Bochum. Milan Peschel inszeniert in den Bochumer Kammerpielen ein bisschen Nestroy und viel Abschied: „Freiheit in Krähwinkel“.

Man bringt eine Wertung dieses Abschiedsabends nicht leicht zu Papier. Bochums Ensemble, im Grunde schon mit Anselm Webers vorzeitigem Weggang in Auflösung, verabschiedet sich mit „Freiheit in Krähwinkel“ endgültig; so muss ein Verriss den Vorwurf der Leichenfledderei aushalten. Doch es ist wie es ist: ein in weiten Teilen hilfloses Tingeltangel, mit dem Regisseur Milan Peschel den Scheidenden einen Bärendienst erweist.

Sie selbst sind nicht ganz unschuldig. Peschel hat die Seinen improvisieren lassen – und kein merklicher Dramaturg (laut Programmheft Annelie Mattheis) hat das wirre Gedöns in Form zu gießen verstanden. Ihr Ende in Bochum (mit Johan Simons wird ja, nicht unüblich, künstlerisch alles auf Null gestellt) umkreisen die Mimen in einem offenbar selbstgedengelten Endspiel. Um Nestroys Posse über Befreiung und Kleinstaaterei, Korruption und hündischen Gehorsam geht es Peschel nur noch in dünnen Sequenzen.

Groß der Ehrgeiz des Abends mit seiner optischen Hommage (Bühne: Nicole Timm) an Bochums Theatergeschichte, der seinen zentralen Pott-Kiosk mit Zadeks Hamlet, Peymanns Theatermacher und Haußmanns Herzchen illustriert. Kleinmütig die Einlassung: Kleinkariert die Spitzen gegen den nachfolgenden Niederländer samt Holzschuh und Gouda-Deutsch. Und leider weit von großen Vorbildern entfernt: ewig dauernde Clownsnummern auf glitschigem Kartoffelsalat missraten, viele Schatten des (auch längst etablierten) Off Theaters lasteten groß auf der Kammerspiel-Premiere am Samstag.

Wie Peschel das alles plänkeln lässt, ist von deprimierender Fahrlässigkeit. Immerhin: Die zehn Spieler tun das Ihre mit boshaftem Charme. Gegen Ende rühren sie einen fast, wenn sie im Pingpong der Traumrollen von Tschechow bis Shakespeare Versäumtes und Vergängliches in den Raum stellen. Ein gutes Ende, aber nicht genug. Am Ende rocken Sie ihre Bekenntnisse in den Raum, Mitklatschen möglich. All das dauerte pausenlose Zweidreiviertelstunden. Ein Kessel Buntes, früh ergraut. Seltsam, dass hemmungsloses Ausufern so zielsicher stranden kann.