Bochum. . Zum Start der Intendanz von Johan Simons feiern die Gäste die „Ritournelle“-Nacht im Bochumer Schauspielhaus. Darunter ist auch ein Promi, mit dem keiner gerechnet hätte.

Samstagabend, 19 Uhr: Auf dem Theatervorplatz tummeln sich die Menschen, der neue Schriftzug auf dem Dach des Schauspielhauses ist erleuchtet, drinnen brennen alle Lichter. Endlich, es lebt!

Der lang erwartete Eröffnungsabend „Ritournelle“ unter der Intendanz von Johan Simons steht an. Simons, der schon von 2015 bis 2017 bei der Ruhrtriennale ganz entgegen üblicher Gepflogenheiten keine Premiere als erste Veranstaltung der Spielzeit disponierte, sondern jedesmal eine Party mit avancierter elektronischer Musik, bleibt sich auch bei der Eröffnung des Schauspielhauses treu.

Die Stimmung unter den Partygästen ist ausgelassen.
Die Stimmung unter den Partygästen ist ausgelassen. © Manfred Sander

Jetzt also Ritournelle 4.0. Dass das große Haus renoviert wurde und ein Großteil der Bestuhlung ausgebaut ist, dient der Mega-Party als Inspiration. Doch: „Da sind ja gar nicht alle Stühle ‘raus,“ entfährt es einer Besucherin und in der Tat: Rund die Hälfte der Stuhlreihen sind nicht ausgebaut, der Rest aber schon. Die Tiefe der Bühne wird zur Tanzfläche. In den Schnürboden sind Boxen und Scheinwerfer gehängt, Projektionen werden an die Wände geworfen, Trockeneis vernebelt die Sicht. Die Techniker haben ganze Arbeit geleistet, um hier einen Club zu zaubern.

Claus Peymann mischt sich unters Partyvolk

Den bespielt zunächst Guy Dermosessian, Vertreter der Bochumer Szene, bevor Michael Rother, Gründer der Band „NEU!“ und Miterfinder des sogenannten „Krautrock“, auftritt. Inzwischen hat sich das Haus gut gefüllt – darunter allerlei Prominenz. Auch der inzwischen 81-jährige Claus Peymann stattet seiner Ex-Wirkungsstätte einen Besuch ab. Was er beim Anblick der tanzenden „Partypeople“ gedacht hat, wird allerdings sein Geheimnis bleiben.

Nach der Party beginnt der große Premierenreigen

Zum Start der Spielzeit gibt es im Schauspielhaus erstmals eine politische Eröffnungsrede: Der Historiker Philipp Bloom spricht am Donnerstag (1.) um 17 Uhr in den Kammerspielen (Eintritt frei).

Um 19 Uhr beginnt die Premiere von „Die Jüdin von Toledo“ in der Regie von Johan Simons (ausverkauft). Für die Premiere von „Der Hamiltonkomplex“ am Freitag (18 Uhr) gibt es noch Karten.

„Ich finde es gut, dass das Haus mit einer Party eröffnet wird,“ meint eine Besucherin. Dabei ist das nichts Neues: Während der Jahre von Leander Haußmann fanden hier regelmäßig legendäre Partys statt, die eine Bereicherung für Bochums Kulturszene waren.

Theater kann heute eben mehr sein: ein Ort, an dem verschiedene Kunstformen aufeinandertreffen. So wie in dem neuen Oval Office (ehemals Theater Unten) mit der Installation „Zee“ des österreichischen Künstlers Kurt Hentschläger, der die Besucher in eine dichte Nebelwand lockt. Ein Traum aus Licht und Klängen, allerdings nichts für zart besaitete Gemüter.

Tiefe Bässe lassen den Boden erzittern

Auf der Bühne geht es derweil weiter mit James Holden, dem DJ-Set von Mount Kimbie und einer starken Dance-Performance des südafrikanischen Projekts FAKA. Tiefe Bässe (dank guter Soundanlage ein Genuss) lassen den Boden weit nach Mitternacht erzittern.

Coucou Chloe präsentiert ihre Form von Rap und Post-Dubstep gefolgt von Tzusing, einem der wichtigsten DJs aus Shanghai, und dem venezolanischen Musiker Arca. Inzwischen hat sich das Publikum etwas gewandelt: Mehr junge Clubgänger haben das Schauspielhaus erobert. Gefeiert wird die ganze Nacht.