Bochum. . Bezirksvertreter Gerd Sauer (CDU) kämpft seit Jahren für eine öffentliche Toilette in Bochum-Wiemelhausen. Die Stadt sieht die Pläne kritisch.

Im Kirchviertel nennen sie ihn schon den „Toiletten-Gerd“: Seit Jahren kämpft Bezirksvertreter Gerd Sauer (CDU) als alteingesessener Wiemelhauser darum, ein altes Ärgernis abzustellen, das manchem Bürger sprichwörtlich auf die Blase drückt.

Denn: Wer plötzlich austreten muss, schaut in Wiemelhausen schnell ziemlich dumm aus der Wäsche. Eine öffentliche, frei zugängliche Toilette gibt es nicht.

„Das muss sich endlich ändern“, findet Sauer, der das Problem selber kennt. In der Not besucht er entweder seinen Stamm-Friseur oder einen Bekannten in der Nähe.

Bezirksbürgermeister hält Plan für nicht machbar

Bei der WAZ-Stadtteilkonferenz im St.-Johannes-Stift bekam Sauer für seinen schon älteren Vorschlag neuen Rückenwind, aber auch Kritik. Bezirksbürgermeister Helmut Breitkopf (SPD) sagte später im WAZ-Gespräch, er halte den Plan für „nicht machbar“. „Nicht nur, weil Bäume gefällt und eine Leitung gelegt werden müsste“, so Breitkopf. Auch würden öffentliche Toiletten, wie etwa jene im Hauptbahnhof, gern „als Schlafplatz oder für den Drogenhandel“ missbraucht. „Dieses Problem kriegen wir nicht in den Griff.“

Sauer mag diese Argumente nicht gelten lassen. „Die Leitungen für Wasser und den Abfluss sind vorhanden“, meint er. „Und dass sich hier bei uns im Kirchviertel so viele Junkies und Obdachlose verirren, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“ Für 60.000 bis 70.000 Euro wäre eine solche Anlage locker zu beschaffen: „Wenn man es denn will.“ Die Bezirksvertretung habe schon vor längerer Zeit signalisiert, einen Teil der Kosten übernehmen zu wollen.

Ein Baum müsste gefällt werden

Bei der Stadt verweist man auf eine eingehende Prüfung der Örtlichkeiten aus 2016. Damals sei der vorgeschlagene Standort auf dem Marktplatz als „ungeeignet“ eingestuft worden. Vor allem weil sich die Eingangstür des Toilettenhäuschens in rechtem Winkel öffne, müsse davor eine Fläche von mindestens 3,60 Meter frei gehalten werden. Dies habe zur Folge, dass das vorhandene Hochbeet zurückgebaut werden müsse.

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„Ein Baum müsste gefällt werden“, so die Verwaltung. Auch ein Fahrradbügel und eine Sitzbank müssten für das Toilettenhaus weichen. Die Rahmenbedingungen hätten sich seitdem nicht geändert, meint Stadtsprecherin Katrin Müller.

Bäckerei Löscher zeigt sich kulant

Als eines von wenigen Geschäften verfügt die Bäckerei Löscher über ein Kunden-WC. Hier würde man die Errichtung einer öffentlichen Toilette begrüßen. „Bei uns kommen regelmäßig Menschen rein, die einfach so auf die Toilette verschwinden“, erzählt Filialleiterin Kimberly Daßler. „Das sind mindestens zehn am Tag. Manche fragen vorher, viele aber nicht.“

Eigentlich sei die Bäckerei-Toilette nur Kunden vorbehalten, alle anderen müssten streng genommen 50 Cent zahlen. „Das handhaben wir aber meistens recht kulant“, sagt sie. Ärgerlich sei bloß, wie mutwillig mancher mit der Toilette umgehe und echtes Chaos hinterlasse. „Da hat es schon Überschwemmungen gegeben.“

Braucht das Kirchviertel eine öffentliche Toilette?

Jessica Sajak

"Ich bin erst vor kurzem nach Wiemelhausen gezogen. Von Beruf bin eigentlich Erzieherin. Zurzeit arbeite ich jedoch nicht, da ich schwanger bin. Gerade wegen der Schwangerschaft muss ich oft auf die Toilette und finde die Idee eines öffentlichen ,stillen Örtchens’ daher gut."

Friedhelm Hilgenstöhler

"Vor allem für ältere Leute, die etwa vom St.-Johannes-Stift kommen, wäre die Einrichtung einer öffentlichen Toilette gut. Außerdem finde ich: In Wiemelhausen sind die Parkkosten hoch. Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Autobelastung hier schon heftig ist."

Friedhelm Fründ

"Öffentliche Toiletten sollten in jedem Stadtteil vorhanden sein. Man kann am alltäglichen Leben nicht teilnehmen, wenn man eine Blasenschwäche hat. Was die Parkkosten betrifft, wäre der Brötchentarif fürs Parken angemessen, wenn ich nur kurz etwas erledigen muss."

Horst Prause

"Eine öffentliche Toilette gehört auf jeden Fall  hier mitten hinein ins Kirchviertel. Wenn man muss, dann könnte man zumindest. Wenn ich unterwegs bin, nutze ich die Bahnhofstoilette nur im Notfall. Und das tue ich auch nur ungern, weil das doch eher unhygienisch ist."

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Viele wünschen sich kostenloses Kurzzeitparken 

Ein Thema brannte bei der WAZ-Stadtteilkonferenz Ende Januar vielen auf den Nägeln: der Brötchentarif.

Das kostenlose Kurzzeitparken gibt es bereits u.a. im Wittener Wiesenviertel. Hier kann man seinen Wagen 15 Minuten lang gratis abstellen, um schnelle Einkäufe zu erledigen. In Wiemelhausen – wie auch in vielen anderen Bochumer Stadtteilen – muss man seinen Parkplatz direkt ab der ersten Minute bezahlen, obwohl sich gerade viele Geschäftsleute die Einführung der sogenannten Brötchentaste schon seit Jahren wünschen.

Im WAZ-Gespräch hält Bezirksbürgermeister Helmut Breitkopf den Brötchentarif für eine „sinnvolle Sache“. „Da kann die Bezirksvertretung sicher einen neuen Vorstoß wagen.“ Gerd Sauer hält dies für eher unnötig: „Wer will das denn alles kontrollieren?“, fragt er. „Ich stelle den Wagen oft für kurze Zeit hier ab. Ein Knöllchen habe ich noch nie bekommen.“

>>> INFO: Ende April soll das Viertel wieder blühen

Im Frühjahr soll das Kirchviertel wieder schöner werden: Seit sieben Jahren kümmern sich die Wiemelhauser selber darum und bepflanzen die Beete am Kreisverkehr und auf dem Marktplatz in Eigenregie. Viele Ehrenamtliche packen mit an.

Organisiert wird dies von der Arbeitsgemeinschaft „Wir in Wiemelhausen“. Die nächste Pflanzaktion wird voraussichtlich Ende April stattfinden. Es werden noch Sponsoren gesucht. Wer mithelfen möchte, melde sich per Mail an gerdsauerbochum@aol.com