Hautacam. Was für eine Show von Vincenzo Nibali! Der Italiener demütigt bei der letzten Bergankunft der 101. Tour de France die Konkurrenz und feiert seinen vierten Etappensieg. Der Gesamterfolg ist ihm damit wohl sicher.
Im Nebel von Hautacam hat Vincenzo Nibali der Konkurrenz zum Abschied aus den Pyrenäen eine demoralisierende Lektion erteilt und den entscheidenden Schritt zu seinem ersten Tour-Triumph gemacht.
Der 29-jährige Sizilianer stürmte im Stile seines Vorgängers Marco Pantani mit beeindruckender Leichtigkeit die bis zu zehn Prozent steilen Rampen hinauf und beseitigte mit seinem vierten Etappensieg bei der 101. Frankreich-Rundfahrt letzte Zweifel am ersten italienischen Gesamtsieg seit 1998.
Nur ein Sturz auf den letzten 400 Kilometern könnte die Nibali-Krönung noch verhindern. Das Gelbe Trikot liegt für den 29 Jahre alten Italiener, der die Tour de France mit soviel Kalkül und Cleverness dominiert wie kaum ein Vorgänger, am Sonntag in Paris zur Abholung bereit. Damit tritt er in die Fußstapfen des 2004 gestorbenen Pantani, der vor 17 Jahren für den letzten italienischen Gesamtsieg gesorgt hatte. Zugleich steht er nach dem Gewinn der Vuelta (2010) und des Giro (2013) vor seinem Hattrick.
Solofahrt über 145 Kilometer
Am Donnerstag hatte der Astana-Kapitän noch eine Zugabe in petto und gewann mit einer beeindruckenden Klettershow die 18. Etappe in der Skistation Hautacam. Nibali triumphierte nach 145,5 Kilometern als Solist 1:10 Minuten vor dem Tageszweiten Thibaut Pinot (Frankreich). Der bisherige Gesamtzweite Alejandro Valverde (Spanien) verlor fast zwei Minuten. In der Gesamtwertung liegt Nibali jetzt 7:10 Minuten vor Pinot. Dritter ist Jean-Christophe Peraud (Frankreich/7:23), gefolgt von Valverde (7:25).
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Einen derart großen Vorsprung hatte letztmals Lance Armstrong 2002 gegen Jan Ullrich herausgefahren. In dieser Verfassung hätten wohl auch die mit Stürzen ausgeschiedenen Top-Favoriten Chris Froome und Alberto Contador große Schwierigkeiten gegen Nibali gehabt.
10,5 Kilometer vor dem Ziel attackierte Vuelta-Sieger Horner aus der Favoritengruppe heraus, dem Tritt des 42 Jahre alten Amerikaners folgte nur noch Nibali. Und gut 700 Meter später setzte der Astana-Kapitän noch einen drauf und ließ Horner am Berg regelrecht stehen. Auch die noch vor ihm liegenden Ausreißer kassierte er im Expresstempo.
Den Kampf gegen die Uhr am Samstag über 54 Kilometer in Périgueux muss Nibali auch nicht fürchten. Vielmehr dürfte er auf Valverde und Peraud weiteren Boden gutmachen, gilt er doch als besserer Zeitfahrer. Der Tagessieg scheint dann aber fest für den dreimaligen Weltmeister Tony Martin gebucht zu sein. Sein zweiter Tagessieg bei der Tour 2014 ist in Périgueux fest eingeplant.
Michael Rogers gewinnt erste Pyrenäen-Etappe
Der australische Radprofi Michael Rogers hat die erste von drei Pyrenäen-Etappen der 101. Tour de France gewonnen. Der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister holte sich auf dem 16. Teilstück am Dienstag nach 237,5 Kilometern von Carcassonne nach Bagnères-de-Luchon den Sieg als Solist vor dem Franzosen Thomas Voeckler und Wasil Kirijenka aus Weißrussland. Rogers war ursprünglich mit 20 Fahrern ausgerissen, ehe er sich am Port de Balès absetzen konnte und seinen ersten Tour-Etappensieg holte. Das Gelbe Trikot des Gesamtersten verteidigte der Italiener Vincenzo Nibali erfolgreich. Der Astana-Kapitän liegt weiter 4:37 Minuten vor dem Spanier Alejandro Valverde.
Nibalis Team erfüllt seinen Job
Früh hatte sich auf der letzten Hochgebirgs-Etappe über zwei Anstiege der höchsten Kategorie - darunter den Tour-Klassiker Tourmalet (2115 Meter) - eine 20 Fahrer große Ausreißergruppe gebildet. Aber diesmal hielt Nibali nicht still. Sein Team, in den vergangenen Tagen manchmal im Finale nicht präsent, brachte Nibali immer näher an die Spitze heran. So konnte der "Hai von Messina" am Schlussanstieg nach Hautacam nach Belieben schalten und walten. Nicht einmal eine kurze Behinderung durch eine Zuschauerin konnte ihn aufhalten.
Die Tour-Entdeckung Leopold König vom deutschen NetApp-Team konnte ihren Top-Ten-Platz halten. Der 26 Jahre alte Radprofi aus Tschechien kann weiter von mindestens Platz neun in Paris träumen, weil er auch im Zeitfahren am Samstag keine Rückstände gegen seine direkten Konkurrenten befürchten muss. Der Deutsch-Australier Heinrich Haussler vom Schweizer IAM-Team gab das Rennen wegen Magenbeschwerden auf. (dpa)