Bochum. Union Berlin hat Bochum nach dem Urteil im „Fall Drewes“ scharf kritisiert, jetzt wehrt sich der VfL - und ist von anderen Klubbossen „irritiert“. Stellungnahme und Einordnung.

Der VfL Bochum wehrt sich nun doch öffentlich gegen die „teils inhaltlich, teils rechtlich unzutreffenden Äußerungen und Vorwürfe des 1. FC Union Berlin“ nach dem Urteil des DFB-Sportgerichts am vergangenen Donnerstag. Es habe „vielerorts eine völlige Umkehr der Täter-Opfer-Rolle stattgefunden“, teilte der Verein am Montag in einer Stellungnahme mit. Eigentlich wollte sich der Klub vorerst nicht gegen Vorwürfe in einem schwebenden Verfahren äußern - doch die bundesweite Lawine mit Kritik am VfL stimmte den Klub um. Er bezog Position in sachlicher Art und Weise und ohne Personen namentlich anzugreifen.

VfL Bochum: Auftakt verpatzt – neuer Stürmer im Anflug?

weitere Videos

    Der Fall: Deshalb urteilte das Gericht für den VfL Bochum

    VfL-Torwart Patrick Drewes war beim Spiel in Berlin (1:1) Mitte Dezember von einem Feuerzeug am Kopf getroffen worden und konnte nicht weiterspielen, Bochums Wechselkontingent war ausgeschöpft. Die Partie endete mit einem Nichtangriffs-Pakt, Bochum legte Einspruch ein. Das Gericht folgte der VfL-Argumentation, wertete das Spiel mit 2:0 für den VfL. Es stellte nach mehrstündiger Verhandlung mit zahlreichen Zeugen klar, dass Drewes nicht mehr einsatzfähig, eine Schwächung gegeben war. Schiedsrichter Martin Petersen hätte die Partie abbrechen müssen, das Gericht sprach wegen des Nichtangriffs-Paktes von einem „Quasi-Abbruch“.

    Die Attacken: So wütete Union-Boss Zingler

    Heidenheim - Union 2024/25
    Union Berlins Präsident Dirk Zingler teilte auch gegen den VfL Bochum mächtig aus. © Matthias Koch | Matthias Koch

    Union-Präsident Dirk Zingler hatte Bochum und den DFB scharf attackiert: „Der eigentliche unsportliche Skandal hat nach dem Ereignis auf dem Rasen und heute vor Gericht stattgefunden“, hatte Zingler bereits am Donnerstag erklärt und am Samstag, als seine Berliner in Heidenheim 0:2 verloren, vor zahlreichen Mikrofonen nachgelegt. Die Umwertung in einen Bochumer Sieg sei „vollkommen an den Haaren herbeigezogen“, wütete Zingler. Bochum habe den Vorfall genutzt, „um sich einen sportlichen Vorteil zu verschaffen“.

    So reagierte Bochum nach Becherwurf-Spiel

    Der VfL betonte, er habe „diesen bedauerlichen Vorfall nicht gesucht“ und „zu keiner Zeit mit dem Finger auf die Union-Verantwortlichen gezeigt, Schuldzuweisungen getätigt oder Vorwürfe erhoben“. Auch, weil man selbst wegen eines Einzeltäters bestraft worden sei.

    Hintergrund: Beim Spiel gegen Mönchengladbach im März 2022 war Schiedsrichter-Assistent Christian Gittelmann von einem Bierbecher getroffen worden. Die Partie wurde abgebrochen, das Spiel mit 2:0 für die Gäste gewertet, der VfL erhielt u.a. eine Geldstrafe (100.000 Euro). Er entschuldigte sich damals umgehend bei Gittelmann, akzeptierte das Urteil. Union entschuldigte sich bei Drewes nicht.

    VfL Bochum: „Lassen uns nicht provozieren“

    Bochum sei nach dem Skandalspiel seiner Pflicht gegenüber seinen Fans und Mitgliedern nachgekommen, weiteren Schaden vom Verein abzuwenden, begründete Bochum den Einspruch. Urteil wie Berufung von Union habe man „zur Kenntnis“ genommen, man werde sich nun „zum Schutz seiner Spieler nicht provozieren oder reizen lassen und bis zum finalen Urteil keinerlei Kommentare zu einem schwebenden Verfahren abgeben“, so der Klub.

