Gelsenkirchen/Bochum. Nach der Abschiebung von Sami A. droht das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen der Stadt Bochum mit einem Zwangsgeld: A. müsse zurückgeholt werden.

Im Fall der umstrittenen Abschiebung des Gefährders Sami A. nach Tunesien erhöht das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen auf Betreiben des Abgeschobenen den Druck auf die Ausländerbehörde Bochum. Am Dienstag drohte die 8. Kammer der Bochumer Behörde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000 Euro an, weil sie sich bisher nicht darum gekümmert habe, Sami A. wieder aus Tunesien zurückzuholen.

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Die Ausländerbehörde müsse die gerichtliche Anordnung bis zum 31. Juli befolgen und die Abschiebung rückgängig machen. Sonst würde das Zwangsgeld fällig.

Keine "tauglichen Schritte zur Rückholung"

Die Kammer kritisiert, dass die Bochumer Behörde „in den zurückliegenden zehn Tagen nichts Substanzielles unternommen hat, um eine Rückführung des abgeschobenen Tunesiers in die Bundesrepublik Deutschland zu bewirken“. Sie habe lediglich mit Hilfe des Auswärtigen Amtes in Tunesien Fragen zum Aufenthaltsort und zur aktuellen Situation von Sami A. gestellt. Dies seien keine „tauglichen Schritte“ zur Rückholung.

Die Bochumer könnten sich auch nicht auf eine Unmöglichkeit der Rückholung berufen. Gegen diese Entscheidung ist eine Beschwerde beim NRW-Oberverwaltungsgericht möglich.

Tunesien will A. nicht an Deutschland ausliefern

Derweil erklärte Tunesien, den unrechtmäßig aus Deutschland abgeschobenen mutmaßlichen früheren Bin-Laden-Leibwächter Sami A. nicht an Deutschland zurück überstellen zu wollen. Als Grund nannte ein Vertreter der tunesischen Justiz, dass Sami A. womöglich eine Anklage wegen Terrorismus in seinem Heimatland bevorstehe.

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Gegen den Beschuldigten werde, wenn es zu einer solchen Anklage komme, in Tunesien verhandelt, sagte Sofian Sliti, der Sprecher der Anti-Terror-Justizbehörde, der Nachrichtenagentur Reuters. "Es gibt keine Möglichkeit, ihn in irgendein anderes Land abzuschieben", ergänzte er. Dafür gebe es keine Grundlage.

Tunesien kündigt "fairen Prozess" an

Vorwürfe von Sami A. in einem Interview der "Bild"-Zeitung, dass er in Tunesien mit Folter rechnen müsse, wies Sliti zurück. "Wir bestätigen, dass das nicht geschehen wird", erklärte er. "Wir bestätigen, dass die Rechtssprechung unabhängig ist und dass solche Praktiken nicht erlaubt sind". Und mit Blick auf den Inhaftierten machte Sliti die Position klar: "Er ist ein Bürger dieses Landes mit allen Rechten in einem fairen Prozess".

Sami A. war vor gut einer Woche von Düsseldorf aus in sein Heimatland ausgeflogen worden. Allerdings hatte am Vorabend das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, dass er nicht abgeschoben werden dürfe, weil ihm in Tunesien Folter drohe. Der Beschluss ging aber erst beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und den anderen Behörden ein, als sich Sami A. bereits auf dem Weg nach Tunesien befand. Das Gericht beklagt, es sei von den Behörden über den Termin im Unklaren gelassen worden. (mit rtr)