Bochum. Mehr als acht Jahre nach Schüssen auf drei Männer in Bochum ist ein Serbe zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Jahrelang war er untergetaucht.
Fast acht Jahre nach fast tödlichen Schüssen auf drei Fußgänger in Wattenscheid war der Angeklagte auf der Flucht. Im vorigen Herbst wurde der 40-Jährige in Belgien mit internationalem Haftbefehl gefasst. Jetzt hat ihn das Schwurgericht Bochum auch verurteilt: zwölf Jahre Haft wegen versuchten Totschlags.
Es war eine Szene wie in einem Mafia-Film. In der Neujahrsnacht 2012 hatte auf der Hochstraße Höhe Sedanstraße ein schwarzer Mercedes mit italienischem Kennzeichen mit wahrscheinlich drei Insassen gestoppt. Ein Mann stieg vom Beifahrersitz aus, ging ums Heck herum und feuerte mit einer Pistole aus wenigen Metern Entfernung sechsmal auf drei Fußgänger (heute 36, 38, 43). Zweimal traf er, die anderen Schüsse gingen in eine Mauer.
Projektil blieb ein Zentimeter vor dem Herzen stecken
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Die Opfer sind zwei Brüder mit montenegrinischem Migrationshintergrund. Ein 38-Jähriger hatte nur durch pures Glück überlebt, denn das Geschoss blieb nur einen Zentimeter vor dem Herzbeutel stecken. Außerdem wurde seine Hand durchschossen. Er schwebte in Lebensgefahr. Sein 43-jähriger Bruder wurde im Oberschenkel getroffen; das Projektil zertrümmerte den Knochen. Der dritte Fußgänger (36), ein Kosovare, entkam unverletzt. Der Mercedes brauste davon.
Vorangegangen war ein verbaler Streit kurz zuvor vor der Wohnung der Opfer in der Nähe des Tatortes. Davor hatte der Mercedes geparkt. Die Insassen sollen verdächtigt worden sein, dass sie dort stehlen wollten. Es gab Beschimpfungen und Beleidigungen unter den Männern, die sich vorher gar nicht gekannt hatten. Der Angeklagte war offenbar so erbost, dass er sich wenige Momente später rächen wollte und den drei Fußgängern an der Hochstraße hinterherfuhr.
Ankläger forderte 14 Jahre Haft wegen versuchten Mordes
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Das Schwurgericht und auch Oberstaatsanwalt Andreas Bachmann, der 14 Jahre Haft wegen versuchten Mordes gefordert hatte, waren überzeugt, dass der Schütze damals der Angeklagte war. Er selbst hatte fast im ganzen, seit Dezember laufenden Prozess geschwiegen; nur am letzten Sitzungstag sagte er dann über seine serbokroatische Dolmetscherin doch etwas: Er habe nicht geschossen, sei auch gar nicht im Auto gewesen. Geschossen habe jemand anders, ein Verwandter. Er nannte auch den Namen. Er lebe jetzt in Saint-Denis bei Paris; wo genau, wisse er nicht.
Die Justiz glaubte ihm nichts davon.
Schmauchspuren an der Hand hatten den Angeklagten stark belastet
Belastet hatte ihn vor allem ein Gutachten zu Schmauchspuren an der Hand. Ein SEK hatte wenige Stunden nach den Schüssen ein Übergangsheim an der Emilstraße in Höntrop gestürmt, in dem der Schütze sich aufgehalten haben soll. Vor der Tür stand der Mercedes. Mehrere Bewohner wurden kontrolliert und vorläufig festgenommen. Auch ein Abrieb von den Händen wurde gemacht, um ihn im Labor auf Schmauchspuren zu untersuchen. Zwei Wochen später kam das Ergebnis: Demnach sind die Geschosse eindeutig von dem 40-Jährigen abgefeuert worden. Allerdings war er zu diesem Zeitpunkt längst untergetaucht. Später wechselte er mehrfach seinen Namen.
Wäre er damals zeitnah verurteilt worden, wäre er heute möglicherweise längst wieder auf freien Fuß, weil der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wäre.
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