Antalya. Rot-Weiss Essen hat in Dominik Martinovic einen begehrten Angreifer verpflichtet. Sein Spielerprofil erfordert jedoch einen weiteren Transfer.

Der eine oder andere Fan von Rot-Weiss Essen fühlte sich bei der ersten Einheit des Fußball-Drittligisten im Trainingslager in Antalya an einen ehemaligen Publikumsliebling erinnert, als Dominik Martinovic (27) sich erstmals auf dem Rasen präsentierte. „Der ist ja wie Ron Berlinski“, bemerkte ein Zuschauer. Das liegt nicht nur an den leicht rötlichen Haaren und der kräftigen Statur, sondern auch an der Schnelligkeit und der Dynamik. Dass Martinovic fußballerische Vorteile gegenüber dem Ex-RWE-Stürmer besitzt, war in Ansätzen schon beim ersten Training zu erkennen.

Der Transfer des 27-Jährigen, der zuletzt in der ersten kroatischen Liga bei Slaven Belupo gespielt hat, überraschte viele Außenstehende. Schließlich waren mehrere finanzstarke Drittligisten am Deutsch-Kroaten interessiert, das Rennen machten aber die vom Abstieg bedrohten Essener. Doch ist Martinovic der Stürmer, den der Revierklub händeringend gesucht hat? Welche Stärken bringt er in das Spiel der Mannschaft von Trainer Uwe Koschinat? Eine Transferanalyse der Datenexperten von Createfootball liefert Antworten auf diese Fragen.

Rot-Weiss Essen: Stärken und Schwächen von Dominik Martinovic

Stärken:

  • Dribbling
  • Offensivzweikampf
  • Tempo
  • Tiefenläufe

Schwächen/Potenziale

  • Kopfball
  • Defensivverhalten
  • Ballbehauptung unter Druck
  • Positionierung beim Abschluss

Der Spielstil von RWE-Zugang Martinovic in der Analyse

Dominik Martinovic (vorne) stürmt nun für Rot-Weiss Essen.
Dominik Martinovic (vorne) stürmt nun für Rot-Weiss Essen. © FUNKE Foto Services | RHR-FOTO

Defensivarbeit: Hier hat der neue Essener Luft nach oben. Er beteiligt sich nur wenig an der Defensivarbeit, führte im Schnitt in den letzten Jahre gerade einmal drei Defensivduelle pro 90 Minuten und eroberte nur knappe 2,5 Bälle pro 90 Minuten. Obwohl Elversberg ein aggressives Pressing spielte, ließ die Pressing-Intensität von Martinovic zu wünschen übrig, nach Ballverlust setzte er nicht häufig genug nach. Daran wird Koschinat ansetzen.

Am Ball: Wie der angesprochene Berlinski ist Martinovic ein sehr agiler Spielertyp, der seinen Körper gut einzusetzen weiß und starke 38 Prozent seiner Offensivzweikämpfe gewinnt. Er bringt den Ball häufig per Lauf ins letzte Drittel, insgesamt sorgt er jedoch für wenig Raumgewinn, da ein Großteil seiner Läufe mit Ball vom Tor weg gerichtet ist. Er geht im Passspiel häufig ins Risiko, agiert allerdings dementsprechend ziemlich unpräzise und bringt weniger als 70 Prozent seiner Pässe an den Mann.

Rot-Weiss Essen: Martinovic kann eine Waffe werden

Martinovic steht häufig unter hohem Druck, leistet sich gegen eng am Mann verteidigende Defensivspieler aber zu viele Ballverluste. Er geht zwar mutig ins Dribbling, ist aber auch dort ziemlich ineffizient. Anders als ein klassischer Mittelstürmer kippt er regelmäßig in den Halbraum ab, starke 52 Prozent seiner offensiven Halbfeldläufe werden angespielt, Martinovic besitzt ein ausgesprochen gutes Gespür für freie Räume. Wenn es RWE gelingt, ihn dort anzuspielen, kann er eine gefährliche Waffe werden.

Rot-Weiss Essen: Martinovic erzielte einen Bestwert in der 3. Liga

Chancenkreation: Der Ex-Mannheimer besitzt eine gute Übersicht und den Mut, Läufe seiner Mitspieler anzuspielen. Martinovic spielt den Ball nach eigenen Dribblings häufig in die Tiefe und sorgt so für gute 1,2 Torschussvorlagen pro Minuten, das erklärt seine hohen Assist-Zahlen zu Mannheimer Zeiten. Dennoch ist sein Expected Assists-Wert noch ausbaufähig, da er den Ball nur selten in vielversprechende Abschlusspositionen zentral in die Box bringt.

