Bochum. . Finals bei den Ruhr Games in Bochum: Franziska Ritter aus Wuppertal ist alte und neue Deutsche Meisterin im Speed-Klettern und knackt Rekord.
Schon das Aufwärmen ist ein Hingucker. Da steht Jan Hojer und rudert mit den Armen. Hände und Unterarme lässt er umeinanderkreisen, als würde er eine Auswechslung beim Fußball anzeigen. Ein bisschen erinnert es an den Tanz zu „Stayin Alive“ von den Bee Gees. Dann schnellt sein rechter Arm noch einmal nach oben. Jan Hojer plant keine Karriere als Animateur oder Fußballtrainer. Der 29-Jährige ist einer der besten Kletterer Deutschlands – und so sieht es aus, wenn er vor seinem Start bei der Deutschen Meisterschaft im Speed-Klettern die Route nach oben noch einmal im Kopf durchgeht, seinen Körper auf das vorbereitet, was gleich kommt.
Kletter-Star Jan Hojer verpasst den DM-Titel
Am Samstagmorgen sah man diesen Bewegungsablauf im Bochumer Ruhrstadion bei vielen Athleten. Wo der VfL Bochum bald in der Fußball-Bundesliga seine Heimspiele bestreiten wird, finden an diesem Wochenende als Teil der Finals 2021 die Deutschen Meisterschaften in den Kletter-Disziplinen Speed und Bouldern statt. Die ersten Entscheidungen fielen am Samstag im Speed.
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Franziska Ritter aus Wuppertal gewann ihren dritten Titel in Serie vor Sandra Hopfensitz (Augsburg) sowie Julia Koch (Köln) und stellte einen deutschen Rekord von 8,162 Sekunden auf. Bei den Männern machte Linus Bader (Neu-Ulm/7,422) das Rennen vor Thorben Perry Bloem (Braunschweig) und Sebastian Lucke (Konstanz). Kletter-Star Hojer wurde Fünfter.
Kletter-DM ist eingebunden in die Ruhr Games
Weil die DM in Bochum eingebettet in das Programm der Ruhr Games – Europas größtes Jugend-Sportfestival – ist, werden im Stadioninnenraum auch im Judo, Stabhochsprung, Beachvolleyball sowie auf dem BMX oder Skateboard Topleistungen gezeigt.
Die wenigen Zuschauer, die dabei sein durften, staunten aber auch nicht schlecht darüber, wie scheinbar mühelos die Athletinnen und Athleten die Kletterwand hochliefen. Denn genau das machen sie in dieser Kletter-Disziplin: Sie jagen die 15 Meter hohe und um fünf Grad nach vorne geneigte Wand hinauf als mache es keinen Unterschied, dass sie nicht in der Waagrechten, sondern in der Senkrechten unterwegs sind. Der Wettkampf ist simpel: Es treten immer zwei Sportler zeitgleich nebeneinander an. Wer zuerst oben ist, gewinnt. Die Route, die durch rote Griffe vorgegeben wird, ist immer identisch. Wirklich immer.
Weil es nur um Geschwindig- und nicht etwa um Geschmeidigkeit geht, ist diese Teildisziplin eine Art Stiefkind der Kletterer. Doch bei der Olympia-Premiere im Sommer in Tokio ist sie Teil des Dreikampfes aus Speed, Bouldern (Klettern in Absprunghöhe) und Lead (am Seil an der langen Wand) – auch die, die nicht zu größten Fans gehörten, mussten sich für eine Olympia-Teilnahme also damit anfreunden. Wie etwa Tokio-Fahrer Jan Hojer, der als ehemaliger Weltcupsieger und Europameister vor allem für seine Boulder-Kunst und Leistungen am Fels bekannt ist.
Ritters Ziel: Bei Olympia 2024 in Paris klettern
Anders sieht es bei Franziska Ritter aus. Der 18-Jährigen, die mit acht Jahren ihre ersten Wettkämpfe bestritt, liegt der Sprint in die Höhe – auch wenn sie sich zwischen Bouldern und Speed als Lieblingsdisziplin „nicht entscheiden möchte“. „Ich kann verstehen, dass viele Speed nicht mögen, weil es einfach so völlig anders ist als normales Klettern“, sagt sie. „Aber für den Wettkampf ist es genau richtig.“
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Die Wuppertalerin absolviert gerade ihr erstes Jahr im Weltcup der Erwachsenen. Während sie national schon ganz oben angekommen ist, gehe es für sie darum, noch Erfahrungen auf internationalem Topniveau zu sammeln. „Mein Ziel ist Olympia 2024 in Paris“, sagt sie. Da wird Speed nämlich erstmals als eigenständige Disziplin im Programm stehen. Und Franziska Ritter will dann schneller als anderen die Wände hochlaufen.