München. . Olympiasieger Severin Freund will mit Platz eins beim Vierschanzen-Wettbewerb seine Karriere krönen. Es wäre der erste deutsche Gesamtsieg seit 2002.
Severin Freund hat im September die 64. Vierschanzentournee mit dem deutschen Flieger-Team schon mal durchgespielt. Die vier Wettkämpfe in Oberstdorf, Garmisch-Partenirchen, Innsbruck und Bischofshofen. Die Fahrten, die schnellen Schanzenwechsel. Sogar in den gleichen Hotels wie in den anstehenden Tournee-Tagen hat der deutsche Vorflieger gewohnt. „Wir haben alles simuliert, was man simulieren kann. Es war eine coole Woche“, sagt Bundestrainer Werner Schuster.
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Das zeigt, wie wichtig dieser Skisprung-Wettbewerb für Severin Freund ist. Für das Skispringen in Deutschland überhaupt würde ein Erfolg einen Schritt nach vorne bedeuten, denn seit dem Grand-Slam-Erfolg von Sven Hannawald vor 14 Jahren gab es keinen deutschen Gesamtsieg mehr. Der Gewinner von 2002 selbst glaubt, dass sich das diesmal ändern könnte. „Severin Freund hat inzwischen so viele Erfahrungen und so viele Erfolge. Das Gesamtpaket bei ihm stimmt. Er muss es einfach passieren lasse“, sagt Hannawald.
Freund will Leuten Freude machen
Die ganzen deutschen Skisprung-Erfolge der vergangenen Jahre würden von einem Tourneesieg in den Schatten gestellt werden. „Für den Otto Normalwintersportbegeisterten ist es das Highlight schlechthin. Rund um den Jahreswechsel haben die Leute einfach "Zeit, sich damit zu beschäftigen“, sagt Werner Schuster.
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Sieben Mal in Serie hat Erzrivale Österreich triumphiert. Diese Schmach will Severin Freund tilgen und nach dem Team-Olympiasieg, Weltmeistertiteln im Skifliegen und Skispringen sowie dem Gesamtweltcupsieg seine Karriere krönen. „Ich würde den Leuten unglaublich gerne die Freude machen“, sagt er: „Das ist allerdings einer der Titel, wo man am wenigsten selbst beeinflussen kann. Man kann nur trainieren, sich in die bestmögliche Form bringen – und dann geht es auf oder eben nicht.“
Vorzeichen so gut wie noch nie
In diesem Winter standen die Vorzeichen dafür lange so gut wie noch nie. Severin Freund gewann zwei Weltcups, doch pünktlich zur Tournee-Generalprobe in Engelberg zeigte die Tendenz mit den Plätzen sechs und acht wieder nach unten. Dafür präsentierte sich der slowenische Erzrivale Peter Prevc mit einem Doppelsieg in Überform. Freund genießt die Rolle als Herausforderer jedoch: „Die Erwartungshaltung ist, dass wir gewinnen sollen. Mehr als gewinnen geht nicht. Deshalb macht es keinen großen Unterschied, ob ich als Nummer eins oder zwei nach Oberstdorf reise.“ Auch Chefcoach Schuster bleibt gelassen: „Er ist im Soll und kann Prevc fordern.“
Freunds Form war zu diesem Saisonzeitpunkt noch nie so stabil in seiner Karriere. „Sonst habe ich immer ein bisschen gekämpft, um rechtzeitig fit zu werden, diesmal ist das komplett anders“, sagt Freund. Das hängt damit zusammen, dass er das Sommertraining umgestellt hat und sich auf die Höhepunkte Vierschanzentournee und Skiflug-WM fokussiert hat.
Genusskur für Freund
Aber reicht das aus, um mit dem riesigen Druck der über 100 000 Zuschauer an den Schanzen und der Medien umzugehen? Werner Schuster verordnet Severin Freund eine Genusskur: „Die Jungs müssen einfach mal nicht mit der Einstellung reingehen, etwas beweisen zu wollen. Sie sollen die Situation genießen, freud- und genussvoller an die Tournee rangehen.“
Der Bundestrainer sieht das als Voraussetzung für ein gutes Resultat in Oberstdorf. Hier erreichte Freund im Vorjahr den 13. Platz. Damit war der Traum vom Tourneesieg schon geplatzt. Das soll nun anders werden.