebäudestatik. Lehrer äußern den Wunsch, die Brandschutzsanierung gleich mitzumachen.
Rückzug nach Linden: Schulverwaltungsamtsleiter Thomas Ratenhof berichtet von möglichen Ersatzstandorten, die geprüft werden. Das sind die sanierte Musikschule Linden, das Schulzentrum Südwest und die ehemalige Grundschule Kassenbergerstraße.
Unterrichtsausfall: Schulrätin Astrid Niemeyer und Schulleiterin Nathalie Hegener kümmern sich darum, dass möglichst wenig ausfällt. Probleme bereiten der Schwimm- und Sportunterricht, da hierfür mit Dritten ortsnahe Lösungen in Grumme gefunden werden müssen.
Was folgt, ist eine hitzige Diskussion über die Schuldfrage – geprägt vom fehlenden Vertrauen in die Kompetenz von Verwaltung und Politik, denn neben den Schäden warten aus Sicht der Eltern auch andere Probleme längst auf eine Lösung. Sie seien durch eine gute Mängelverwaltung bisher überdeckt worden. Etwa, dass das Gebäude für die 200 Schüler der einzigen Bochumer Montessori-Schule seit Sommer 2012 zu klein sei. Die OGS habe 120 Kinder, ist aber nur auf 60 ausgelegt. Und eine Brandschutzsanierung müsse her (geplant ist sie für 2022/23).
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Am Ende steht ein Versprechen: Politik und Verwaltung wollen in der Sache mehr Transparenz üben. Schulausschussvorsitzender Ernst Steinbach (SPD) verspricht eine politische Begleitung. „Wir kümmern uns mit Hochdruck um eine zeitnahe Lösung.“ Schuldezernent Dietmar Dieckmann gibt ein klares Bekenntnis zum Standort Linden. Später betont er auf Wunsch der Schulpflegschaft: „Wir wollen alle Kinder gemeinsam beschulen.“
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Bezirksbürgermeister Marc Gräf (SPD) nimmt den Wunsch auf eine baldige Informationsveranstaltung auf: Er lädt für Montag, 4. Mai, um 19 Uhr ins Amthaus Weitmar, Hattinger Straße 387, ein. Bis dahin will die Verwaltung Lösungsvorschläge sowie einen Sanierungszeitplan vorlegen.