Bochum. . Zum Spielzeitende der Intendanz Olaf Kröck gab es im Schauspielhaus Dauerapplaus. Es wurde auch Abschied von lieb gewonnenen Akteuren genommen.

Mit einer rauschenden Party verabschiedete sich das Schauspielhaus nicht nur in die Sommerpause, sondern komplett aus Bochum. Jedenfalls jenes Schauspielhaus, wie wir es seit acht Jahren während der Intendanten-Ären Anselm Weber und Olaf Kröck kannten.

Mit der letzten Vorstellung von Johan Nestroys „Freiheit in Krähwinkel“ sagten am Wochenende in den Kammerspielen auch viele lieb gewonnene Schauspieler/innen leise Servus. Nicht alle haben eine Anschluss-Tätigkeit gefunden.

„Hamlet“ lässt grüßen

Das „schwere Los“ des Bühnenkünstlers, der immer nur auf Zeit seine Zelte irgendwo aufschlägt, schimmerte, parodistisch verfremdet, auch in der eigenwilligen Nestroy-Inszenierung von Milan Peschel durch. Nicht nur, dass der Regisseur die Geschichte des Bochumer Theaters mit vielen, wohl nur dem Schauspielhaus-Kenner vertrauten Details hochleben ließ – da grüßten das Hirschgeweih aus Thomas Bernhards „Der Theatermacher“ oder der Brecht’sche Marketender-Karren der Mutter Courage aus den Peymann-Jahren, da erkannte man Uli Wildgruber als „Hamlet“ und Rosel Zech als „Hedda Gabler“ aus der Zadek-Zeit wieder.

Auch die Schauspieler stellten sich immer wieder die Frage: Was war? Wie geht es weiter? Der Freiheitsbegriff, der in dem „Krähwinkel“-Schwank verhandelt wird, wurde nicht nur auf die politische Freiheit, sondern auch auf jene der Kunst bezogen. Und die der Berufswahl.

Hohes Gut der Demokratie

Szenenfoto aus „Freiheit in Krähwinkel“.
Szenenfoto aus „Freiheit in Krähwinkel“. © Thomas Aurin

Ein Zusammenhang, den Intendant Kröck in seiner Abschiedsrede herausstrich. In Freiheit zu leben, und die Freiheit der Kunst tatsächlich ausleben zu können, das sei ein hohes Gut der Demokratie, meinte Kröck mit Blick auf die regressiven politischen Zustände in anderen europäischen Ländern. Kröck teilte ein „Riesenlob“ an sein Team aus, „alle gemeinsam“ habe man dafür gesorgt, dass die Besucherquote seiner Spielzeit stolze 80 Prozent erreichte. Der Intendant machte eine verbale Verbeugung vor den Schauspielern: „Eure Qualität und eure Klasse werden eine Bereicherung für jede Bühne sein!“

Abschied nehmen von bewährten Mimen

Fürs Bochumer Publikum, das seinem Schauspielhaus mit einer fast mit Händen zu greifenden Herzlichkeit adieu sagte und sich zu 15 Minuten Dauerapplaus hinreißen ließ, heißt es nun, Abschied nehmen von vielen bewährten Mimen.

So von Roland Riebeling, der mit 38 Produktionen in acht Jahren die meisten Aufführungen absolvierte, und der fortan frei und fürs TV („Tatort“) arbeiten wird. Sein „Kontrabass“-Solo hatte sagenhafte 100 Prozent Auslastung: jede Vorstellung war ausverkauft. So von Kristina Peters (35 Produktionen), die mit ihrer zurückhaltenden und doch so intensiven Bühnenpräsenz jede Aufführung adelte, und die noch keinen Anschlussvertrag hat.

Zukunft der Eve Bar fraglich

Ebenso wie Matthias Eberle, der in 37 Produktionen mitwirkte, und Daniel Stock (33 Mal im Einsatz), der demnächst am Schauspiel Bonn auf der Bühne stehen wird. Bochum erhalten bleiben in der Intendanz Johan Simons nur drei Akteure: Martin Horn und Bernd Rademacher sowie Veronika Nickl, die man, wie die beiden anderen Genannten, inzwischen als Schauspielhaus-Urgestein bezeichnen darf: Nickl war Ensemblemitglied sowohl in der Goerden- als auch in der Weber- und Kröck-Intendanz.

Noch offen ist, wie es mit der Eve Bar im Keller des Theaters weitergeht. Die von Tobias Malcharzik vor einem Jahr eingeführte Reihe „#placetobetween“ erwies sich als Publikumsmagnet, der Veranstaltungsort selbst zeigte sich nach dem Umbau als urbaner Treffpunkt von einiger Strahlkraft. Gut möglich also, dass das Simons-Team der Eve Bar, die eigentlich ins geplante Kunst-Konzept fürs Theater Unten eingemeindet werden sollte, noch eine Chance gibt. Wenn auch wohl mit verändertem inhaltlichen Zuschnitt.