Bochum-Hofstede. Die Kreishandwerkerschaft in Bochum wird abgerissen. Dazu sollen alle Bäume auf dem Gelände abgeholzt werden. Das wollen Bürger nun verhindern.

Nach fast zwei Jahrzehnten Leerstand soll das Gebäude der ehemaligen Kreishandwerkerschaft an der Poststraße jetzt abgerissen werden. Die Stadt hatte das Areal erworben, um dort eine Neunutzung zu schaffen. Dafür aber müssen zahlreiche Bäume, die das Grundstück umgeben, gefällt werden. Dagegen protestieren Anwohner im Stadtteil Hofstede.

Die Interessengemeinschaft „Grüne Lunge Hofstede“, dank deren Engagement die Halde Hannibal als Naherholungsfläche dem Stadtteil erhalten bleibt – der Wald drohte, für eine neue Gewerbenutzung abgeholzt zu werden – macht sich für die Bäume an der Bauruine des ehemaligen Bildungszentrums des Handels stark. Dabei können die Nachbarn einen Teilerfolg erzielen: Nach Intervention der SPD-Fraktion prüfte die Stadt erneut. Nun sollen zunächst nur wenige Bäume abgeholzt werden.

Es geht um Arbeitsplätze

„Wir finden es gut, dass das Gelände an der Poststraße einer neuen gewerblichen Nutzung zugeführt werden soll“, so Heinz Rittermeier von der IG „Grüne Lunge Hofstede“. Es gehe dabei auch um Arbeitsplätze.

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Dass aber alle Bäume abgeholzt werden sollen, kann Rittermeier nicht akzeptieren: „Die Verwaltung hat sich anscheinend keine Gedanken gemacht, wie eine Lösung gefunden werden kann, bei der möglichst viele Bäume erhalten bleiben. Das ist für uns schwer verständlich, weil die Stadt bei Mark 51/7, dem ehemaligen Opel-Gelände, positiv herausstellt, dass das Areal durch neue Begrünung ein vorzeigbares Gewerbegebiet im Grünen werden soll. Beim Gelände am Bildungszentrum Handwerk ist das Grün schon vorhanden und sollte nach unserer Auffassung geschont werden.“

Keinen Kahlschlag verursachen

Auf dem Gelände befindet sich ein Bestand an älteren Bäumen. Werner Klockenkemper, Mitglied in der IG „Grüne Lunge Hofstede“, sagt: „Wir wünschen uns bei der Neugestaltung des Geländes qualifizierte Lösungen, die keinen Kahlschlag verursachen, sondern möglichst viele Bäume erhalten.“ Baumfällungen seien in letzter Zeit vermehrt auf das Unverständnis der Bevölkerung in Bochum gestoßen.

Werner Klockenkemper von der Interessengemeinschaft Hofstede zeigt den großen Ahornbaum, der ihm besonders am Herzen liegt.
Werner Klockenkemper von der Interessengemeinschaft Hofstede zeigt den großen Ahornbaum, der ihm besonders am Herzen liegt. © IG Grüne Lunge Hofstede

Der große Ahornbaum an der Ecke Poststraße/Auf dem Dahlacker liegt Werner Klockenkemper besonders am Herzen. Eine wichtige Funktion besitzen für ihn zudem die Bäume, die am Hang Auf dem Dahlacker nördlich des ehemaligen Bildungszentrums wachsen. „Diese Bäume bieten einen Schutz zwischen der Straße und dem Gewerbe, das bereits heute auf dem Gelände betrieben wird. Sie können in Zukunft zur Attraktivität des neugestalteten Areals und zum Klimaschutz beitragen.“

Die Stadt möchte das Gelände selbst vermarkten. Bis zum 31. März soll die Schadstoffsanierung an den Häusern der alten Kreishandwerkerschaft abgeschlossen sein. Nahtlos im April schließt sich der Abriss des Hauptgebäudes an. Dazu aber müssen Bäume gefällt werden, die das Ensemble umschließen.

Verhandlung und Vermarktung

Die Gebäude der ehemaligen Kreishandwerkerschaft an der Poststaße stehen leer, seit sie den Standort dort aufgab und an der Springorumallee die Akademie des Handwerks übernahm. Die Stadt kaufte das Gelände.

Sie möchte es selbst vermarkten, denkt aber größer: Die ehemaligen Bahnflächen Auf dem Dahlacker könnten einbezogen werden zugunsten eines neuen Gewerbegebiets mit Anschluss an die Poststraße. Dazu verhandelt die Wirtschaftsentwicklung seit eineinhalb Jahren mit der Deutschen Bahn Immobilien; die Bahn prüft die „Entbehrlichkeit der Grundstücke“. Falls die Bahn nicht verkauft, ist geplant, einen Teil des Areals für „nicht störendes Gewerbe“ zu vermarkten.

Nicht zulässig wären Einzelhandel, Versammlungsstätten, Kneipen, Tankstellen, gewerbliche Sportanlagen, Betriebe mit Musikdarbietungen und solche aus dem sexuellen Gewerbe.

Beim Gebäudeabbruch, so die Begründung der Verwaltung, sei ein Eingriff in das Wurzelwerk unumgänglich und die Standfestigkeit der Bäume könne nicht mehr gewährleistet werden. Die Baumfällungen seien nach Ansicht der Verwaltung aber auch nötig, damit das Areal vermarktet und bebaut werden kann.

SPD-Fraktion spricht mit der Stadt

Die SPD-Fraktion im Bezirk Mitte nannte die Baumfällungen ein „ärgerliches Erfordernis“. Martina Schnell, SPD-Ratsfrau aus Hofstede, erklärt nun, es würden weniger Bäume gefällt als ursprünglich geplant. „Der Abriss der ehemaligen Kreishandwerkerschaft steht kurz bevor. Dafür benötigen die Bagger Platz und beim Gebäudeabbruch können leicht die Wurzeln der Bäume beschädigt werden. Dadurch stehen sie weniger sicher. Deswegen ist es verständlich, dass einige Bäume gefällt werden müssen.“

Unverständlich hingegen sei, wenn in Zeiten des Klimawandels Bäume blind gefällt werden sollen, ohne zu überprüfen, ob sie sich erhalten lassen. „Die Verwaltung erklärte, dass alle Bäume, die das Gebäude-Ensemble umschließen, weichen müssen. Das wären 19 Stück. Das war und ist für uns nicht verständlich“, sagt Martina Schnell.

Sie wandte sich direkt an die städtischen Mitarbeiter. Ergebnis: Eine große Eiche soll wohl stehen bleiben.„Nach einer erneuten Prüfung müssen vorerst nur drei Bäume gefällt werden. Ob es im Laufe der Abrissarbeiten nötig sein wird, eventuell weitere Bäume zu fällen, lässt sich nicht sagen.“