Wuppertal. . Der Doppel-Weltmeister von 2009 hat sich nach seiner Zwangspause wieder komplett dem Schwimmen verschrieben. Am Ende des Comebacks stehen die Spiele in Rio. Bei den Deutschen Kurzbahn-Meisterschaften in Wuppertal dreht sich alles um ihn.
Als Paul Biedermann den Pressesaal der Wuppertaler Schwimmoper betrat, schaute er mit überraschtem Blick in die Runde. „Ich hätte nicht gedacht, dass so viele Journalisten kommen“, sagte der 27-Jährige, „ich nehme mich gar nicht so wichtig.“ Aber bei den Deutschen Kurzbahn-Meisterschaften dreht sich von Freitag bis Sonntag alles um das Comeback des Weltrekordlers über 200 und 400 Meter Freistil.
Wegen einer verschleppten Virusinfektion musste Biedermann seit fast einem Jahr pausieren. Jetzt kehrt er zurück. Mit großer Lust, aber auch viel gelassener als vor der Zwangs-Auszeit. Nach der Ausheilung seines Infekts hat er monatelang nur das gemacht, wozu er Lust hatte. Es war ein neues Leben ohne Schinderei im Kraftraum, ohne kilometerlanges Kachelzählen im Chlor-Wasser. „Ich konnte das Leben ganz anders genießen“, sagt der Doppel-Weltmeister von 2009. Was meint er? „Ich habe mir einen großen Wunsch erfüllt und bin zum größten Heavy-Metal-Festival nach Wacken gefahren.“
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Es ist nur ein Beispiel aus seiner Stippvisite in ein anderes Leben.
Biedermann gibt zu, dass er in den vergangenen Jahren nur von Training zu Training gedacht hat. Für Dinge abseits des Beckens blieb wenig Zeit. „Alles relativiert sich“, sagt er, „die Schwimm-Welt ist so klein. Das heißt aber nicht, dass ich sie für unwichtig halte.“
Doch jetzt beendet er den Ausflug in das süßere Leben. Freiwillig. Aus fester Überzeugung. Der Gedanke, für immer dem Schwimmen Adieu zu sagen, hat sich für ihn trotz aller neuen Erkenntnisse nie wirklich gestellt. Biedermann hat sich natürlich hinterfragt. War es das jetzt? Beginnt jetzt ein neues Kapitel? „Ich habe in der Pause nicht nur gemerkt, dass mir etwas fehlt“, sagt er, „Schwimmen ist die Sportart, die ich am meisten liebe und am besten kann. Ich bin zweimal Fünfter bei Olympischen Spielen geworden. Mit diesen Ergebnissen will ich meine Karriere nicht beenden.“
Also ist er wieder zurück ins Rad gestiegen, also quält er sich wieder Tag für Tag. Die Rückkehr war nicht einfach. Auch ein Weltrekordler geht nicht einfach ins Wasser und schwimmt wieder so schnell wie vor der Pause. Die Konkurrenz ist heiß, den Weltrekordler und Weltmeister bei den nationalen Titelkämpfen zu besiegen. Am Freitag über 200, am Sonntag über 400 Meter Freistil.
Etappenziel Heim-EM
Biedermann weiß nicht, wozu er schon in der Lage ist. Er ist allerdings davon überzeugt, dass er international noch nicht ganz vorne mithalten kann. Deshalb wird er auch nicht bei der Kurzbahn-Europameisterschaft im Dezember in Dänemark auf den Startblock steigen. „Ich brauche den Wettkampf in Wuppertal als Standortbestimmung. Mit neuen Erkenntnissen steige ich dann sofort in die Vorbereitung auf die Europameisterschaft im kommenden Sommer in Berlin ein“, sagt er. Auf die Heim-EM ist er schon „ganz heiß“.
Allerdings muss sich Biedermann auf den Höhepunkt der Saison 2014 ohne seine Lebensgefährtin Britta Steffen vorbereiten. Die Doppel-Olympiasiegerin von Peking 2008 beendete nach der verkorksten WM in Barcelona im August ihre Karriere. Steffen studiert jetzt Human Resource Management in Halle, wohin sie der Liebe wegen gezogen ist. „Wenn sie von der Uni kommt, erzählt sie viel“, sagt Biedermann, „das ist eine große Bereicherung für mich. Schwimmtraining ist stumpfsinnig. Da ist es schön, wenn man sich mal mit etwas anderem beschäftigt.“
Während Britta Steffen immer Sport und Studium verbunden hat, setzt Paul Biedermann voll auf die Karte Sport. Alles ist auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro ausgerichtet. Dort will er noch einmal richtig angreifen. Bis dahin will er alles andere hintenan stellen. „Nach Rio werde ich die Badehose endgültig an den Nagel hängen und nur noch duschen.“