Der neue RWE-Angreifer sorgt häufig durch eigene Tiefenläufe für Torgefahr und bekommt insgesamt 43 Prozent seiner Zuspiele in den Lauf (2022/23 Bestwert der 3. Liga!). Eine große Stärke ist seine Geschwindigkeit, er versucht häufig seinen herausragenden Top-Speed zu nutzen, um hinter die Abwehr zu gelangen, Martinovic startet seine Läufe meist auf Höhe der Abseitslinie.

Finishing: Zu Drittligazeiten in Mannheim mit enorm konstanten Scorern (58 Torbeteiligungen in 105 Partien, davon 36 Tore), seit Mai 2022 allerdings nur mit insgesamt zwei Toren. Martinovic soll und muss in Essen zu alter Form finden. 2020/21 und 2021/22 kam er häufig in Top-Abschlusspositionen (0,21 expected Goals pro Schuss) bei 2,5 Abschlüssen pro 90 Minuten, er kam oftmals zentral vor dem Tor zum Schuss.

Rot-Weiss Essen: Martinovic ist nicht kopfballstark

Das Niveau konnte er in der 2. Bundesliga nicht halten. Seit dem Wechsel nach Elversberg verschlechterte sich die Qualität seiner Torchancen deutlich (nur noch 0,09 xG pro Schuss), er blieb auch in der ersten kroatischen Liga bei Slaven Belupo glücklos. In Essen unter Koschinat sollten seine Stärken aber besser zum Tragen kommen. Er profitiert sehr von seiner Schnelligkeit und benötigt Zuspiele in die Tiefe.

Bei Waldhof Mannheim hatte RWE-Zugang Dominik Martinovic seine beste Zeit.
Bei Waldhof Mannheim hatte RWE-Zugang Dominik Martinovic seine beste Zeit. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Seine Chancenverwertung ist ausbaufähig (unterperformt seinen xG um 13 Prozent). Zudem ist Martinovic kein Flankenabnehmer, er gewinnt nur 26 Prozent seiner Kopfballduelle und kommt nach Standardsituationen nur selten zum Abschluss (11 Prozent seiner Abschlüsse).

Fazit: Wie passt Dominik Martinovic Rot-Weiss Essen?

Dominik Martinovic ist ein sogenannter „Mobile Striker“, der seine Beweglichkeit und sein Tempo ausspielt, um hinter die gegnerische Abwehrkette zu starten und dort Pässe zu empfangen. Das Anforderungsprofil eines klassischen Mittelstürmers erfüllt Martinovic damit eher nicht, am stärksten funktioniert der Deutsch-Kroate in einem Team, das aus einem tieferen Mittelfeldpressing auf Konter setzt, dort kann er seine Tiefenläufe gewinnbringend einsetzen. So haben es die Essener zuletzt unter Koschinat gegen Stuttgart II und im Test gegen den FC Emmen auch gut gespielt.

In Dominik Martinovic erhält RWE einen Stürmer, der bereits nachgewiesen hat, auf Drittliganiveau verlässlich zu treffen. In den letzten zwei Jahren musste er auf höherem Niveau ein Formtief durchlaufen. Ob der 27-jährige Tempodribbler in der Lage ist, die Essener Probleme im Sturmzentrum angemessen zu füllen, darf angezweifelt werden. RWE fehlte es in der Hinrunde in einigen Spielen an einem robusten Torjäger, der den Ball unter Druck behaupten kann und auch aus schwächeren Positionen für Tore sorgen kann.

Rot-Weiss Essen will weitere Transfers tätigen

Mit Blick auf seine ganze Karriere ist der Expected Goals-Wert von Martinovic nicht gut, was auf eine Abschlussschwäche hindeutet. Für die Position des Mittelstürmers, für die Martinovic eingeplant ist, bildet Martinovic zu sehr einen reinen Konterspieler ab und keinen Empfänger für die vielen Flanken von Brumme und Eitschberger. Das ist auch der Grund, warum Rot-Weiss Essen auf dem Transfermarkt noch aktiv werden möchte. Gesucht wird ein weiterer Mittelstürmer, nach der Verpflichtung von Martinovic ergibt das auch Sinn.