Essen. Das RWE-Team war vom Trainerwechsel geschockt - nun übernimmt Koschinat. Er erklärt, mit welchen Aufgaben er beginnt und warum er auf Dabrowskis Co-Trainer setzt.

Es gibt Geschichten, die schreibt nur der Fußball: Noch im September war Uwe Koschinat als Trainer des VfL Osnabrück beschäftigt, am Sonntag kehrt er zurück an die Bremer Brücke - hoffentlich verläuft er sich nicht. Der 53-jährige Koblenzer ist der neue Coach beim Drittligisten Rot-Weiss Essen, und er will diese Aufgabe mit vollem Elan und noch vollerem Akku angehen. Dabei stört ihn offensichtlich auch nicht, dass er nicht die allererste Wahl war.

Am Montag wurde ihm die Frage gestellt, am Dienstag ging es in die näheren Gespräche und nach einer kurzen Nacht kam am Mittwoch zu später Stunde die vertragliche Einigung zustande. Die ersten Worte des neuen Trainers auf der Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag, nachdem Koschinat beim ersten Training seinen Kader kennen gelernt hatte, waren voller Demut und Vorfreude. „Ich durfte hier bereits die ersten Eindrücke aufsaugen, ich empfinde sehr viel Vorfreude, dass mir so ein großer Verein das Vertrauen schenkt“, sagte er in seiner Antrittsrede.

Uwe Koschinat neuer Trainer des VfL Osnabrück
Schnelles Wiedersehen: Sonntag kehrt Uwe Koschinat nach Osnabrück zurück - aber als Gästecoach. © DPA Images | Friso Gentsch

Nun geht es um die optimale Einstellung für das erste Spiel ausgerechnet in Osnabrück, viel Zeit bleibt ihm dabei nicht. In den wenigen Tagen bis zum Debüt scheint der Neue vor allem erst einmal als Psychologe gefragt zu sein, schließlich war der Großteil der Mannschaft von der Trennung Dabrowskis am Montag regelrecht geschockt, diese Spieler gilt es nun sie emotional abzuholen.

Rot-Weiss Essens neuer Trainer: „Kein schlechtes Wort über den Vorgänger“

„Das war heute mein Eröffnungs-Szenario vor der Mannschaft, ein größeres Kompliment kann ein Trainer ja nicht bekommen, manche Spieler haben ja sogar eventuell Schuldgefühle, nicht alles abgerufen zu haben. Von mir wird man jedenfalls kein schlechtes Wort über den Vorgänger hören.“ Und die anderen, mit denen hat der Neue auch große Ziele: „Von denjenigen, die unter dem Vorgänger nicht so berücksichtigt wurden, verspreche ich mir, dass sie neue Energie entfalten.“

„Es macht absolut Sinn, die Expertise von Lars Fleischer und Slawo Freier tatsächlich mit einfließen zu lassen“

RWE-Coach Uwe Koschinat, der bewusst auf ein eigenes Trainerteam anfangs verzichtet.

Für Verwunderung sorgte die Entscheidung, dass der ehemalige Aufstiegstrainer von Fortuna Köln, der mit Arminia Bielefeld und dem VfL Osnabrück aber den bitteren Weg zurück in die Regionalliga gehen musste, auch das bisherige Trainerteam übernehmen wird.

Koschinat erklärt, warum er mit Freier weiterarbeitet

Schließlich ist Slawo Freier nicht nur Co-Trainer, sondern auch enger Vertrauter von Christoph Dabrowski, einen etwaigen Gewissenskonflikt schließt Koschinat aus: „Ich habe es in meiner Karriere immer so gehandhabt, dass ich bestehende Trainerteams übernommen habe, ganz bewusst, auch zu diesen möchte ich Vertrauen aufbauen. Es macht absolut Sinn, die Expertise von Lars Fleischer und Slawo tatsächlich mit einfließen zu lassen. Dann lernt man sich über das Fachliche auch menschlich kennen. Und dann gibt es ja so einen kleinen Cut im Winter, wo man entscheiden kann, ob es wechselseitig passt. Ich habe mit Slawo sofort gesprochen, es tut ihm persönlich weh, es ist auch immer eine persönliche Niederlage, weil man sich selbst fragt, was man hätte besser machen können. Slawo hat mir garantiert, dass er alles für RWE jetzt in den zwei Wochen tun wird. Und wir uns die maximale Chance geben, uns kennenzulernen.“

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Ganz so unbekannt war dem neuen Coach sein neuer Arbeitgeber nicht. Sein Berater ist in Essen ein alter Bekannter: Sportrechtler Professor Markus Buchberger, der in der Vergangenheit auch Vorstandsmitglied bei RWE war.

„Seit meiner Zeit bei Fortuna Köln arbeite ich mit Markus Buchberger zusammen, in jedem Gespräch über Fußball und meine Person war immer RWE das Thema, weil es sein Herzensverein ist. So hatte ich das Gefühl, immer gut informiert zu sein über diesen Klub. Dieses Gefühl hat sich immer extremst ausgeprägt bei den Spielen hier in Essen. Und ich durfte der Trainer sein, der das letzte Spiel im Georg-Melches-Stadion trainieren konnte, damals gegen Waldi. RWE und Fortuna Köln haben damals einen sehr ähnlichen Weg gehabt, so kriegte man ein Gefühl für den Klub, für die Menschen und für die Erwartungshaltung hier.“

Koschinat will den Menschen im Spieler sehen

Diesen Erwartungen Genüge zu tun, da hat Uwe Koschinat auch seine ganz klaren Vorstellungen: „Ich bemühe mich sehr sehr stark, den Menschen im Spieler zu sehen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass genau das am Ende zur Leistungsexplosion führen kann. Wie in allen Berufen ist es so, dass sich Typen unterscheiden: Da braucht der eine vielleicht viel Vertrauen und sehr viele persönliche Gespräche. Und ein anderer schätzt es, dass er eher in Ruhe gelassen wird. Dafür muss man ein Gefühl kriegen. Die Mischung aus klaren Vorgaben und Leitlinien - und trotzdem den Einzelnen zu sehen - das entspricht definitiv meiner Arbeitsweise.“

Und am Ende wird es wie immer darum gehen, die Spreu vom Weizen zu trennen.

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