Düsseldorf/Bochum. In der Sondersitzung zum Fall Sami A. hat Joachim Stamp die Abschiebung verteidigt. Es habe zu dem Zeitpunkt „kein Abschiebehindernis“ gegeben.

NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) hat die Abschiebung des Gefährders Sami A., der sich lange Zeit in Bochum aufgehalten hat, verteidigt und die persönliche Verantwortung dafür übernommen. „Sami A. war ausreisepflichtig, und die Abschiebung war vollziehbar“, sagte Stamp bei einer Sondersitzung des Rechts- und des Integrationsausschusses im Landtag. Es habe zum Zeitpunkt der Rückführung des Tunesiers am Morgen des 13. Juli „kein Abschiebehindernis“ gegeben.

Die Abschiebung sollte zügig und diskret durchgeführt werden. Das Flüchtlingsministerium habe daher nur mit Behörden darüber gesprochen, die eingebunden werden mussten. In diesem Fall die Bundespolizei. „Zu einer Einbindung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf) waren wir nicht verpflichtet“, sagte Stamp. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, das die Abschiebung nicht akzeptierte, sei nicht Gesprächspartner des Ministeriums gewesen.

Es sei laut Stamp „unglücklich gelaufen“, dass das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen die Informationen über die bevorstehende Abschiebung am 13. Juli nicht hatte. „Ich habe die Information, dass das Gericht die Abschiebung ablehnt, am 13. Juli kurz vor 9 Uhr erhalten. Zu diesem Zeitpunkt ging ich davon aus, dass Sami A. schon an die Behörden übergeben wurde.“

Die Opposition reibt sich an der Tatsache, dass zwischen dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen und dem Bamf offenbar eine „Stillhaltezusage“ vereinbart wurde. Heißt: keine Abschiebung, ohne das Gericht darüber zu informieren., Die Gelsenkirchener Richter wollten verhindern, dass der Tunesier ohne ihr Wissen abgeschoben wird. Aber genau dies ist am Ende passiert. „Sie wollten eine heimliche Abschiebung, hinter dem Rücken des Gerichts“, warf Sven Wolf (SPD) dem Minister vor. Stamp stürze das Land in eine „Vertrauenskrise“

Es sei keine heimliche Abschiebung gewesen

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Stefan Engstfeld (Grüne) wollte wissen, warum das Bamf nicht vom NRW-Flüchtlingsministerium informiert wurde. Es stehe der Verdacht im Raum, das Bamf sollte bewusst nicht informiert werden, weil sonst ein Hindernis für die politisch gewollte Abschiebung hätte auftauchen können. „Und das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wusste nicht, dass für den 13. Juli eine Chartermaschine für die Abschiebung bestellt worden war. Es wusste nur, dass eine Abschiebung in einem Linienflieger am 12. Juli storniert worden war.

Als das Gericht dann doch von der Abschiebung erfuhr und sie am Freitagmorgen zu verhindern versuchte, sei noch Zeit gewesen, die Rückführung zu stoppen und den Charterflieger nach Deutschland zurückfliegen zu lassen.

NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) stellte sich hinter seinen Kabinettskollegen Stamp. „Wir weisen entschieden zurück, hier heimlich an der Abschiebung gearbeitet zu haben. Die Absprache zwischen dem Bamf und dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu einer Stillhaltezusage war dem Flüchtlingsministerium gar nicht bekannt. Es handelt sich also nicht um eine heimliche Abschiebung.

Grüne im Bundestag fordern ebenfalls Sondersitzung

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​Inzwischen fordert auch die Grünen-Fraktion im Bundestag eine Sondersitzung des Innenausschusses. Diese solle trotz Sommerpause "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" angesetzt werden, heißt es in dem Antrag, der dem "Spiegel" vorliegt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) solle Fragen zu dieser und weiterer "mutmaßlich rechtswidriger" Abschiebungen beantworten. "Wir fordern eine umgehende Aufklärung der Vorfälle und der Verantwortlichkeiten", sagte Filiz Polat, Grünen-Obfrau im Innenausschuss, dem Nachrichtenmagazin. (mit dpa)