Bochum. Das Prinz-Regent-Theater in Bochum spürt in „Meisterklasse“ Maria Callas nach. Hella-Birgit Mascus ist als gefallene Opern-Diva sensationell gut.
„Meisterklasse“ heißt das neue Stück am Prinz-Regent-Theater in Bochum. Es ist ein Meisterstück geworden.
In dem Drama von Terrence McNally geht es um die Opern-Diva Maria Callas. Regie führt Hans Dreher, der künstlerische Leiter des Prinz-Regent-Theaters widmet sich behutsam und brutal zugleich der zerrissenen Persönlichkeit jener Sängerin, die man zu ihrer besten Zeit in den 1950/60er Jahren „La Divina“, die Göttliche, nannte.
„Keiner singt wie Maria Callas!“
Keine sang wie Maria Callas. Keine war aber auch so verrufen wie die exzentrische Griechin, die mit beseelt-furios gestalteten Rollen Operngeschichte im dramatischen Belcanto-Fach geschrieben hat.
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McNallys 1995 entstandenes Stück nähert sich der Diva (1923-1977) im Spätherbst ihres Lebens. Nachdem sie wegen ruinierter Stimmbänder die Bühnen verlassen musste, gab die Callas Gesangsstunden, etwa an der Juilliard School New York. Das war für die jungen Kandidat/innen, die der ehemaligen Primadonna assoluta vorsingen mussten, kein Zuckerschlecken. In „Meisterklasse“ wird das Publikum davon Zeuge.
Die Diva triezt ihre Schülerinnen
Auf der karg, aber stimmig eingerichteten PRT-Bühne (sehr gute Lichtregie!) werden drei „Meisterklassen“ vorgestellt, die die Callas stets vor Publikum abhielt. Die Aufführung greift Geschehnisse auf, die so tatsächlich stattgefunden haben könnten: Die Sängerin tritt herrisch und spitz auf, sie triezt ihre Schülerinnen, statt sie die Kunst des Gesanges wirklich zu lehren.
Hella-Birgit Mascus in der Rolle der Callas ist sensationell und Theaterpreis-würdig. Die Bochumer Schauspielerin kommt im Etuikleid und mit Sonnenbrille maliziös und gefährlich ‘rüber, sie ist arrogant und patzig, launisch und gemein.
Ein chic gekleidetes Biest
Man sieht diesem chic gekleideten Biest fasziniert bei der Arbeit zu. Und doch lässt Mascus unter dem rüden Auftritt der Callas immer auch die Verletztheit einer Künstlerin durchschimmern, die privat nie glücklich wurde, die anfangs unter ihrer Fettleibigkeit litt und die das Publikum als „Feind“ auffasste, den es zu „überwältigen“ gelte.
Die Mailänder Scala spielt auch mit
Was damit gemeint ist, zeigt die geschickt getimte Inszenierung in einer besonders effektvollen Szene. Nachdem Mascus als Diva unter tosendem Applaus ihre Arie (vom Band eingespielt) beendet hat, geht im Bühnenhintergrund als Großprojektion die Kulisse der Mailänder Scala auf. Ein überwältigendes Bild! Das verdeutlich, was seit je für jeden Künstler Lebenselixier war und ist: der Applaus und die Begeisterung des Publikums.
Seelische Verwundungen werden offenbart
Hans Dreher arbeitet psychologisch schlüssig die seelischen Verwundungen dieser Ausnahmekünstlerin heraus; und es ist ergreifend und packend zu sehen, wie Hella-Birgit Mascus dem Taumeln der Callas zwischen dem Dienst an der Kunst und der Sehnsucht nach dem Geliebtwerden in jeder Millisekunde ihres Spiels gerecht wird.
Info & Karten
„Meisterklasse“ von Terrence McNally, Regie: Hans Dreher, im Prinz-Regent-Theater, Prinz-Regent-Straße 50-60, Aufführungsdauer: zwei Stunden, eine Pause.
Weitere Aufführungen am 9., 14., 29. Februar sowie am 27., 28., 29. März und 5. April. Kartenvorverkauf (16/erm. 8 Euro) unter 0234 77 11 17.
Bei einer derart überrumpelnden Präsenz der Hauptdarstellerin kommen Stefanie Linnenberg, die zwei Sopran-Schülerinnen und den Tenor-Schüler in den Unterrichtsstunden spielt, und der Pianist Christoph Iacono als schusseliger Korrepetitor Manny Weinstock naturgemäß über den Status von Sidekicks nicht hinaus. Linnenberg fühlt sich in den Kleider- und Hosenrollen gleichermaßen wohl und kann auch gesanglich punkten, etwa wenn sie eine Arie der „Lady Macbeth“ aus der Verdi-Operzum Besten gibt.
Nicht nur für Opern-Fans
„Meisterklasse“ ist ein Muss, nicht nur für Opern-Fans. Die kleine Prinz-Regent-Bühne zeigt, wie großes Schauspieler-Theater geht. Auch mit limitierten Mitteln.
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