Bochum. Die Abteilung Staatsschutz der Polizei beobachtet eine steigende Gewaltbereitschaft vor allem im rechtsextremen Lager. In Bochum, Herne und Witten nahm die Zahl rechtsextremer Straftaten im Vergleich zum Vorjahr leicht zu. Häufig ist Alkohol im Spiel.

Eigentlich beruhigt die Polizeistatistik. 225 Straftaten mit politisch motiviertem Hintergrund registrierte die Behörde im vergangenen Jahr für die Städte Bochum, Herne und Witten. Genauso viele wie im Jahr davor. Dabei entfallen 79 Prozent auf rechtsextrem und 18 Prozent auf linksextrem motivierte Taten. Im Gegensatz zum Bundestrend ist kein Anstieg zu verzeichnen.

Doch es lohnt das genaue Hinsehen: Die Zahl rechtsextremer Straftaten stieg im Vergleich zum Vorjahr um sechs Prozent an, dagegen nahmen die Fälle mit linkem Hintergrund ab. Dabei machen die politisch motivierten Gewalttaten 8,4 Prozent (19 Fälle) aller dieser Straftaten aus. Der überwiegende Teil der Fälle (16) ist dem politisch rechten Spektrum zuzuordnen.

Zu Gewalt kommt es besonders in Gaststätten oder nach Kneipenbesuchen aus oft nichtigem Anlass, häufig ist Alkohol im Spiel. Dabei stieg die Gewaltbereitschaft besonders bei Demonstrationen deutlich. Die Polizei bezeichnet dies als „Erlebnis orientiert”. „Dies sind meist junge Männer im Alter zwischen 16 und 23 Jahren, die auf Randale aus sind. Das ist eine neue Qualität”, so der Leiter der Staatssschutzabteilung Leo Heitfeld.

In Bochum traten bei der NPD-Demonstration am 25. Oktober vergangenen Jahres diese Leute erstmals in großer Zahl in der Öffentlichkeit in großer Zahl auf. Äußerlich unterscheiden sie sich kaum von den ebenfalls schwarz gekleideten linken Autonomen. Diese bewusste Provokation reizt die Gegenseite.

Heitfeld und seine Kollegen warten nicht bis es zur Eskalation kommt. Mit einem sorgfältig geplanten Programm werden polizeibekannte junge Leute bereits Zuhause aufgesucht: „Da fallen die Eltern manchmal aus allen Wolken, die wissen oft gar nicht, was ihre Kinder so treiben”, sagt Heitfeld. Die Staatsschutzleute reden Tacheles. Der Hitlergruß, das Zeigen von Symbolen der NSDAP oder das Abspielen bestimmten Liedgutes, ist kein Kavaliersdelikt. Die neue Gangart spürten rechte Demagogen vor vier Jahren bei einer Demonstration gegen den Bau der Synagoge in Bochum. Da hatte die Polizei die Staatsanwälte gleich mitgebracht. Die hörten genau zu. Eine empfindliche Haftstrafe war die Folge.

Erfreulich ist die gestiegene Bereitschaft der Bevölkerung, auch bei vermeintlich kleinen Delikten den Vorfall bei der Polizei zu melden. Schulrektoren, an deren Schulen problematische Entwicklungen passieren, wenden sich mittlerweile offen an die Polizei und bitten um Unterstützung. So liegt die Aufklärungsquote bei politisch motivierten Gewaltdelikten mittlerweile bei 84 Prozent. Im Jahr davor waren es knapp 65 Prozent.

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