Bochum. Ein lebensmüder Patient hatte im Krankenhaus Feuer gelegt. Dafür wurde er verurteilt. Erinnerungen an die Katastrophe im Bergmannsheil kamen auf.

Der damalige Patient des Elisabeth-Krankenhauses in Bochum war verzweifelt. Er wollte sterben. Deshalb legte er in seinem Krankenzimmer Feuer. Dafür wurde er am Mittwoch zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

„Als ich die Anklage gelesen haben, musste ich sofort ans Bergmannsheil denken“, sagte Staatsanwalt Klaus-Peter Kollmann. Vor dreieinhalb Jahren hatte eine offenbar ebenfalls lebensmüde Patientin (69) Feuer im Zimmer im sechsten Stock gelegt. Sie selbst und ein weiterer, bettlägeriger Patient (41) im Nachbarzimmer starben durch das Feuer. Neun weitere Menschen erlitten schwerste Rauchvergiftungen. „Jeder Bochumer erinnert sich an den 30. September 2016. Das war schlicht und ergreifend ein Inferno“, sagte Richter Dr. Axel Deutscher. „Das hätte auch hier passieren können.“

„Er hat in seinem Leben keinen Sinn mehr gesehen“

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Mit „hier“ meinte der Richter den Abend des 2. August 2019 im “Elli“. Ein 47-jähriger, lediger Handwerker lag bewegungsunfähig in seinem Bett auf Station 12 im dritten Stock von haus A. Langer Alkoholmissbrauch hatte ihn in den Rollstuhl gebracht: Wie sein Verteidiger Michael Emde sagte, habe der Alkohol nicht die Organe, wohl aber das Nervensystem stark geschädigt. Die Ärzte hätten seinem Mandanten erklärt, dass die Chancen auf Besserung „gegen Null“ gingen. „Er hat in seinem Leben keinen Sinn mehr gesehen.“

Gegen 21.43 Uhr griff der Patient zu einem Feuerzeug und steckte in dem Zimmer, das eine Holzdecke hat, seine Matratze und ein Schaumstoffkissen für einen Toilettenstuhl an.

Feuerwehr Bochum war mit 30 Kräften im Einsatz

Schnell schlug der Rauchmelder im Flur der inneren Abteilung an. Bevor die automatisch alarmierte Feuerwehr eintraf, retteten eine Krankenschwester und ein Stationsarzt den Patienten aus dem Brandzimmer. Mit Feuerlöschern versuchten sie, die Flammen zu ersticken. Der Patient und die Schwester erlitten eine leichte Rauchvergiftung. Die Feuerwehr löschte dann weiter und lüftete alles. 30 Einsatzkräfte waren vor Ort.

Das Urteil ist rechtskräftig

Der Staatsanwalt hatte ein Jahr und neun Monate auf Bewährung gefordert. Er nahm das Urteil trotzdem an, ebenso der Angeklagte.

Verurteilt wurde er wegen versuchter schwerer Brandstiftung und Sachbeschädigung.

Besondere Bewährungsauflagen wie Geldzahlungen oder Sozialstunden machte das Gericht nicht.

Auch die 14 anderen Patienten der Station wurden kurzerhand verlegt, um sie in Sicherheit zu bringen. Der Brandstifter wurde in eine Spezialklinik transportiert. „Wir sind sehr stolz, dass unsere Mitarbeiter so vorbildlich reagiert haben“, sagte damals Krankenhaus-Sprecher Jürgen Frech. Der Sachschaden beläuft sich laut Anklage auf 500 Euro.

Patient kann heute entgegen der ärztlichen Prognose wieder selbstständig laufen

Der Angeklagte ist nicht vorbestraft. Damals kam er in eine Reha-Klinik. Entgegen der damaligen ärztliche Prognose kann er seit Oktober aber wieder gehen, ohne Gehhilfen. Im Gericht hakte er sich allerdings in den Arm einer Betreuerin ein, die sich um ihn kümmert. Heute lebt er von Hartz IV.

„Er stand vor der Trümmern seines Lebens“, betonte der Verteidiger. Wie gefährlich das Feuer damals war, „war überhaupt nicht Bestandteil seiner Überlegungen“. Heute habe sich der Mann aber wieder gefangen: „Er hat wieder Lebensmut geschöpft und lebt abstinent. Die Sache ist ihm ein Denkzettel gewesen.“