Bochum. . Im Theater Rottstraße stellt Maximilian Strestik mit dem Nachwuchs-Ensemble eine Neudeutung von „A Clockwork Orange“ vor. Klamauk überlagert Tiefgang.

  • Die Premiere wurde frenetisch gefeiert
  • Dieser Abend ist wie ein grell leuchtendes Feuerwerk
  • Aber wenn das Knallen und Blitzen verflogen ist, bleibt der Himmel leer

Im Theater Rottstraße wurde am Wochenende mit „Clockwork Orange/Uhrwerk Orange“ ein moderner Klassiker bühnenmäßig aufgebrezelt. Maximilian Strestik hat das Stück nach Anthony Burgess und Stanley Kubrick mit dem Young’n’Rotten-Nachwuchs-Ensemble eingerichtet. Die Premiere wurde frenetisch gefeiert, aber dieser Theaterabend ist zwiespältig.

„Clockwork Orange“ handelt von einem gewalttätigen Jugendlichen, Alex, der mit seiner Gang randalierend und vergewaltigend durch die Stadt zieht. Es scheint, als hätte der Horror ein Ende, als Alex schließlich ins Gefängnis kommt. Doch da fängt er erst an: der Junge wird einer brutalen Gehirnwäsche unterzogen, an deren Ende er mechanisch (wie ein Uhrwerk) funktioniert, aber seinen menschlichen, natürlichen Antrieb (dafür steht die Orange) verloren hat. Als er frei kommt, wird er von allen gepeinigt, wie er sie gepeinigt hat. Nur, dass er sich nicht mehr wehren kann. Buch und Film strotzen vor Gewalttätigkeit, und doch ist „Clockwork Orange“ eine Anklage gegen den gesellschaftlichen Verlust der Menschlichkeit.

Läuterung, Hoffnung, Verzeihen

Strestik folgt dem Werk und seiner Geschichte, aber eben auch der Notwendigkeit, ein Stück aus der Vergangenheit (50 Jahre alt) neu anzupacken; schließlich ist das heutige Publikum anders sozialisiert als jenes der 60er/70er Jahre. So macht er nicht den Fehler, den kultigen 1971er Kubrick-Film zu zitieren, sondern verlegt sich auf eine pädagogisch wertvolle Botschaft „Man kann in Kinder nichts hineinprügeln, aber vieles herausstreicheln“: Läuterung, Hoffnung, Verzeihen werden möglich.

Die Atmosphäre der Angst und Beklemmung, auch die (stilisierte) Gewalt wird vom jugendlichen Ensemble ohne große Wackler herausgearbeitet, auch die schreckliche Atmosphäre bei der Gehirnwäsche wird gut gemeistert. Dass Alex von zwei Spielern verkörpert wird, dass die Beethoven-Musik von damals durch Michael Jackson und Jimi Hendrix ersetzt wird – okay.

Doch stellt sich der Abend mit solchen Regietheater-Gimmicks letztlich selbst ein Bein, in dem er die anfangs spürbare Ernsthaftigkeit nach und nach dem Klamauk opfert. Witze werden gesetzt, Klimbim veranstaltet, wo es eigentlich nichts zu lachen gibt. Der Bewährungshelfer kommt als schmierige Karikatur, der Minister tuntig übertrieben ‘rüber. Am Ende tanzen und rappen Alex und alle Peiniger und Gepeinigten munter, das Publikum johlt und trampelt. So what?

Dieser Abend ist wie ein grell leuchtendes Feuerwerk. Aber wenn das Knallen und Blitzen verflogen ist, bleibt der Himmel leer.