Doha. Am Mittwoch starten die Zehnkämpfer in die Leichtathletik-WM. Das Urteil des Franzosen Kevin Mayer über Ausrichter Katar ist vernichtend.

Der König ist in der Stadt. Er hat seinen Palast bereits besucht. Auch die umliegenden Anlagen hat er getestet. Sein erstes Urteil ist vernichtend: „Wir können alle sehen, dass es eine Katastrophe ist.“ Kaum jemand kommt, der dem König zujubeln könnte. Überhaupt die Hitze – keine royalen Temperaturen.

Kevin Mayer ist der König der Athleten. Weltmeister im Zehnkampf. Und er ist nach Doha gereist, um das auch zu bleiben. Im Khalifa-Stadion will er am Mittwoch (ab 15.35 Uhr/ZDF) und Donnerstag (ab 15.35 Uhr/ARD) bei der Leichtathletik-WM in Katars Hauptstadt seinen Titel verteidigen. Doch wirklich gerne macht er das offenbar nicht: „Wir haben hier definitiv nicht die richtigen Bedingungen, um Leistung zu zeigen.“

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Am Ende, davon ist auszugehen, wird der 27 Jahre alte Franzose es doch tun. Er ist nicht nur Weltmeister, er hält seit dem vergangenen Jahr auch den Weltrekord.

Kazmirek und Kaul deutsche Hoffnungsträger

Kai Kazmirek, WM-Dritter von 2017, weiß: „Kevin ist eine Liga für sich. Er hat eine völlig andere Trainingsmethode als alle anderen. Er trainiert fast nur Kraft und Sprünge, kaum Technik, kaum Ausdauer.“ Auch Niklas Kaul, Deutschlands 21 Jahre alte Zehnkampf-Hoffnung, winkt schnell ab: „Kevin kann sich nur selbst schlagen.“

Die deutsche Hoffnung aus Mainz: Niklas Kaul
Die deutsche Hoffnung aus Mainz: Niklas Kaul © imago images / Eibner Europa

Der Mainzer Kaul tritt als aktuell bester Deutscher bei seiner ersten WM bei den Erwachsenen an. Mit 8572 Punkten ist er die Nummer zwei der Welt hinter dem Kanadier Damian Warner. Niklas Kaul sagt: „Als Zweiter der Weltjahresbestenliste fährst du natürlich nicht hierhin, um Achter zu werden.“ Aber: „Wenn Kevin für seine Verhältnisse gut durchkommt, dann ist er nicht zu schlagen. Dann ist Gold weg, aber Silber und Bronze? Da ist alles möglich. Die Weltspitze ist dicht beisammen.“

Die Turbokarriere des Mainzers Niklas Kaul

Sollte Niklas Kaul sich anschicken, bei dieser Wüsten-WM eine Medaille zu gewinnen, es wäre der vorläufige Höhepunkt einer Turbokarriere. Schon lange gilt er als das vielversprechendste deutsche Zehnkampftalent. 2018 machte der frühere U20-Welt- und Europameister erstmals auf großer Bühne auf sich aufmerksam. Nach einer Verletzung von Kazmirek wurde er für die Heim-EM in Berlin nachnominiert. Beim Sieg des Ulmers Arthur Abele – Mayer schlug sich selbst, patzte im Weitsprung – ließ er sich vom Publikum mittragen und wurde starker Vierter.

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Seitdem hat der deutsche Zehnkampf ein Gesicht für die Zukunft – und eigentlich auch schon eines für die Gegenwart. Neben dem 28 Jahre alten Kazmirek (Rhein-Wied) und dem 24-jährigen Tim Nowak (Ulm) ist Kaul der jüngste im deutschen WM-Team. Vizeweltmeister Rico Freimuth (31) fehlt nach einem Jahr Auszeit ebenso verletzt wie Abele (33).

Generationenwechsel bei deutschen Zehnkämpfern

Bundestrainer Christopher Hallmann sagt: „Auf Niklas baue ich in den nächsten Jahren fest, er hat seine Karriere langfristig auf den Sport ausgelegt.“ Nebenbei studiert Kaul Sport und Physik auf Lehramt.

Und wie lebt es sich so als deutscher Hoffnungsträger? „Darum mache ich mir wenige Gedanken“, sagt Kaul. „Mir geht es zunächst darum, bei der WM was zu erreichen.“ Aber dann lässt er sich doch entlocken: „Rico war jahrelang das Gesicht des deutschen Zehnkampfs. Nach dem Generationenwechsel wird man sehen, wer die Lücke füllen wird, wenn er nach Olympia in Tokio 2020 aufhört.“

Niklas Kaul vielleicht? Der 21-Jährige lacht. „Als Außenstehender würde ich sagen: vielleicht. Ich mache den Sport aber nicht wegen der Aufmerksamkeit, sondern wegen des Sports.“

Kauls Ziel: Die Olympia-Teilnahme

Und den beherrscht er verdammt gut. Seine stärksten Disziplinen sind vor allem der Speerwurf sowie der 400- und der 1500-Meter-Lauf. Nach acht Disziplinen, sagt er, „zieht eigentlich keiner mehr an mir vorbei“. Gerade zum 1500-Meter-Lauf, der den Athleten noch einmal alles abverlangt, verbindet Niklas Kaul eine Hassliebe. „Spaß macht der keinem Zehnkämpfer, aber er wird ein bisschen erträglicher, wenn man ihn ganz gut kann.“

Auch wenn Kauls Konzentration zunächst der WM in Doha gilt, so bleibt sein großes Ziel die Olympia-Teilnahme. Die Norm hat er schon in der Tasche. Aber ist er schon erfahren genug für diese Herausforderung? „Das beste Zehnkampfalter liegt zwischen 24 und 29 Jahren“, sagt Kaul. „Als Frank Busemann Olympia-Zweiter wurde und auf seinem Höhepunkt war, war er allerdings erst 21.“ Genauso alt wie Niklas Kaul jetzt.