Düsseldorf. . Ruwen Filus ist einer der besten deutschen Tischtennisspieler. Doch sein Leben bestimmt seine Tochter Marie. Sie ist krank, braucht eine teure Therapie. Die wurde ihr nun durch Spenden ermöglicht.
Eigentlich müsste das Leben von Ruwen Filus derzeit nur um eines kreisen: die Vorbereitung auf die Tischtennis-Weltmeisterschaft in Düsseldorf (29. Mai bis 5. Juni). Der 29-Jährige, den Bundestrainer Jörg Roßkopf als den besten Allrounder der Welt beschreibt, startet im Einzel und im Doppel. Er hat sich gegen interne Konkurrenz durchgesetzt, ist laut Roßkopf in einer „herausragenden Form“.
Auch interessant
Doch im Leben von Ruwen Filus dreht sich schon lange nicht mehr alles nur um den Sport. Der Grund ist drei Jahre alt und heißt Marie.
Am 14. April 2014 kommt die Tochter von Ruwen und Verena Filus zur Welt. Doch während und nach der Geburt geht etwas schief: Sauerstoffmangel, Marie bekommt zu wenig Luft. Keine 20 Sekunden ist sie auf der Welt, da wird sie den Eltern weggenommen. „Man hat schon gesehen, dass sie leicht blaugräulich aussah“, erinnert sich Ruwen Filus, „doch Näheres wurde uns zunächst nicht gesagt.“ Eine furchtbare Situation. Es folgen künstliches Koma, Vollbeatmung, Bluttransfusion, Magensonde. Die Ärzte sprechen von Hirnschäden, raten zur Nottaufe, falls Marie die Nacht nicht überlebt. Doch Ruwen und Verena Filus entscheiden sich dagegen. „Wir waren uns sicher: Sie schafft das“, sagt der Vater.
Das Schlucken macht Probleme
Mit den Ärzten machen sie einen Plan: Erhalten sie in der Nacht keinen Anruf, ist alles in Ordnung. Das Telefon klingelt nicht. Marie überlebt. Drei Tage später stabilisiert sich ihr Zustand. Am neunten Tag muss sie nicht mehr beatmet werden. Marie erholt sich.
Auch interessant
Natürlich wissen die Eltern, dass ihre Tochter nie ein Leben führen wird, das gemeinhin als normal gilt. Doch sie setzen alles in Bewegung, um Maries Entwicklung zu fördern. Von den pessimistischen Diagnosen der Ärzte, Marie könne wohl niemals alleine krabbeln, laufen, essen, hören lässt sich die junge Familie nicht einschüchtern. Eher motivieren. So ist Marie nach vielen Operationen und Therapien ein aufmerksames Kind, nimmt ihre Umgebung wahr, rollt und robbt sich fröhlich durch die Wohnung.
Nur das Schlucken macht Probleme. Und ein „spastisches Muster“ im Bein. Ruwen Filus benutzt solche Begriffe kaum anders als Worte wie Aufschlag oder Schmetterball. Sie sind sein Alltag.
Boll und Ovtcharov helfen
Helfen soll Marie eine Delfin-Therapie. Dafür riefen Bekannte zu einer Spendenaktion auf. Worüber sich Ruwen Filus ganz besonders freut: In der Tischtennis-Szene, unter seinen Freunden und Kollegen, schlug die Aktion große Wellen. Stars wie Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov versteigerten Trikots – die Einnahmen kamen Marie zugute. Der Bundesligist TTC Schwalbe Bergneustadt, für den er selbst nie spielte, hat sogar ein Benefizturnier für seine Tochter veranstaltet. So etwas tut natürlich unheimlich gut: zu wissen, dass auch die Tischtennis-Familie mithilft. „Da muss man schon staunen, dass teilweise unbekannte Leute so etwas organisieren“, sagt er in großer Dankbarkeit. Das Ergebnis des Zusammenhalts: Die Therapie, die 10 000 Euro kostet, ist finanziert, rund 6000 Euro zusätzlich stehen sogar noch für Flug und Unterkunft zur Verfügung. Am 21. Juni fliegt die Familie in die Karibik nach Curacao. Das langfristige Ziel: „Marie ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Dass sie den Alltag ohne Hilfe bewerkstelligen kann.“
Auch interessant
Doch vor dem Flug wartet die WM. Filus will ins Achtelfinale. Dafür hat er hart trainiert. „Tischtennis ist immer noch mein Beruf. Jeder andere müsste ja auch zur Arbeit.“
Nur manchmal verspürt er Wehmut. Dann, wenn er andere Familien mit kleinen Kindern sieht. „Da fragt man sich dann natürlich schon, warum es alles anders kommen musste.“ Doch den Gedanken schiebt Ruwen Filus schnell beiseite. Den Mut werde er nicht verlieren. Seine Frau und er wünschen sich ein zweites Kind.