Wattenscheid-Mitte. Die Bezirksvertretung befasst sich erneut mit dem Umbau des Bebel-Platzes. Autos sollen doch nicht verbannt werden - ein Kompromiss liegt vor.

Proteste und viel Kritik gab es nach dem vor sieben Wochen gefassten Mehrheitsbeschluss der Bezirksvertretung, beim Umbau des August-Bebel-Platzes den Durchgangsverkehr zu verbannen. Ein Bürgerbegehren dagegen wurde initiiert. Am Dienstag (21.) wird sich die Bezirksvertretung erneut mit dem Thema befassen und einen neuen Beschluss fassen. Beim Punkt Autoverkehr gibt es einen Kompromiss, dass der Durchgangsverkehr weiterhin möglich sein soll.

Kompromissvorschlag

Dazu soll es einen gemeinsamen Dringlichkeitsantrag aller Fraktionen geben. Der Vorschlag wurde mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens abgesprochen. Dabei soll der BV-Beschluss von Anfang Dezember aufgehoben und ein neuer Beschluss gefasst werden, der jetzt doch auch den motorisierten Individualverkehr in die Planungen für den Bebelplatz-Umbau einschließt. Die übrigen Punkte aus dem Beschluss vom 3. Dezember sollen beibehalten werden. Die Sitzung beginnt um 16 Uhr im Wattenscheider Rathaus.

Blick auf den August-Bebel-Platz 1974.
Blick auf den August-Bebel-Platz 1974. © Stadtarchiv Bochum

Beim Knackpunkt Autoverkehr steht folgender Kompromissvorschlag im Fokus: „In Bezug auf die Führung des motorisierten Individualverkehrs (MIV) soll eine planerische Lösung gesucht werden, die a) einen Einsatz von Städtebauförderungsmitteln ermöglicht, b) eine Überfahrung des August-Bebel-Platzes durch den MIV weiter zulässt und c) die Mehrbelastungen für andere Straßen in Wattenscheid minimiert.“ Drei Varianten hat die Verwaltung den Fraktionen in einem Schreiben vom 10. Januar genannt: 1. MIV und ÖPNV auf einem Fahrstreifen (verkehrsberuhigter Geschäftsbereich -20 km/h); 2. Einbahnstraßenverkehr von Süden nach Norden; 3. MIV und ÖPNV auf zwei separaten Fahrstreifen (verkehrsberuhigter Geschäftsbereich -20 km/h). Rund 7200 Fahrzeuge sind derzeit täglich am Bebelplatz unterwegs.

Beschluss Anfang Dezember

Kritik sieht sich die Stadtverwaltung ausgesetzt, warum sie im vergangenen Jahr bei den Umbauplänen für den Bebelplatz erst relativ spät die autofreie Variante öffentlich gemacht und sich nur auf diese festgelegt hatte, ohne der Politik zur entscheidenden Sitzung ein alternatives Konzept zur Abstimmung vorzulegen. Am 3. Dezember hatte die Bezirksvertretung nach kontroverser Diskussion einen Beschluss dazu gefasst. Die Vorlage der Verwaltung mit ihrem Entwurf wurde erst zwei Wochen zuvor vorgelegt und lag dementsprechend spät öffentlich vor.

Im Vorfeld hatte es zwar seit rund sechs Jahren mehrfach Bürgerbeteiligungen zum Bebelplatz-Umbau gegeben, um diese Fläche attraktiver zu gestalten und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen. Vorgeschlagen wurden dabei vor allem mehr Grün, mehr Sitzmöglichkeiten und die Brunnen-Sanierung. Weniger ging es um die Verbannung des Durchgangsverkehrs als zentralem Punkt in der Konzeption.

Bürgerbeteiligungen seit vielen Jahren

Im September 2018 hatte die Stadt zu einer Bürgerinformation eingeladen, auf der drei Architektenentwürfe präsentiert wurden. Dann war über ein Jahr lang öffentlich zur Planung wenig bis gar nichts mehr zu hören – bis November 2019, als die autofreie Variante auf dem Tisch lag.

In der Sitzung der Bezirksvertretung Anfang Dezember herrschte bei allen Punkten zum Bebelplatz-Umbau Einstimmigkeit – nur der Punkt „Autofreiheit“ war heftig umstritten und wurde lediglich mit knapper 10:8-Mehrheit von SPD, Grünen und dem parteilosen Bernd Heider beschlossen; CDU und UWG/Freie Bürger lehnten dies ab.

Nach Angaben der Verwaltung musste in der Dezember-Sitzung ein Grundsatzbeschluss zur Bebelplatz-Umgestaltung fallen, um in den Genuss von Fördermitteln über rund 6 Millionen Euro im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ zu kommen. Die Verwaltung argumentiert jetzt, dass die Umgestaltung und Abrechnung des Platzes bis zum 31. Dezember 2027 nicht möglich und somit nicht förderfähig wäre, wenn ein Bürgerbegehren bzw. -entscheid, was mehrere Monate dauern würde, durchgeführt würden.

Bürgerbegehren eingeleitet

„Dieses ,Zeitmanagement’ der Verwaltung entspricht damit von seiner Qualität her dem, was bei der ,Ermittlung’ der Grundlagen der Planung eines Kfz-freien August-Bebel-Platzes innerhalb der letzten fünf Jahre ,geleistet’ wurde“, erklären dazu die Initiatoren des Bürgerbegehrens, Hans Henneke, Wolfgang Dressler und Marc Westerhoff. Sie wollen das Bürgerbegehren zurückziehen, wenn der Autoverkehr weiter möglich sein soll.

Unstrittig ist, dass der August-Bebel-Platz attraktiver werden soll.
Unstrittig ist, dass der August-Bebel-Platz attraktiver werden soll. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Rot-Grün hat kürzlich einen Kompromiss vorgeschlagen, auch wenn man weiter der Meinung sei, der Individualverkehr gehöre nicht mehr auf den Bebelplatz. „Durch die Einlegung des Bürgerbegehrens und das Erreichen der erforderlichen Unterschriften wäre eine Antragstellung auf Fördermittel für den August-Bebel-Platz aus zeitlichen Gründen endgültig vereitelt worden. Die Fördermittel wären entfallen“, so SPD-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Rohmann. „Ob sich das Bürgerbegehren inhaltlich durchgesetzt hätte oder nicht, wäre dabei leider unerheblich gewesen.“

Bürger einbeziehen

Der Gesamtprozess zur städtebaulichen, gestalterischen und funktionalen Aufwertung des Bebelplatzes soll mit breiter Bürgerbeteiligung durchgeführt werden. Frühestmöglicher Umbaubeginn wäre im Herbst 2023; Bauzeit: rund drei Jahre.