Bochum. . Stadtwerke Bochum modernisieren Anlage und Fernwärmenetz für insgesamt 59 Millionen Euro. Es ist ihre bislang größte Investition in der Stadt.

Strom und Wärme liefert es schon seit einiger Zeit wieder. Nun ist das modernisierte Heizkraftwerk Hiltrop auch offiziell wieder am Netz. Gemeinsam mit Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz drückten die Stadtwerke-Geschäftsführer Bernd Wilmert und Dietmar Spohn den roten Startknopf.

Viereinhalb Jahre von der Projektierung bis zur Ausführung hat die Modernisierung der 1974 erbauten Anlage gedauert. „Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass es sich um das größte Investitionsprojekt der Stadtwerke hier am Standort Bochum handelt“, so Bernd Wilmert.

Gestiegener Gesamtwirkungsgrad

59 Millionen Euro hat die Stadttochter investiert, davon 47 Millionen Euro in die Runderneuerung des Kraftwerks. Eingebaut wurde im Jahr 2013 eine 116 Tonne schwere Gasturbine und gut ein Jahr später eine 38 Tonnen schwere Dampfturbine. Sie bilden das Herzstück des Kraftwerks. Weitere zwölf Millionen Euro wurden in die 4,5 km lange Fernwärme-Transportleitung investiert, die vom Kraftwerk zur Fernwärmestation an der Bergstraße führt.

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Technisch und ökologisch bringt die Modernisierung enorme Vorteile. „Wir haben den Gesamtwirkungsgrad gegenüber der Altanlage von 78 auf über 88 Prozent gesteigert. Das heißt, wir nutzen die eingesetzte Primärenergie Erdgas zu 88 Prozent“, so der Technische Geschäftsführer Spohn. 7700 Tonnen CO2 weniger werden jährlich durch die neue Anlage und die modernisierte Leitung ausgestoßen. Ein wichtiger Beweggrund für die Investition sei aber auch die Förderung nach dem Kraftwärmekopplungsgesetz gewesen, so Wilmert. Die Stadtwerke erhalten für mehr als 30 000 Betriebsstunden des Kraftwerks eine Förderung von 28 Millionen Euro.

Fernwärmeabsatzvon mehr als 500 Millionen Kilowattstunden

Mit einem Fernwärmeabsatzvon mehr als 500 Millionen Kilowattstunden pro Jahr gehören die Stadtwerke zu den größten Fernwärmeversorgern im Revier. Bei der Modernisierung wurden 1,8 km Rohrleitungen verbaut, 4000 Schweißnähte gesetzt und 30 Tonnen Kupferkabel eingebaut.

Aus Sicht der Oberbürgermeisterin ist das Projekt „ein klarer Bestandteil des Energie- und Klimaschutzkonzepts der Stadt Bochum.“ Sie kündigt an, das 2002 entwickelte, 2009 fortgeschriebene und nun überarbeitete Klimakonzept werde nach der Sommerpause vorgestellt. „Mit dieser Konzeption wollen wir Energieeinsparungen in privaten und städtischen Gebäuden erzielen, den Ausbau erneuerbarer Energie vorantreiben und klimaschonende Mobilität unterstützen.“

Die große und die kleine Hertha 

Viele Anzüge, viele Helme, viele Worte – aber auch gelöste Stimmung. Nach der erfolgreichen Modernisierung des Heizkraftwerks Hiltrop gebe es Grund zum Feiern, so Stadtwerke-Geschäftsführer Bernd Wilmert bei seiner Begrüßung von knapp 150 Gästen. Und er ließ wissen, dass die oft als nüchtern oder gar spröde geltenden Ingenieure weitaus mehr Fantasie haben als ihnen nachgesagt wird.

„Die vergangenen Jahre habe mich gelehrt, dass die Kollegen in den technischen Abteilungen eine große Portion Kreativität mitbringen, wenn es um die Namensgebung ihrer Maschinen geht“, so Wilmert. Der 116 Tonnen schweren Dampfturbine gaben sie sinnigerweise den Namen Hertha, da sie 2013 an „ihrem Namenstag“, dem 2. Dezember, erstmals eingespeist wurde. Und als exakt ein Jahr später die nur 38 Tonnen schwere Gasturbine ebenfalls erstmals in Betrieb ging, wurde sie kurzerhand „kleine Hertha“ getauft, nachdem möglichen Alternativen nicht wirklich überzeugt hatten.

Kraft-Wärme-Kopplung ist Domäne der Stadtwerke

Hergestellt wurden die beiden Maschinen in Schweden und Bielefeld. Aber auch lokale Ingenieurs- und Technikerkunst ist verbaut worden. Die Armaturen für die weit verzweigten Rohrleitungen lieferten nämlich die beiden weltweit tätigen Hersteller Bomafa und Klaus Union.

Ein Blick auf die „kleine Hertha“, Gasturbine (l.) und Generator im neuen Teil des modernisierten Heizkraftwerks.
Ein Blick auf die „kleine Hertha“, Gasturbine (l.) und Generator im neuen Teil des modernisierten Heizkraftwerks. © Dietmar Wäsche / FUNKE Foto Serv

Mit der Erneuerung setzt der heimische Energieversorger einen längt eingeschlagenen Weg konsequent fort. „Kraft-Wärme-Kopplung ist eine absolute Domäne der Stadtwerke. Wir als kommunale Energieversorger leisten damit einen zentralen und kosteneffizienten Beitrag zum Klimaschutz vor Ort“, so Geschäftsführer Dietmar Spohn. KWK sei neben den Erneuerbaren Energien Klimaschutztechnologie Nummer eins. „Daher brauchen wir für KWK-Anlagen verlässliche Rahmenbedingungen und Investitionsanreize“, so Spohn. Die Rahmenbedingungen sind derzeit schwierig. Denn seit 2011, als die Entscheidung für die Millionen-Investition getroffen wurde, ist der Strompreis von 60 Euro je Megawattstunde auf 32 Euro gefallen.

Das Kraftwerk Hiltrop, weithin sichtbar durch seine erhöhte Lage, den orangenen Anstrich des Gebäudes und den gelben Schornstein, wurde 1975 in Betrieb genommen und trägt rund 50 Prozent der Fernwärmeversorgung in Bochum. Etwa 3500 Immobilien mit insgesamt 20 000 Wohnungen werden von Hiltrop aus mit Wärme versorgt. Nicht zuletzt durch die Erneuerung konnten die Stadtwerke ihren Umsatz bei den Heizkraftwerken im ersten Quartal 2015 von 891 000 Euro auf 4,56 Millionen Euro steigern