Bochum. . Ein bürokratisches Problem verzögert den Transport von Medikamenten und Kleidung in die Partnerstadt. Das Bochumer Haus hilft Senioren in Donezk.
Zum eisigen, osteuropäischen Winter könnten Bedürftige in Donezk Sachspenden aus der Partnerstadt Bochum besonders gut gebrauchen. Aber ein Hilfstransporter mit Medikamenten und Kleidungen kann weiterhin nicht in die Ost-Ukraine fahren – obwohl die Sammelstelle der Gesellschaft Bochum-Donezk an der Herner Straße bereits seit mehreren Monaten voll ist.
Als Grund für die Verzögerung nennt Jutta Kreutz, Vorsitzende der Gesellschaft, ein bürokratisches Problem: „Da es zu gefährlich wäre, mit einem Lkw durch Donezk zu fahren, müssten die Spenden zur Hafenstadt Mariupol südlich der umkämpften Stadt gebracht werden. Dort könnten Flüchtlinge versorgt werden, die bereits aus dem Kriegsgebiet geflohen sind, oder Waren zwischengelagert werden, um sie anschließend mit kleineren Wagen nach Donezk zu bringen. In Mariupol ist der Sozialfonds, mit dem die Gesellschaft Bochum-Donezk zusammenarbeitet, aber nicht als Empfänger für humanitäre Hilfe registriert. Fehlt die Registrierung, ist ein Transport auf legale Weise nicht möglich. „Die Papiere müssen erst erstellt werden. Und das dauert“, sagt Kreutz.
Besonders Rentner leiden Not
Seit über 20 Jahren fahren die Transporte nach Donezk drei bis viermal im Jahr. 2014 konnte bisher nur ein Lkw Spenden liefern. Neben den Transporten leistet auch das Bochumer Haus mit ambulanter Pflege seit Jahren Hilfe in Donezk. Von dort aus betreuen neun Mitarbeiter bis zu 175 Senioren und Angehörige in ihren Wohnungen.
Pfleger riskieren ihr Leben
Seit Kiew keine staatlichen Gelder mehr nach Donezk fließen lässt, um die von Rebellen besetzten Gebiete wirtschaftlich zu schwächen, leiden besonders Rentner Not. Denn in diesen Gebieten werden keine Renten mehr ausgezahlt. Ruheständler aus Donezk müssen ihren Wohnsitz in einer anderen Stadt anmelden, um ihre Rente zu erhalten. Für pflegebedürftige Menschen, die kaum laufen können, ist das ein großes Hindernis. „Es gibt Leute, die in ihren Wohnungen verhungern“, erzählt Manfred Schmidt, Pastor im Ruhestand und Unterstützer des Bochumer Hauses. Das Bochumer Haus befindet sich im schwer umkämpften Gebiet nahe Flughafen und Bahnhof. Allerdings – so Schmidt, der telefonisch im Kontakt mit der Leiterin der Einrichtung steht – sei es noch nicht von den Separatisten entdeckt worden. „Irgendwann werden sie aber kommen und Inventur machen“, befürchtet er. Bis dahin setzten die Pfleger ihre Arbeit fort – auch wenn sie bei der täglichen Fahrt durch Donezk ihr Lebens riskieren.
Bund hat ein Auge auf den Transport in die Ukraine
Das Aussetzten der Bochumer Hilfstransporte beschäftigt auch Berlin: Laut dem Bochumer SPD-Bundestagabgeordneten Axel Schäfer sehe man auch seitens des Bundes die Notwendigkeit, Initiativen wie die Transporte der Gesellschaft Bochum-Donezk zu unterstützen. Im Auswärtigen Amt wisse man Bescheid um die Hilfe aus Bochum. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) werde sich bei einem Besuch in Kiew diese Woche für ein Gelingen weiterer Hilfsaktionen einsetzten, sagt Axel Schäfer.
Der SPD-Mann selbst habe versucht über die Deutsche Botschaft in der Ukraine die Registrierung zu beschleunigen, auf welche die Gesellschaft Bochum-Donezk wartet. So stehe der deutsche Generalkonsul bereits im Kontakt mit Mariupol, um die Papiere schneller zu bekommen – „mit Erfolg“, so Schäfer. Mit etwas Glück könne noch im Laufe dieser Woche der Startschuss für die Hilfstransporte gegeben werden.
Eine weitere Hilfsmöglichkeit bestehe darin, Menschen aus der Region Donezk zu bringen. Jedoch könne man nicht die komplette Stadt evakuieren. Die Leute, die in Donezk bleiben – besonders die Rentner ohne Geld – bräuchten deswegen dringend Medikamente und Kleidung. Axel Schäfer: „Es gilt eine humanitäre Katastrophe zu verhindern“.