Bochum. . 200 bis 300 Wohnungen sollen in Nachbarschaft zum Neuen Gymnasium entstehen. Anwohner fürchten Belastung und fühlen sich schlecht informiert.
- 200 bis 300 Wohnungen sollen in unmittelbarer Nähe zum Neuen Gymnasium entstehen
- Die Pläne lösen in der Nachbarschaft Sorgen und Proteste aus
- Vor allem der wachsende Verkehr und der Verlust an Grünflächen stört viele
200 bis 300 Wohnungen in Ein- und Mehrfamilienhäusern wollen die Stadt und die Bochumer Bollmann Liegenschaften GmbH auf einem vier Hektar großen Gebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zum Neuen Gymnasium in Wiemelhausen errichten. Zur Diskussion steht derzeit ein erster städtebaulicher Entwurf, im kommenden Jahr rechnet die Verwaltung mit einem gültigen Bebauungsplan. Der Weg dahin, das wurde bei einer Informationsveranstaltung am Donnerstagabend im Neuen Gymnasium deutlich, könnten noch steinig werden.
Bis zu fünf Etagen möglich
Die Vorbehalte in der Nachbarschaft sind immens. „Bei Starkregen saufen wir am Ende der Querenburger Straße jetzt schon ab. Wie soll das werden, wenn die neuen Häuser an die Kanalisation angeschlossen werden?“ lautete eine der bangen Fragen. Kritisch beäugt wird die Geschosshöhe einiger Häuser, angrenzend ans Gymnasium sollen Mehrfamilienhäuser mit bis zu fünf Etagen plus Staffeldach möglich sein.
Auch interessant
Dass neben den Tiefgaragenplätzen (einer pro Wohneinheit) nur ein öffentlicher Parkplatz je fünf Wohnungen vorgesehen ist, sorgte bei den etwa 60 Gästen ebenso für Empörung wie die vermeintliche Nichtberücksichtigung von Bergschäden und anderen Merkmalen des Untergrundes („Hier gibt es noch private Bunker“, so ein Anwohner). Die Evangelische Kirche als Eigentümer von 3,3 Hektar der Gesamtfläche habe im Zuge der Rodung ihres Grundstücks Anfang 2014 bereits Hohlräume verfüllen lassen, so die Auskunft der Stadtverwaltung.
Gutachten über Tier- und Pflanzenarten kommt zu spät
Empört zeigten sich einige Anwohner darüber, dass erst jetzt ein Gutachten über die auf der Flächen vorkommenden Tier- und Pflanzenarten erstellt werden soll. „Das hätte vor drei Jahren passieren müssen, jetzt sind viele Tiere doch gar nicht mehr da“, hieß es. Heidi Hopkins, Vorsitzende des Naturschutzbeirats, fordert gar, die Baumfällungen müssten nachträglich noch strafrechtlich verfolgt werden.
Sie schlug vor, bestenfalls 50 Prozent der vorgesehenen Bebauung sowie ein Projekt „Kfz-freies Wohnen“ umzusetzen, um noch genügend Raum für Grünflächen und ordentliche Rahmenbedingungen für das Mikroklima im Quartier zu haben. Enttäuscht zeigte sich Prof. Ferdinand Dudenhöffer: „Ich bin erschrocken darüber, wie wenige Infos sie uns geben.“
Die beiden Verwaltungsvertreter sowie die Bezirksbürgermeister Gabriele Spork (Mitte) und Helmut Breitkopf (Süd) hatten Mühe, klar zu machen, dass zum jetzigen Planungszeitpunkt noch nichts beschlossen sei und der Info-Abend dazu gedacht sei, Anregungen und Kritik im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung zu sammeln, um diese bei der Aufstellung eines Bebauungsplans berücksichtigen zu können. Noch bis zum 21. Juli können Anregungen gegeben werden.
Belastungsgrenze überschritten
Die Bebauung an sich, so Anwohner Stefan Sturm, sei gar nicht das Problem. „Aber ich befürchte, dass sie die Belastungsgrenze überschreiten“ – zu viele Wohnungen, zu viele Autos, zu viel versiegelte Fläche, zu wenig Freiraum und zu wenig Grün. Zwar sollen die gefällten Bäume, die eigentlich nach zwei Jahren bereits hätten ersetzt werden müssen, auf Kosten des Investors in doppelter Zahl wieder aufgeforstet werden.
Das indes wird in Stiepel und nicht in Wiemelhausen geschehen. Im neuen Quartier sollen Maßnahmen wie begrünte Dächer und eine „begrünte Ruhezone“ in Innenbereich der Bebauung den Verlust von Natur mildern.
>>KOMMENTAR: Gesucht – fairer Kompromiss
Es war ziemlich viel Strom in der Tapete. Bei den Anwohnern des künftigen Baugebiets hat sich eine ganze Menge Frust angestaut. Sie fühlen sich schlecht oder falsch informiert und fürchten, direkt vor ihrer Haustür könnten Entwicklungen geschehen, die zu ihren Lasten und nur zu Gunsten anderer gehen. Daher: Dem Wunsch nach einer weiteren Info-Veranstaltung etwa nach der Ausarbeitung des B-Plan-Entwurfs sollte die Stadt nachkommen. Das könnte zumindest dem Klima nicht schaden.
Entschieden werden muss, wie viele Wohnungen und Parkplätze gebaut, wie viel Grün ermöglicht und wie viel vom einstigen Idyll vielleicht zurückgewonnen werden kann. Es ist die Frage nach Verträglichkeit, aber auch nach Möglichkeiten. Denn: Bochum braucht Wohnungen. Und die sollten auch in Wiemelhausen entstehen.