Bochum. . Seit 20 Jahren ist Michael Goede Kantor und Organist der Stiepeler Dorfkirche. Zu Ostern hat er viel zu tun. 14-Stunden-Tage sind da keine Seltenheit.

Wer Michael Goede an seinem Arbeitsplatz besuchen will, sollte klein und drahtig sein – und nicht so ein langer Schlacks wie ich. „Stoßen Sie sich nicht den Kopf“, rät Goede, ehe es eine unglaublich enge Wendeltreppe hinauf auf die Empore geht. Goede nimmt die Treppe flink wie ein Wiesel. Einmal oben angekommen, hält er kurz inne und strahlt. „Für mich“, sagt er, „ist dies der schönste Arbeitsplatz der Stadt. Ach was, der Welt!“

Seit 20 Jahren ist Goede (43) Kantor und Organist der Stiepeler Dorfkirche. Schon sein Vater Rainer war Kirchenmusiker einer Gemeinde in Ansbach (Mittelfranken), da war der Weg für den jungen Musiker schnell vorgezeichnet. Anfangs spielte er Klavier und schwenkte schließlich auf die Orgel um. „Ich hab mir mein Schicksal also selber gewählt“, meint er.

Die Kirschner-Orgel

Goedes ganzer Stolz ist die Kirschner-Orgel, die seit 2004 in der Dorfkirche erklingt. Für den ohnehin nicht sonderlich üppigen Kirchenraum reiche die Orgel völlig aus, sagt der Organist. „Sie hat 15 Register. Damit kommt man bis in die Romantik hinein, auch Werke der deutschen Moderne lassen sich damit spielen.“ Bei allzu wuchtigen Symphonien würde die Orgel hingegen an ihre Grenzen stoßen. „Das schafft sie nicht.“

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Während der Feiertage muss Goede die Stufen zu seiner Orgel öfter erklimmen, denn zu Ostern ist der Kantor im Dauereinsatz. 14-Stunden-Tage sind da keine Seltenheit. „Die Vorbereitungen auf die Feiertage beginnen eigentlich schon Anfang des Jahres“, sagt er. Damit für die Festgottesdienste auch die passenden Noten gefunden werden, verbringt Goede viel Zeit bei Recherchen. „Das geht nicht ohne Notenwühlen im Archiv. Und geübt werden müssen die Stücke natürlich auch.“

Hauptaufgabe des Kantors ist es, die österliche Glaubenszeit vom Tod bis zur Auferstehung, von der Trauer bis zur großen Freude in all seinen Facetten musikalisch auszuschmücken. „Diese Extreme will ich ausloten“, so Goede. Dazu gehört, dass die Orgel am Vormittag des Karfreitags schweigt: Dann sitzt Goede mit der Gemeinde im Saal, singt und erinnert sich dabei an den Ursprung seines Berufs.

Kantor als Vorsänger

Denn was heutzutage nicht mehr jeder weiß: Als „Kantor“ wird eigentlich der Vorsänger oder der Chorleiter im Gottesdienst bezeichnet. „Auch Johann Sebastian Bach war eigentlich nur Thomaskantor in Leipzig.“ Heute übernimmt der Kantor auch das liturgische Orgelspiel und verschwindet dafür oftmals auf seiner Empore.

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Von Jürgen Boebers-Süßmann

In all ihrer Pracht erklingt die Orgel dann zur Feier der Osternacht am Samstag: „Das fängt zunächst leise an und steigert sich dann mit Pomp und Getöse.“ Goede ist darauf bedacht, für den Festgottesdienst stets neue Stücke zu finden, damit sich möglichst wenig wiederholt. „Mir steht dafür die Musikgeschichte der letzten 1000 Jahre zur Verfügung – und es ist immer wieder eine Freude, darin zu stöbern“, sagt er. In Zeiten des Internet geht das übrigens einfacher: Während er früher massig Verlagskataloge wälzen musste, genügt heute ein Klick – und die Noten sind in seinem Einkaufswagen.