Bochum. Fulminanter Mieter-Protest in Bochum: Mit Plakaten und Transparenten prangern Anwohner der Alsenstraße den Kahlschlag auf ihren Höfen an.
Fünf Wochen nach dem Kahlschlag auf einem Hinterhof an der Alsenstraße ist das Viertel noch immer im Ausnahmezustand. Bettlaken mit Protestparolen flattern aus den Fenstern. An Straßenlaternen hängen Plakate mit der Aufschrift „LEG gewohnt schlecht. Lebensqualität ist uns scheißegal.“ Das Wohnungsunternehmen kündigt eine baldige Aufforstung an.
Seit der letzten Januarwoche ist an der Alsenstraße nichts mehr wie es war. Ohne jede Vorankündigung ließ die LEG Wohnen GmbH den mehr als 100 Meter langen Grünstreifen hinter den Wohngebäuden Nr. 42 bis 54 roden. Von „Maßnahmen zur Verkehrssicherung“ spricht die LEG. Eine „Katastrophe“ beklagen Bewohner der sieben betroffenen Häuser. Ihr parkähnlicher Garten sei in 30, 40 Jahren zu „einer kleinen Idylle“ herangewachsen, berichtet Anwohnerin Lisa Francke. „Die Igel suchen jetzt ihre Heimat, Eichhörnchen irren umher“, trauert Martina Mittelstädt.
Mieterprotest in Bochum: Bettlaken und Plakate mit Schmäh-Parolen
Nach einem ersten WAZ-Bericht sind die Nachbarn aktiv geworden. Auf Bettlaken, die aus zahlreichen Fenstern baumeln, wird die Wohnungsgesellschaft massiv angeprangert. „LEG ist eine alte Umweltsau“, heißt es da oder „Profit statt Bäume. LEG“. An Wahlplakate erinnern die Schmäh-Botschaften an den Laternenpfosten. Eine in dieser Form in Bochum beispiellose Protestaktion.
Die LEG bekräftigt zwar ihr Vorgehen. Die Bäume und Sträucher seien in die Zaunanlage eingewachsen gewesen, die einen dahinter liegenden, drei Meter tiefen Hang gesichert habe. Die „umfangreichen Baum- und Strauchschnittarbeiten“ seien zur Sicherheit der Anwohner erforderlich und auch gesetzlich geboten gewesen.
LEG bittet um Entschuldigung
In einem Schreiben, das die Mieter Ende Februar erreichte und der WAZ vorliegt, bittet die LEG gleichwohl um Entschuldigung. Man habe es versäumt, frühzeitig über die „Pflegearbeiten“ zu informieren. „Ehrlich gesagt, haben wir Ihr Interesse und Ihre emotionale Verbindung zu dem Thema unterschätzt“, heißt es in dem Brief.
Die Anwohner vermag das nicht zu besänftigen. Im Gegenteil. Nicht nur, dass die LEG ihr geliebtes und lang gehegtes Grün vor den Fenstern und Balkonen ohne Not kaputt gemacht habe. Seit dem Kahlschlag sei auch nichts mehr passiert. In der Tat: Beim WAZ-Besuch breitet sich in dieser Woche eine „Mondlandschaft“ aus Morast, Resten von Pflanzen und einem stehengelassenen Bagger aus. Im Zaun klafft eine Lücke. „Alles ist zerstört und sieht kriegsähnlich aus. Wann wird der Garten wieder schön gemacht?“, fragt ein Mieter in einer E-Mail an die LEG.
Aufforstung soll bald beginnen
Bald, versichert das Wohnungsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf. „Witterungsbedingt konnten in den vergangenen Wochen keine Arbeiten vorgenommen werden“, erklärt LEG-Sprecher Mischa Lenz auf WAZ-Anfrage. In diesen Tage werde auf der Fläche Ordnung geschaffen, sodass so zügig wie möglich mit der Neubepflanzung mit Rasen, Hecken, Sträuchern und Bäumen begonnen werden könne.
LEG: Nicht alle Mieter waren zufrieden
In ihrem Mieter-Brief behauptet die LEG, dass nicht alle Mieter mit den Grünanlagen zufrieden gewesen seien. Mehrfach seien die Objektbetreuer auf den Zustand des Außengeländes angesprochen worden.
Kein Wunder, berichtet ein Mieter: „Die LEG hat ja auch kaum etwas getan. Wir selbst haben uns um unseren Garten gekümmert.“
Die Meinung im Viertel sei einhellig: Niemals hätte es zu diesem Kahlschlag kommen dürfen.
Gegenüber der WAZ wiederholt die LEG ihre Entschuldigung an die Mieter. An der Alsenstraße geht der Protest unvermindert weiter. Auf Flugblättern, die an den Hauseingängen kleben, wird inzwischen nicht mehr nur ein hinreichender Renaturierungsplan gefordert. Bis zu dessen Umsetzung sei die LEG zudem aufgerufen, die Mieten „um einen angemessenen Beitrag zu reduzieren“.
Bis dahin sollen die Bettlaken weiter in den Fenstern flattern.
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