Bochum. Hans-Peter Villis lässt seine Ämter beim VfL Bochum vorerst ruhen. Im Verein herrscht derzeit große Unruhe. Die Hintergründe.
Es brodelt gewaltig beim VfL Bochum! Als wäre die sportliche Situation mit nur einem Punkt aus sieben Spielen und mit dem schweren Programm in den nächsten vier Wochen nicht schon schwierig genug, herrscht nun auch hinter den Kulissen große Unruhe, die darin gipfelte, dass der langjährige Aufsichtsrats- und Vorstandsvorsitzende Hans-Peter Villis in einer Sitzung der Gremien am späten Mittwochabend seine Ämter vorerst ruhend stellte. Was diese Redaktion vorab vermelden konnte, machte der Verein am Donnerstagmittag öffentlich. Villis habe „darum gebeten, seine Ämter in beiden Gremien aus gesundheitlichen Gründen bis auf Weiteres ruhen zu lassen“, teilte der Verein mit. Wie diese Redaktion erfuhr, soll eine Erkrankung des 66-Jährigen allerdings nicht der Hauptgrund gewesen sein. Vielmehr geht es um Machtspiele im Hintergrund.
Vorerst werden die Posten von Villis nicht nachbesetzt, sondern von seinen bisherigen gewählten Stellvertretern Uwe Tigges und Martin Volpers im Verein ausgeübt. In der ausgegliederten Kapitalgesellschaft, also für den Profifußball, übernimmt Tigges vorerst. „Wir müssen jetzt enger zusammenrücken, wir können es nur gemeinsam schaffen“, sagte Tigges am Donnerstag in einer Medienrunde. Nur so könne das Überleben des Klubs sichergestellt werden. Allerdings zeichnet sich nach Informationen dieser Redaktion hinter den Kulissen ein anderes Bild. Auch das VfL-Magazin berichtet von Differenzen.
Aufsichtsrat: Streitpunkt Trainer Peter Zeidler
Das siebenköpfige Präsidium, das am Sonntag die Entscheidung traf, Trainer Peter Zeidler und Sportdirektor Marc Lettau freizustellen, ist seit Wochen zerstritten. Vor allem das Trainerthema soll in den vergangenen Wochen zum Bruch beigetragen haben. Einige Mitglieder schützten Peter Zeidler lange, auch wenn intern wie extern die Kritik zunahm. Andere - dazu zählte Villis - waren von Beginn an nicht für eine Verpflichtung von Zeidler. Villis hatte wie berichtet Andre Breitenreiter favorisiert.
Statt die Reihen zu schließen, wurden Konfrontationen zuletzt nicht gescheut, heißt es. Es werde versucht, die Gunst der Stunde für eigene Zwecke zu nutzen. Sogar ein Misstrauensvotum gegen Villis stand nach Informationen dieser Redaktion zur Debatte. Innerhalb des Gremiums hatte sich eine Gruppe aus vier Mitgliedern – Volpers und Tigges gehören demnach dazu – gegen Villis gestellt. Die zwei weiteren Mitglieder hätten sich als Schlichter eingesetzt, weshalb es zur Kompromisslösung gekommen sei, dass Villis vorerst seine Ämter ruhen lässt.
Dieser Darstellung allerdings widersprachen Volpers und Tigges am Rande des Medientermins am Donnerstag vehement. „Peter ist an uns herangetreten und wollte seine Ämter aus gesundheitlichen Gründen ruhen lassen“, sagte Tigges. Zu Interna wolle er sich nicht weiter äußern. Volpers betonte, dass ihm Ämter nicht wichtig seien und verschiedene Meinungen sogar dazu beitrügen, in die richtige Richtung zu gehen. Es gehe ihm nur um den Verein und darum, dass dieser in allen Belangen positiv in die Zukunft geführt werde. Auch mit Villis. Dieser könne schließlich jederzeit in seine Ämter zurückkehren, wenn es ihm gesundheitlich besser gehe.
Die Präsidiums- und Aufsichtsratssitzung am Mittwochabend sei schon vor sechs Monaten terminiert worden. Die Jahresabschlüsse standen thematisch auf der Tagesordnung, Mitte Dezember steigt die Mitgliederversammlung, sie dürfte turbulent werden. Zudem ging es aus der Dynamik heraus nun um die sportliche Situation.
VfL Bochum: Kaenzig sucht Trainer und Sportdirektor
Das Chaos auf der Führungsebene des VfL Bochum lässt die ersten Sponsoren bereits besorgt auf die Unruhen im Verein blicken. Und auch im sportlichen Bereich schlägt es sich derzeit nieder. Derzeit ist Ilja Kaenzig als alleiniger Geschäftsführer nun auch dafür zuständig, einen neuen Sportdirektor und einen neuen Trainer zu suchen. Zusammen mit dem Präsidium habe er sich auf fünf konkrete Punkte geeinigt, die den Verantwortlichen bei diesen Personen wichtig seien. Diese würde jetzt mit verfügbaren Kandidaten abgeglichen. Offen ist allerdings, ob zunächst ein Trainer oder ein Sportdirektor kommen soll – und ob die gerade erst umgebaute Struktur im Verein sogar wieder aufgebrochen wird. Denn auch ein Geschäftsführer Sport ist plötzlich wieder im Bereich des Möglichen. Diese Position wurde nach dem Ausscheiden von Patrick Fabian im Sommer eigentlich gestrichen. „Es gilt Tempo, Tempo, Tempo“, sagte Kaenzig zur Suche nach neuem sportlichen Führungspersonal.
Fehler der Vergangenheit sollen dabei nicht wiederholt werden. Bei der Auswahl von Zeidler hätten von Beginn an nicht alle gänzlich hinter der Entscheidung gestanden. „Wir machen nur etwas, wenn wir uns darüber zu 100 Prozent einig sind“, sagte Kaenzig am Donnerstag. Dies sei die Erkenntnis aus den turbulenten vergangenen Tagen und Wochen. Ob sich alle im Verein allerdings in naher Zukunft als Einheit verstehen, bleibt fraglich.