    Heidenheims Klubchef: Bochum „greift nach letztem Strohhalm“

    In zahlreichen Talkshows und im Rahmen der Bundesliga-Spiele übten auch andere Fußballbosse und Talk-Gäste wie Stefan Effenberg und Mario Basler Kritik. Der Präsident des FC St. Pauli, am Mittwoch nächster Gegner des VfL (18.30 Uhr, Ruhrstadion), Oke Göttlich, hielt das Urteil ebenso für falsch wie Augsburgs Sportdirektor Marinko Jurendic und Heidenheims Vereinschef Holger Sanwald. Auch Hoffenheim sieht dies so. Bochum griffe „nach dem letzten Strohhalm“, sagte Sanwald.

    VfL Bochum irritiert über Äußerungen Unwissender

    Der VfL zeigte sich irritiert über die Äußerungen anderer Verantwortlicher, die „weder vor Gericht dabei waren noch die detaillierten Sachverhalte, die Stellungnahmen der Beteiligten oder die vollumfängliche Urteilsbegründung kennen“. Letztere liegt nach unseren Informationen noch gar nicht vor.

    Die Statuten lassen es allerdings zu, dass nicht direkt beteiligte Vereine - neben Union Berlin - Berufung gegen das Urteil einlegen können. Die Frist endet am Donnerstag. Die Sitzung des DFB-Bundesgerichts dürfte im Februar stattfinden. Nach dem Urteil könnte Union als dritte und letzte Instanz das Ständige Schiedsgericht der DFL anrufen. Zingler hatte erklärt, „alle Instanzen“ nutzen zu wollen.

    News und Hintergründe zum VfL Bochum

    Die komplette Stellungnahme des VfL Bochum:

    „Aus aktuellem Anlass möchte der VfL Bochum 1848 auf die anhaltenden, teils inhaltlich, teils rechtlich unzutreffenden Äußerungen und Vorwürfe des 1. FC Union Berlin reagieren, die der Klub im Nachgang der Entscheidung des DFB-Sportgerichts vom vergangenen Donnerstag getätigt hat. Dort wurde dem Einspruch des VfL gegen die Wertung des Bundesliga-Spiels zwischen Union und dem VfL vom 14. Dezember 2024 (1:1) stattgegeben und die Partie mit 2:0 für die benachteiligte Gastmannschaft gewertet, nachdem Torhüter Patrick Drewes von einem Feuerzeugwurf aus dem Union-Block am Kopf getroffen wurde und im Anschluss nicht mehr einsatzfähig sowie das Wechselkontingent bereits erschöpft war.

    Der VfL hält fest, dass er diesen bedauernswerten Vorfall nicht gesucht hat und die Situation – aufgrund eines Einzeltäters bestraft zu werden – aus eigener Erfahrung kennt. Auch deshalb hat der Verein zu keiner Zeit mit dem Finger auf die Union-Verantwortlichen gezeigt, Schuldzuweisungen getätigt oder Vorwürfe erhoben, sondern ist lediglich seiner Pflicht gegenüber den eigenen Fans und Mitgliedern nachgekommen, die Interessen des Vereins zu wahren und weiteren Schaden abzuwenden.“

    VfL Bochum: Wer betroffen sein könnte? „Spekulation“

    Das DFB-Sportgericht hat vergangene Woche beim Prozess in Frankfurt in Anwesenheit des Kontrollausschusses alle Tatsachen und Beweise gesammelt, die Fakten bewertet und ein Urteil gesprochen, welches unserer Rechtsauffassung entspricht. Dies haben wir zur Kenntnis genommen, genau wie die anschließende Berufung durch Union Berlin. Dass dadurch Nachteile für Unbeteiligte entstehen können, liegt in der Natur der Sache, ist in den Verbandsstatuten des DFB und anderer Sportverbände aber so vorgesehen. Wer und in welcher Form betroffen sein könnte, ist ebenso reine Spekulation wie mögliche Folgen in den Fankurven, die jedes erdenkliche Urteil mit sich gebracht hätte.

    Mit Verwunderung haben wir zudem zur Kenntnis genommen, dass sich nun auch andere Klubverantwortliche äußern, obwohl sie weder vor Gericht dabei waren noch die detaillierten Sachverhalte, die Stellungnahmen der Beteiligten oder die vollumfängliche Urteilsbegründung kennen. Und auch wenn inzwischen vielerorts eine völlige Umkehr der Täter-Opfer-Rolle stattgefunden hat, wird sich der VfL zum Schutz seiner Spieler nicht provozieren oder reizen lassen und bis zum finalen Urteil keinerlei Kommentare zu einem schwebenden Verfahren abgeben. Wir akzeptieren das Regelwerk des DFB und haben volles Vertrauen, dass die Sportgerichtsbarkeit dies weiterhin korrekt anwenden wird.“

    +++ Wir berichten täglich über den VfL Bochum - jetzt auch auf Instagram! Folgen Sie uns für Videos und Fotos, Meinungen und News - hier geht es zum Account +++