London. 80000 Leichtathletik-Fans im Olympiastadion und eine Milliarde Zuschauer vor den Fernsehgeräten freuen sich auf den 100-Meter-Lauf. Der jamaikanische Weltrekord-Mann Usain Bolt trifft auf seinen Landsmann Yohan Blake. Das Duell beschränkt sich nur auf die Tartanbahn.

Der Mann, der eine Legende werden will, gegen den Rivalen, der das Biest genannt wird und dies verhindern will. Usain Bolt gegen Yohan Blake: Das ist das größte Duell der XXX. Sommerspiele in London. Noch brisanter als der Zweikampf der beiden Schwimm-Superstars Michael Phelps und Ryan Lochte. 80000 Leichtathletik-Fans im Olympiastadion und eine Milliarde Zuschauer vor den Fernsehgeräten werden am Sonntag ihre gespannten Blicke auf die Tartanbahn in London richten. „Die ganze Welt wird bei diesem Rennen den Atem anhalten. Ich auch“, sagt Heinz Fütterer (80), Europameister 1954 und mit 10,2 Sekunden Ex-Weltrekordler über 100 Meter, „wenn einer Bolt vom Sprint-Sockel stößt, ist er der absolute King dieser Spiele.“

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Wer ist der schnellste Mensch der Welt? Diese Frage elektrisierte schon immer die Massen. Eine Faszination, die aber längst von einer großen Portion Skepsis überlagert wird. Kann es mit rechten Dingen zugehen, wenn ein Mensch auf zwei Beinen wie Usain Bolt bei der WM 2009 in Berlin die 100 Meter in 9,58 Sekunden zurücklegt, ohne dass er auch nur eine Spur von Erschöpfung spürt? Weltrekordler Bolt und der Weltjahres-Beste Blake, sein jamaikanischer Teamkollege, müssen mit Zweifeln an ihren unglaublichen Leistungen leben. Bolt überraschte nach seiner Gold-Vorstellung in Peking mit dem Spruch, er ziehe seine Kraft aus der heimischen Süßkartoffel. Blake spricht auch gern über seine ausgefallenen Ernährungsgewohnheiten. „Ich esse jeden Tag 16 Bananen“, sagt er, „Mein Körper verliert sehr viel Kalium, das muss ich ausgleichen. Und es funktioniert. Ich habe mehr Energie.“

Blake wurde vor drei Jahren für drei Monate gesperrt

Aber nicht immer waren es Bananen, die ihn beflügelten. Vor drei Jahren wurde er positiv auf ein Stimulanzmittel getestet und für drei Monate gesperrt. Ein Energietrunk soll der Grund gewesen sein. Ein Jahr darauf schrieb er im Alter von 19 Jahren und 197 Tagen Geschichte: Als jüngster Sprinter blieb er unter zehn Sekunden. Bei der WM 2011 rannte sich Blake endgültig in die Schlagzeilen. Als Bolt wegen eines Fehlstarts disqualifiziert wurde, holte sich Blake das für seinen Trainingskollegen reservierte Gold. „Manchmal kann man nichts dafür, wenn man positiv kontrolliert wird“, sagt der 1,80 Meter große und 76 Kilo schwere Blake. Glen Mills, der Trainer von Blake und Bolt, wird sauer, wenn es um das Thema Doping geht: „Die Medien kochen immer wieder dieses Ding hoch. Yohan hat nichts genommen. Man muss unterscheiden, ob man ein unsauberes Kaltgetränk trinkt oder mit Steroiden betrügt.“

Die beiden Giganten des Sprints könnten nicht unterschiedlicher sein. Während Bolt die schrillen Auftritte liebt und wie ein eitler Gockel über die Bahn schreitet, bevor er in den Startblock steigt, ist Blake ein zurückhaltender Typ. „Ich esse, schlafe, denke und bete für dieses Finale“, sagt Blake, „ich schließe meine Augen und träume davon. Deshalb nennt mich Usain Biest. Wenn die anderen Jungs schlafen, arbeite ich. Ich höre nie auf zu arbeiten. Selbst an Weihnachten.“Einmal jedoch, es war der 25. Juni 2009, fehlte Blake beim Training. Am Tag, als Michael Jackson starb. „Ich habe nur geweint“, sagt Blake.

Jamaikaner sind abseits der Bahn zahm

Das Duell Bolt gegen Blake beschränkt sich auf die Tartanbahn. Abseits der Piste sind sie ganz zahm. Das liegt natürlich auch daran, dass die beiden zusammen in einer Trainingsgruppe sind. In früheren Zeiten wurde vor dem olympischen Showdown mit härteren Bandagen gekämpft. Maurice Greene, der Olympiasieger von 2004, verstand es am besten, ein riesiges Ballyhoo vor dem Sprint-Spektakel zu machen, um noch mehr Aufmerksamkeit zu erheischen.

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Das haben Bolt und Blake auch gar nicht nötig. Das Interesse ist eh gewaltig. „Ich will meine Konkurrenten am Sonntag im Finale verletzen und nicht schon vorher“, sagt Blake, „egal wie das Rennen ausgehen wird, es wird sich an unserer Freundschaft nichts ändern.“ Genau diese Worte haben auch Michael Phelps und Ryan Lochte gewählt. Ihr Duell ist 1:1 ausgegangen. Auch Bolt und Blake treffen über 200 Meter ein weiteres Mal aufeinander. Aber erst einmal stehen die 100 Meter auf dem Programm. Die beiden Jamaikaner kännen es kaum erwarten.