Bochum. . Im Bochumer Landgericht wurden jetzt der elektronische Rechtsverkehr und die elektronische Akte eingeführt. „Ein Stückchen Justizgeschichte.“

  • Im Bochumer Landgericht findet jetzt „ein Stückchen Justizgeschuchte“ statt: die Digitaliserung der Justiz
  • Ab sofort gibt es dort - als erstem Landgericht in NRW - den elektronischen Rechtsverkehr
  • Außerdem haben zwei Zivilkammern die elektronische Akte eingeführt

Justizminister Thomas Kutschaty sprach von einem „Stückchen Justizgeschichte“, die sich jetzt im Bochumer Landgericht abspielt. Es geht um die Digitalisierung des kompletten Rechtsverkehrs und um die Einführung der „elektronischen Akte“.

Das hiesige Landgericht ist bei dieser Mammutaufgabe ein Vorreiter, denn seit dem vorigen Mittwoch können dort – im ersten Landgericht in NRW – in allen Zivilrechtsstreitigkeiten Klagen, Anträge und sonstige Schriftsätze und Dokumente elektronisch eingereicht werden. Folgerichtig dazu wurden – zunächst nur in zwei der insgesamt 18 Zivilkammern – auch alle Akten eingescannt und digitalisiert. Die Papierakte ist dort nun eine „eAkte“. „Ganz NRW guckt auf Bochum“, sagte der Minister gestern im Landgericht.

Ab 2022 wird der elektronische Rechtsverkehr verpflichtend

„Vieles ist noch so wie vor 200 Jahren“, merkte Kutschaty an und meinte zum Beispiel das Rumpeln der vollgepackten Aktenwagen auf den Gerichtsfluren. Diese altgewohnten Alltagsbilder wird es bald nicht mehr geben. Laut dem so genannten „eJustiz-Gesetz“ müssen bis zum 1. Januar 2018 alle Zivilgerichte im Lande dem Bochumer Pilotprojekt gefolgt sein und einen elektronischen Zugangsweg anbieten, sowohl als Empfänger als auch als Absender. Spätestens ab dem 1. Januar 2022 sind Rechtsanwälte, Behörden und „juristische Personen“ sogar verpflichtet, alle Schreiben grundsätzlich und ausschließlich elektronisch einzureichen.

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Anwalt: „Die Vorteile überwiegen“

Folgerichtig ist deshalb auch die Umstellung auf die „elektronische Gerichtsakte“. Andernfalls müssten die Justizbeschäftigten alle elektronisch eingesandten Daten wieder auf Papier ausdrucken, was absurd wäre. Außerdem soll das Arbeiten mit der „eAkte“ komfortabler, strukturierter und schneller sein.

Ohne die Digitalisierung, sagte Landgerichtspräsident Hartwig Kemner, würde sich die Justiz von der Lebenswirklichkeit der Bürger abkoppeln. „Sie würde schnell rückständig wirken. Und es geht ja auch um die Bürgernähe.“

„Die Urteile werden immer noch von Menschen gemacht“

Betroffen von der Umstellung sind neben den Justizbeschäftigten vor allem die Anwälte, in Bochum rund 900. „Die Vorteile überwiegen“, sagt Rechtsanwalt Jürgen Widder, Vorsitzender des Bochumer Anwalt- und Notarvereins, zur WAZ. „Ich bin schneller und brauche die ganze Papierbewegung nicht mehr. Ich denke, da steckt viel Potenzial drin.“

Eines bleibt aber trotz der Digitalisierung der Justiz weiterhin bestehen. Minister Kutschaty: „Die Urteile werden immer noch von Menschen gemacht.“