Bochum. . Nach der Auseinandersetzung über die Abschiebung des Islamisten Sami A. spricht nun die Lokalpolitik. Ein Ex-Richter richtet sich an den OB.
Während sich die Stadt im Fall der Abschiebung des Islamisten und Sami A. in Schweigen hüllt, schreckt das politische Bochum – unsanft geweckt – aus der Sommerpause auf.
Schon sehr früh hatte der Linke und ehemalige Richter Ralf Feldmann in einem offenen Brief an Oberbürgermeister Thomas Eiskirch die Rolle der Stadt in dem jetzt immer weitere Kreise ziehenden Fall scharf kritisiert.
Persönliche Verantwortung
Dabei geht es ihm ganz konkret um die jetzt eingereichte Beschwerde der Stadt gegen die Vollstreckungsentscheidung des Verwaltungsgerichtes Gelsenkirchen. Feldmann schreibt Eiskirch: „Mit der Beschwerde, der Sie zugestimmt haben, bekräftigen Sie nun Ihre persönliche Verantwortung für die Verletzung fundamentaler Verfassungsprinzipien durch die Stadt Bochum.“
Völlig anders wertet Olaf in der Beek (MdB), der auch Kreisvorsitzender der Bochumer Liberalen ist, den aktuellen Vorgang: „Die Stadtverwaltung muss alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um eine Rückkehr von Sami A. nach Bochum zu verhindern.“
Zudem stärkt er seinem Parteifreund, dem NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp, den Rücken. „Ich habe keinerlei Zweifel daran, dass die Abschiebung von Sami A. unter Beachtung aller rechtsstaatlichen Vorgaben durchgeführt wurde.“
Christian Haardt (CDU) wundert sich
Christian Haardt, Kreisvorsitzender der Bochumer CDU, ist selbst Jurist und wundert sich, dass das Verwaltungsgericht nicht seinen Beschluss sofort am Donnerstagabend (dem Tag vor der Abschiebung am 12. Juli) sofort per Fax an die zuständigen Stellen zugestellt hat. „Ich bin mir sicher, dass es dann nicht zu einer Abschiebung gekommen wäre“, so Haardt.
Stadt Bochum beantwortet keine Fragen
Die Lokalredaktion hatte der Stadt Mittwoch vier konkrete Fragen zu Sami A. gestellt. Sie blieben seitens der Stadt ebenso unbeantwortet wie seitens des NRW-Flüchtlingsministeriums, an die die Stadt die Anfrage weiterleitete.
Eine der vier bislang unbeantworteten Fragen: Wurde unmittelbar vor der Abschiebung Druck auf das Ausländeramt ausgeübt, die Abschiebung noch vor der Gerichtsentscheidung durchzuführen?
Dass das Verwaltungsgericht nun versuche, über ein Zwangsgeld von 10 000 Euro gegen die Stadt diese dazu zu bringen, Sami A. aus Tunesien zurückzuholen, „ist mit gesundem Menschenverstand einfach nicht zu erklären“.
Die tunesische Seite habe ohnehin deutlich erklärt, ihren Staatsbürger nicht wieder ausreisen zu lassen. Deutschland habe mithin auch gar keine Handhabe, ihn wieder zurückzuholen.
Gewisses Befremden der SPD
Peter Reinirkens, Fraktionsvorsitzender der SPD, sieht eher wenig Spielräume für die Kommunalpolitik, jetzt tätig zu werden. Einerseits sei für ihn eine enge Zusammenarbeit zwischen Ministerium und Bochumer Ausländerbehörde völlig in Ordnung. „Befremdlich finde ich allerdings, dass entgegen des üblichen Verwaltungsablaufs die Ergebnisse des Verfahrens nicht abgewartet worden sind.“ Sein Grundvertrauen in den Rechtsstaat habe darunter jedoch noch nicht gelitten.
„Ganz offensichtlich gab es ein hohes politisches Interesse der Exekutive in Land und Bund, im Fall Sami A. ein Exempel zu statuieren“, wertet Frank Taschner, Geschäftsführer der Grünen im Rat, den Vorgang um Sami A..
Taschner macht deutlich, dass, ganz gleich wie man diesen Fall asylrechtlich bewerte, in einem Rechtsstaat gewährleistet sein müsse, dass sich alle Behörden an die Rechtsprechung hielten. „Es kann nicht angehen, dass verfassungsmäßige Rechte nach Bedarf gewährt werden. In Fragen des Aufenthaltsrechts haben die lokalen Ausländerbehörden nur minimale Spielräume, die in diesem Fall gar nicht gegeben sind.“