Wattenscheid-Westenfeld. Mit einem kleinen Stäbchen Leben retten: Im Wattenscheider Klaus-Steilmann-Berufskolleg lassen sich Schüler für die Stammzellenspende typisieren.
Seit dem 5. April 2015 feiert Maximilian Sobotka zweimal im Jahr Geburtstag: am Tag seiner Geburt und an dem Tag, an dem er einem Fremden das Leben rettete. Nun steht der 28-Jährige vor einer vollen Schulaula und berichtet von seiner Stammzellenspende.
Es ist der zehnte Gesundheitstag im Klaus-Steilmann-Berufskolleg in Wattenscheid-Westenfeld. 120 Anbieter informieren die 1700 Schüler an diesem Mittwoch über Sport, Ernährung und die richtige Rückenmuskulatur. In der Aula erhalten die Kollegschüler nicht nur Informationen von der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) – sie können sich auch für eine lebensrettende Stammzellenspende registrieren.
„Leben zu retten ist doch schön“
Sina Kuhlmann steckt sich das lange Wattestäbchen in den Mund. Die Probe ihrer Mundschleimhaut wird nun bei der DKMS eingesandt. Wie viele andere Kollegschüler ist sie überrascht, wie gering der Aufwand für die Typisierung ist. Die 19-jährige Sozialversicherungsfachangestellte wollte die Stammzellen-Typisierung schon vor langem mal angehen. Nun habe sie sich einen Ruck gegeben. „Der Vortrag hat mich sehr bewegt“, sagt Kuhlmann.
Ähnlich geht es Mitschüler Silas. „Leben zu retten ist doch schön. Ohne den berührenden Vortrag hätte ich die Registrierung wahrscheinlich nicht gemacht“, sagt der 25-Jährige. „Wenn man hört: Drei bis fünf Stunden dauert eine Stammzellenentnahme – zeitlich ist das ja nichts, dafür dass man ein Leben rettet.“
Kolleglehrerin Daniela Arndt hat zum ersten Mal die DKMS zum Gesundheitstag eingeladen. „Mir ist wichtig, dass sich die Schüler zu dem Thema eine Meinung bilden, bevor sie davon betroffen sind“, sagt Arndt.
Sein „genetischer Zwilling“ konnte durch die Spende geheilt werden
Um seinem leukämiekranken Vater zu helfen, registrierte sich Sobotka 2012 in der Stammzellenspende-Datei. Doch er war nicht der passende Spender, sein Vater starb am Blutkrebs. Drei Jahre darauf kam die Nachricht, sein „genetischer Zwilling“, ein an Leukämie erkranktes Kind aus Frankreich, könne mit seiner Spende geheilt werden.
Schon kurz nach der Nachricht fand sich Sobotka im OP wieder, wo ihm Stammzellen aus dem Beckenkamm entnommen wurden. Seit der Spende fühle er sich mit dem fremden Patienten verbunden, der durch seine Spende nun geheilt wurde. Aus Gründen des Datenschutzes darf der 28-Jährige nur anonymisierte Briefe an den Menschen schicken, in dem nun sein Blut fließt. „Ich würde gern an der Heilung teilhaben“, sagt Sobotka.
Stammzellenspende mit der DKMS
Laut Deutscher Krebsgesellschaft erkranken pro Jahr in Deutschland rund 13.700 Menschen an Leukämien.
Bei der DKMS haben sich weltweit knapp 10 Millionen Menschen typisieren lassen.
Bei der DKMS und anderen Stiftungen sind 9 Millionen Deutsche für die Stammzellenspende registriert.
Von den 9 Millionen Deutschen haben sich 72 Prozent bei der DKMS typisieren lassen.
Seit einem Jahr hält der 28-Jährige ehrenamtlich für die DKMS Vorträge. „Mich motiviert das Gefühl, dass jemand von den heute typisierten Schülern nach Hause geht und irgendwann mit einer Spende das Leben eines Patienten retten kann“, sagt Sobotka.
Laut Deutscher Krebsgesellschaft erkranken pro Jahr in Deutschland rund 13.700 Menschen an Leukämien, der starken Vermehrung von weißen Blutkörperchen. Unter Kindern ist Blutkrebs die häufigste Krebsart. Neun Millionen Deutsche haben sich bislang für die Stammzellenspende registrieren lassen, 72 Prozent davon bei der DKMS. Nur etwa ein Prozent der Registrierten tritt als passender Spender eine Stammzellenspende an.