St. Etienne. Für John Degenkolb zahlt sich die Quälerei nach seinem schweren Sturz einfach nicht aus. Der Thüringer verpasst in St. Etienne erneut seinen ersten Tour-Etappensieg knapp, nachdem er vom Italiener Trentin ausgebremst wurde. Den Sieg holte sich der Norweger Alexander Kristoff.

Alle Mühe war umsonst: John Degenkolb ist bei seiner persönlichen Tour der Leiden auch in der brütenden Hitze von St. Etienne auf dem Weg zum ersten Etappensieg ausgebremst worden. Trotz der großen Unterstützung seines Giant-Shimano-Teams reichte es für den in der vergangenen Woche noch schwer gestürzten Thüringer auf der zwölften Etappe nach 185,5 Kilometern im Massensprint nicht zum erhofften Erfolg, nachdem er vom Italiener Matteo Trentin fast in die Seitenabsperrung gedrängt worden war. Degenkolb kam völlig aus dem Tritt und landete auf Platz 13. Den Sieg holte sich der norwegische Mailand-San-Remo-Gewinner Alexander Kristoff vor Peter Sagan und dem französischen Meister Arnaud Demare.

Trentin wurde wegen seiner Unsportlichkeit aus der Wertung genommen, was Degenkolb kaum trösten konnte. Bereits am Vortag hatte er Pech, als ihm beim Sieg des französischen Ausreißers Tony Gallopin nur wenige Meter gefehlt hatten und "nur" Platz zwei herausgesprungen war. Damit lässt die Einstellung des deutschen Rekordes von sechs Tagessiegen wie 1977 und 2013 noch auf sich warten. Degenkolbs Teamkollege Marcel Kittel hatte bislang dreimal gewonnen, außerdem fuhren André Greipel und Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin je einen Tagessieg ein.

Nibali weiter in Gelb

An der Spitze der Gesamtwertung musste sich Vincenzo Nibali dagegen einen Tag vor der ersten Alpenetappe keiner Angriffe auf das Gelbe Trikot erwehren. Der 29-Jahre alte Italiener, der am Freitag auf dem Weg zur Bergankunft nach Chamrousse zum zehnten Mal das Leadershirt auf seinen Schultern tragen wird, liegt weiter 2:23 Minuten vor dem Australier Richie Porte. Der Spanier Alejandro Valverde ist 2:47 Minuten zurück Dritter.

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Die Überführungsetappe nach St. Etienne, wo bereits Marcus Burghardt (Zschopau) vor sechs Jahren gesiegt hatte, war noch einmal eine Angelegenheit für die schnellen Männer. Die beiden deutschen Topsprinter Kittel und Greipel waren aber nicht vertreten. Kittel musste frühzeitig abreißen lassen, Greipel kam 3,5 Kilometer vor dem Ziel zu Fall, woraufhin er noch auf dem Rad mit dem Sturz-Verursacher Sylvain Chavanel schimpfte. "Wir sind hier nicht beim Ringen oder Boxen. Ich weiß nicht, was das soll. Ich habe ihn bislang eigentlich als fairen Sportsmann kennengelernt", sagte Greipel. Für Kristoff war dagegen der Weg frei. "Ein brillanter Erfolg" sei es gewesen, meinte Kristoff, "zumal ich keinen Sprintzug habe und auf mich alleine gestellt bin."

Degenkolb blieb damit die Entschädigung für die großen Schmerzen verwehrt, mit denen er sich fast eine Woche lang über die Landstraßen Frankreichs gequält hatte. Am Mittwoch vergangener Woche war er auf der gefürchteten Kopfsteinpflaster-Etappe nach Arenberg zweimal gestürzt und hatte dabei eine Einblutung des Gesäßmuskels erlitten. Bei jeder anderen Rundfahrt wäre er nach Hause gefahren, hatte Degenkolb kundgetan. Für ein klein wenig Tour-Ruhm will er sich aber quälen.

Talansky tritt gar nicht mehr an

Sein Giant-Shimano-Team hatte Degenkolb dabei bestens in Szene gesetzt und großen Anteil daran, dass eine Ausreißergruppe wieder eingeholt wurde. Den ursprünglich fünf Flüchtlingen, die zwischenzeitlich mehr als fünf Minuten voraus fuhren, hatte auch David de la Cruz vom deutschen NetApp-Team angehört. In einer Kurve gut 90 Kilometer vor dem Ziel kam der Spanier aber unglücklich zu Fall und musste das Rennen mit einem Schlüsselbeinbruch aufgeben.

Gar nicht mehr zur zwölften Etappe angetreten ist US-Radprofi Andrew Talansky, der vor der Rundfahrt noch zum erweiterten Favoritenkreis gezählt worden war. Der im Verlauf des Rennens dreimal gestürzte Kapitän des US-Teams Garmin-Sharp hatte mit starken Rückenschmerzen schon am Mittwoch 32:05 Minuten auf Tagessieger Gallopin eingebüßt.

Immerhin bleibt Talansky die Leidenstour in den Bergen erspart. Am Freitag wartet die erste Bergankunft der höchsten Kategorie, wenn der 18,2 Kilometer lange und durchschnittlich 7,3 Prozent steile Schlussanstieg nach Chamrousse bewältigt werden muss. Dann dürfte sich auch zeigen, ob dem Italiener Nibali überhaupt noch ein Fahrer gefährlich werden kann. (dpa)