Sotschi. Auch 26 Jahre nach dem letzten großen Staffelsieg können die deutschen Nordischen Kombinierer nicht gewinnen. In Krasnaja Poljana fehlen 0,3 Sekunden zum Sieg. Am Ende überwiegt nach der ersten Enttäuschung dann aber doch die Freude über Silber.
Hermann Weinbuch stapfte mit hängendem Kopf vom langen Anstieg zurück ins Stadion. Die Glückwünsche, die der Bundestrainer der deutschen Nordischen Kombinierer für die Silbermedaille im Team-Wettbewerb der Olympischen Winterspiele in Sotschi hinter Norwegen zugesprochen bekam, waren nur ein schwacher Trost. Hinter der verspiegelten Sonnenbrille konnte er ein paar Tränen der Enttäuschung nicht verbergen. Der Fluch, der auf den Deutschen bei Mannschafts-Entscheidungen liegt, konnte nicht besiegt werden. Seit nunmehr 26 Jahren warten die Zweikämpfer auf einen Sieg bei einem Großereignis.
"Eines Tages werden wir ganz oben stehen", meinte Sportdirektor Horst Hüttl und sprach den Jungs ein großes Kompliment aus. Weinbuch sagte anerkennend in Richtung Norwegen: "Die Cleverness hat gewonnen." Danach begann sofort die Analyse. "Wir hatten unsere Chance. Wir wussten, dass es zu einem Zielsprint kommen könnte und haben deshalb Fabian Rießle hinten laufen lassen. Er hat Kraft, Power und Kaltschnäuzigkeit", sagte der Coach. Bei Frenzel und Kircheisen hatte er ein Skiproblem ausgemacht. "Die Techniker haben dann sofort reagiert und noch mal umgewachst. Deshalb hatten wir in der Entscheidung konkurrenzfähiges Material", lobte der Trainer die schnelle Reaktion.
Bereits auf der Schanze hatten die Weinbuch-Schützlinge die Grundlage für den Medaillengewinn gelegt. Die DSV-Musketiere sprangen ausgeglichen und solide, die ganz große Nummer, wie sie Eric Frenzel bei seinem Olympiasieg auf der Normalschanze und auch beim Einzel von der Großschanze zeigte, blieb diesmal aus. Schuld daran waren die wechselnden Windverhältnisse, mit denen die Deutschen aber noch am besten zurechtkamen. "Das war ein sehr, sehr guter Sprungwettbewerb von uns. Wir gehen mit guten Chancen in die Loipe", sagte Co-Trainer Ronny Ackermann, und Frenzel betonte danach: "Wir wollen heute unbedingt das Gold. Die Chancen dafür sind intakt".
Frenzel noch geschwächt
Frenzel musste anlaufen. "Wir wissen nicht genau, wie Eric nach seiner Krankheit funktioniert", sagte Weinbuch und hatte Recht, denn der Champion verlor bereits auf den ersten anderthalb Kilometern die 25 Sekunden auf Norwegen. Wenigstens schaffte er es, dran zu bleiben. "Die Luft war sehr trocken, das war nicht gut für meine Lunge. Ich wollte gern einen kleinen Vorsprung halten, das hat leider nicht ganz funktioniert", meinte der zweimalige Weltmeister, der dann aber auch glücklich über Silber war. "Gold wäre zwar möglich gewesen, aber wir haben die Medaille hart erkämpft", sagte Frenzel.
Kircheisen sollte danach gegen die vermeintlich schwächsten Lauf-Konkurrenten aus Österreich und Norwegen wieder ein Loch reißen, doch das schaffte der Johanngeorgenstädter diesmal nicht. Bieler und Klemetsen verausgabten sich. "Es war sehr langsam, sehr tief. Und vielleicht hatte ich auch nicht das 100 Prozent beste Material. Da war es richtig schwer, wegzugehen", sagte der Sachse in der ARD, um dann nach seiner insgesamt neunten Silbermedaille bei Staffel-Entscheidungen etwas ernüchtert festzustellen: "Irgendetwas fehlt immer."
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Für Rydzek als dritten Läufer kam es darauf an, den starken Magnus Krog nicht entkommen zu lassen. Der versuchte es auf dem letzten Anstieg, doch der Oberstdorfer blieb dran. "Der Schnee und die Temperaturen, das ist nicht leicht. Wir kommen uns vor wie beim Sommer-Grand-Prix, nur eben in 10 Zentimeter tiefem Schnee", betonte Rydzek. Er lobte Schlussläufer Fabian Rießle, mit dem er sich im Einzel im Zielgarten noch beharkt hatte, für dessen Leistung. "Kompliment an Rio. Bei der Verantwortung so zu laufen, das war ganz stark."
Der Breitnauer, der Bronze im Einzel von der Großschanze geholt hatte, war nahe dran am ganz großen Coup. Doch sowohl der Österreicher Mario Stecher als auch der nun zweimalige norwegische Olympiasieger Jörgen Graabak verbauten ihm und damit dem deutschen Team mit taktisch cleveren Manövern die Chance zum Vorbeilaufen an rennentscheidenden Stellen. (dpa)