Bochum. Die Feuerwehr Bochum muss zunehmend Einsätze wegen der Folgen des Klimawandels fahren. Wegen Kleinbrände, Unwettern und Kohlenmonoxid-Alarm.

„Der Klimawandel ist jetzt auch bei der Feuerwehr Bochum angekommen.“ Dieses Fazit zieht der Leiter der Berufsfeuerwehr, Simon Heußen, mit Blick auf das fast abgeschlossene Jahr 2019. Es sei „ein heißes Jahr“ gewesen.

„Allein im vergangenen Juli hatten wir 100 Kleinbrände gehabt – doppelt so viele wie in allen anderen Monaten.“ Das sei „typisch für die trockenen heißen Monate, in denen schon eine kleine Zündquelle wie eine weggeworfene Zigarette reicht, um Gras, Buschwerk oder Unterholz in Brand zu setzen“.

14 Stunden lang waren Brand auf Kompostieranlage 120 Kräfte im Einsatz.

Bereits im Sommer 2018 sei die Feuerwehr wegen der großen Hitze besonders häufig ausgerückt, um zu löschen. In all den Jahren davor sei das nicht der Fall gewesen.

Beispiel 26. Juli 2019 in Langendreer: Der heißeste Tag des Jahres mit mehr als 40 Grad. Damals brannten Grünabfälle auf einer Kompostieranlage. 14 Stunden lang waren 120 Kräfte im Einsatz. „Wir haben Sonnenmilch zur Einsatzstelle bestellt. Die Leute haben im T-Shirt gelöscht, sonst hätten sie kollabieren können“, erinnert sich Heußen.

Als Folge der großen Hitze wurde die Feuerwehr in diesem Jahr erstmals mit kurzen blauen Diensthosen ausgestattet.

Viele Einsätze wegen Probleme mit Gasthermen im Hitzesommer

Wenige Minuten bevor dieser dicke Baum bei einem blitzartig hereinbrechenden Unwetter umstürzte hatten vor dieser Eisdiele im Ehrenfeld noch Menschen gesessen.
Wenige Minuten bevor dieser dicke Baum bei einem blitzartig hereinbrechenden Unwetter umstürzte hatten vor dieser Eisdiele im Ehrenfeld noch Menschen gesessen. © Feuerwehr Bochum

Eine weitere Folge der enormen Hitze sind die vielen Einsätze wegen Kohlenmonoxid-Alarms (CO) in Gasthermen. Durch die Wärme kann es dazu kommen, dass der natürliche Abzug durch den Kamin nicht mehr funktioniert. „Wenn der Kamin außen heiß wird, gibt es keinen klassischen Kamineffekt“, so Heußen. Es kam zu zahlreichen Abgasrückstaus. „Wir haben zeitweise fünf bis sechs CO-Einsätze am Tag gehabt.“ Die Werte dieses Atemgiftes sei sehr hoch gewesen, richtig gefährlich.

Rettungsdienst war bei der Hitze unentwegt im Einsatz

Nicht zuletzt hat die Hitze auch den Rettungsdienst viel mehr als in früheren Sommern belastet – wegen auffallend häufigen Kreislaufproblemen, Flüssigkeitsmangel und anderer Hitzesymptome. „Die Rettungswagen waren gefühlt 24 Stunden lang unterwegs.“ Bis zu 150 Rettungseinsätze pro Tag zählte die Feuerwehr im Sommer. Normal sind rund 100.

Enorme Schäden durch kleine, aber heftige Unwetter

Ein weiteres Phänomen des Klimawandels sind die lokalen Unwetter in diesem Jahr. Sie seien nur „ganz punktuell“ aufgetreten, hätten aber „enorme Schäden“ angerichtet und ganze Straßen verwüstet, so Heußen. So am 26. August im Ehrenfeld, als zum Beispiel ein großer Baum auf den Hans-Ehrenberg-Platz stürzte. Es herrschte akute Lebensgefahr. Kurz zuvor hatten dort noch viele Menschen vor einer Eisdiele gesessen. Verletzt wurde niemand.

Eine riesige Rauchwolke stieg am 18. Juli über dem Dach der Erich-Kästner-Schule auf.
Eine riesige Rauchwolke stieg am 18. Juli über dem Dach der Erich-Kästner-Schule auf. © Justin Brosch

Wenige Tage später (31.8.) tobte ein kleines, aber mächtiges Gewitter in Wattenscheid vor allem durch die West- und Lohrheidestraße und beschädigte Autos und Häuser. Heußen: „Gerade die Häufigkeit und Heftigkeit ist zurückzuführen auf die Klimaveränderung.“

Rund 650-mal hat die Feuerwehr in diesem Jahr einen Brand gelöscht

Zwei Arbeiter von Mauer erschlagen, ein Mann ertrank

Durch Brände hat in diesem Jahr kein Mensch in Bochum sein Leben verloren. Dennoch starben drei Menschen bei außergewöhnlichen Unglücken, zu denen die Feuerwehr ausrückte.

Zwei Arbeiter wurden am 12. März bei Abbrucharbeiten auf dem ehemaligen Opel-Gelände von einer umstürzenden Mauer erschlagen. Und in der Ruhr in Dahlhausen ertrank am 30. Juni ein Mann bei einem Badeunfall.

Erstmals hat die Feuerwehr auch ein brennendes Hydrid-Auto gelöscht, am 12. Juni an der Straße Am Gebrannten in Stiepel. Heußen: „Wir sind der Sache schnell Herr geworden und haben das Fahrzeug auf der Hauptwache 24 Stunden in einem Wasserbad versenkt.“ So konnte sich der Akku nicht mehr selbst entzünden.

Insgesamt hat die Feuerwehr in diesem Jahr – sollte nichts mehr Außergewöhnliches passieren – rund 650 Brände gelöscht, ähnlich wie im Jahr davor. Gemeldet wurden allerdings rund 1700 Feuer: Die Differenz erklärt sich durch viele Fehlalarme. Teilweise liegt das auch an der gewachsenen Anzahl an Heimrauchmeldern. Das sei aber kein Problem, die Feuerwehr komme lieber einmal ohne Grund als einmal zu spät, so Heußen.

Neben dem Brand an der Kompostieranlage ragen fünf Löscheinsätze wegen der Größe heraus: die Strohballenbrände in Stiepel am 30.11./1.12., der Flachdachbrand an der Erich-Kästner-Schule in Querenburg am 18. Juli, der Brand einer Autowerkstatt an der Dieselstraße in Gerthe am 8. Juli und der Brand eines Holz-Treppenhauses in einem alten Mehrfamilienhaus am Werner Hellweg am 24. Mai. 16 Menschen hat die Feuerwehr aus akuter Lebensgefahr gerettet, zehn wurden verletzt.

Die Kripo geht von Brandstiftung aus und hat wegen versuchtes Mordes 3000 Euro Belohnung für erfolgreiche Täterhinweise ausgesetzt.