Sotschi. Der positive Dopingtest bei der Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle hat die deutsche Sotschi-Delegation mitten in ihrer sportlichen Misere eiskalt erwischt. Der 33-Jährigen wurde bei einer Dopingkontrolle die Einnahme eines verbotenen Mittels nachgewiesen. Die Sportlerin weist die Vorwürfe zurück.

Der positive Dopingtest bei der Biathletin Evi Sachenbacher-Stehle hat die deutsche Sotschi-Delegation mitten in ihrer sportlichen Misere eiskalt erwischt. Der 33-Jährigen wurde bei einer Dopingkontrolle die Einnahme eines verbotenen Mittels nachgewiesen. Nun muss Thomas Bach bei seinen ersten Winterspielen als Präsident des Internationalen Olympischen Komitees ausgerechnet einen möglichen Dopingfall ei­nes Athleten aus seiner Heimat aufarbeiten.

Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, versucht dennoch, die Gemüter zu beruhigen. Es sei ein „singuläres Problem“, es gehe um eine einzelne Athletin. Den Vorfall „hätten wir uns gerne erspart“, fügt er noch hin­zu. Die enttäuschende Medaillenausbeute drückte schon vorher mächtig auf die Stimmung: Von seinem 30-Medaillen-Ziel ist das deutsche Team zwei Tage vor der Schlussfeier weit entfernt.

„Mich ärgert die Dummheit“

Die Sportlerin selbst bestätigte noch am Nachmittag ihren positiven Dopingtest. Das sei der „schlimmste Alptraum, den man sich je vorstellen kann“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Zu keiner Zeit habe sie bewusst gedopt, sagte sie. Nun wolle sie alles tun, um die Angelegenheit aufzuklären.

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Von Ralf Birkhan

Eine Anhörung durch die IOC-Disziplinarkommission fand bereits statt; auch das Ergebnis der B-Probe ist offenbar positiv.

Offenbar handelt es sich um den Stoff Methylhexanamin, der in Nahrungsergänzungsmitteln zu fin­den ist, die mit extremem Fettabbau werben. „Wir weisen die Mädels immer wieder darauf hin, dass sie so etwas nicht nehmen sollen. Was mich so ärgert, ist die Dummheit“, sagte Biathlon-Cheftrainer Uwe Müßiggang

IOC-Präsident Bach hatte als ei­ne seiner ersten Amtshandlungen die Rekordzahl von 2453 Doping-Tests angeordnet. In Sotschi ist es die erste positive Probe, die bekannt wurde. Es soll nach Medienberichten noch zwei weitere positive Dopingproben geben.

Eine bestätigte das Italienische Olympische Komitee: Demnach wurde bei dem italienischen Bobfahrer William Frullani das verbotene Mittel Dimethylpentylamin nachgewiesen. Er sei aus dem Olympia-Team bereits ausgeschlossen worden.

Bereits 2006 auffällige Werte

Evi Sachenbacher-Stehle war bis vor zwei Jahren als Skilangläuferin aktiv, dann aber wechselte sie zum Biathlon. Im Massenstart-Wettbewerb von Sotschi lief sie am Montag als Vierte knapp an einer Medaille vorbei. „Sie hat sich nichts vorzuwerfen. Sie verachtet sowas und würde niemals dopen“, sagte ihr Bruder Josef Sachenbacher der „Bild“-Zeitung.

Dabei wurde die 33-Jährige aus Reit im Winkl bereits 2006 mit erhöhten Blutwerten auffällig. Am Tag vor der Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Turin begann ihre fünftägige Schutzsperre, so dass sie beim Auftaktrennen der Ski-Langläuferinnen nur zuschauen durfte.

Die deutschen Biathleten in Sotschi reagierten entsetzt auf den po­sitiven Test. „Ich habe es gerade auf dem Handy gelesen. Und kann es gar nicht glauben“, sagte der ehemalige Sprint-Weltmeister Arnd Peiffer. Der für die abschließende Männer-Staffel am Samstag als Schlussläufer vorgesehene Simon Schempp stellte fest: „Ich habe es gerade mitgekriegt. Das ist ein extremer Schock. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“

Olympia-Team hart getroffen

Auch Kombinations-Olympiasieger Eric Frenzel traf die schlechte Nachricht hart. „Das ist ein ganz schöner Hammer“, sagte der 25-Jährige. Alle seien überrascht, dass es so etwas in Deutschland geben könne, da das Doping-Kontrollsystem einfach viel zu gut sei. „Von daher hat es einem schon die Füße vom Boden gezogen“, meinte Frenzel, einen Tag nach dem Silbermedaillengewinn mit dem Team der Nordischen Kombinierer.

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„Wer sich so lange mit der Dopingproblematik beschäftigt wie ich, ist so leicht nicht mehr zu schockieren“, meinte Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag. „Also ist die Nachricht weder wirklich schockierend noch überraschend.“

Skirennlauf-Star Maria Höfl-Riesch gab sich wortkarg. „Ich habe mich nicht weiter damit beschäftigt. Das will ich an meinem letzten Olympia-Tag auch nicht müssen“, meinte die dreimalige Olympiasiegerin. Dafür meldete sich Dopingexperte Werner Franke umso lauter zu Wort. „Das ist ja ein Déjà-vu“, sagte der Heidelberger Professor, der sich sofort an 2006 erinnert. Und fügt hinzu: Biathlon sei eben eine „versaute Sportart“.