London. Schon der Auftakt der olympischen Schwimm-Wettkämpfe in London wird ein Kracher: Es kommt zum Duell zwischen Michael Phelps und seinem US-Teamkollegen Ryan Lochte. Phelps ist der erfolgreichste Schwimmer der Geschichte, wurde aber bei der WM 2011 von Lochte besiegt.
Als Michael Phelps auf dem Podium des großen Konferenzsaales im Olympischen Pressezentrum Platz nahm, holte er eilig sein I-Phone aus der Tasche seiner Sporthose und aktivierte seine Kamera-App. "So", sagte der 27-Jährige aus Baltimore, "ihr habt jahrelang von mir Fotos gemacht, jetzt mache ich mal eins von euch." Wenn es nicht nur ein wohl kalkulierter PR-Gag war und er sich irgendwann wirklich einmal den Schnappschuss anschauen wird, dann wird er mehrere Hundert Reporter entdecken. Frauen, Männer, weiße, schwarze, dünne, dicke, alte, junge.
Wenn Michael Phelps Hof hält, dann versammelt sich die komplette Weltpresse. 14 Goldmedaillen hat der US-Schwimmer bei seinen drei Olympia-Teilnahmen bisher gewonnen. Sieben weitere könnten in London dazukommen. Der Auftakt der Schwimm-Wettkämpfe im Aquatics Centre wird gleich ein Kracher sein, denn über 400 Meter Lagen kommt es zum Duell zwischen dem erfolgreichsten Schwimmer der Geschichte und Ryan Lochte, dem Herausforderer aus dem eigenen Team, der ihn vor einem Jahr bei den Weltmeisterschaften in Shanghai nicht nur über 400 Meter Lagen, sondern auch über 200 Meter Freistil besiegte.
In Peking war Michael Phelps unschlagbar
Den ersten Zweikampf außerhalb des Schwimmbeckens hat Phelps klar für sich entschieden. Während Phelps in einer Solo-Nummer über seine Ziele in London plauderte, musste Lochte im Vorraum warten, ehe er sich die Redezeit vor der Weltpresse mit seinen Teamkolleginnen Missy Franklin, Rebecca Soni und Natalie Coughlin teilen musste.
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Ist das nicht nervend, wenn man so zweitklassig behandelt wird. US-Teamkapitänin Coughlin reagierte spontan: "Wenn Michael mit uns hier oben sitzen würde, wären wir schon längst eingeschlafen, weil ihr nur ihm Fragen stellen würdet." Ryan Lochte hatte durch die schnelle Antwort der dreimaligen Olympiasiegerin mehr Zeit zum Überlegen: "Wenn Michael bei uns ist, dann ist er ganz normal. Wir sehen ihn nicht als Berühmtheit. Er wird viel mehr beobachtet von den Medien. Das hat er sich verdient."
Vor vier Jahren in Peking war Phelps nicht dominant. Er war unschlagbar. Achtmal sprang er ins Wasser, achtmal holte er Gold, achtmal in Weltrekordzeit. Zweiflern an seinen Leistungen, die ihm Doping unterstellen, entgegnet Phelps so: "Ich drücke mich lieber in Taten als in Worten aus. Die Leute können sagen, was sie wollen. Das kümmert mich nicht." Den Rekord von 2008 wird er nicht überbieten können, weil er diesmal nur auf sieben Strecken an den Start gehen wird. Aber der 27-Jährige hat zwei andere Bestleistungen im Visier. Mit bisher 16 Medaillen (14 in Gold, zwei in Bronze) könnte er in London Larissa Latynina ablösen. Die Kunstturnerin gewann zwischen 1956 und 1964 18 Medaillen. Außerdem hat er auf seinen vier Einzeleinsätzen als erster Schwimmer die Möglichkeit, dreimal in Serie bei Olympischen Spielen ganz oben zu stehen.
Phelps zieht sich eher zurück - Lochte ist der Strahlemann
Doch Ryan Lochte will ihm zumindest bei ihren beiden direkten Duellen über 200 und 400 Meter Lagen dieses Vorhaben verderben. Vom Rennen am Samstag über 400 Meter Lagen spricht die ganze Welt. Kann der "Aquaman", der "Außergalaktische", wie Phelps vor allem von der Boulevardpresse genannt wird, seinen Nimbus in London fortsetzen oder stößt ihn der Herausforderer vom Thron? "Michael ist ein Mensch", sagt Lochte, "er ist kein Fisch oder etwas Ähnliches."
Die beiden Protagonisten sind völlig unterschiedlich. Obwohl sich Phelps am Donnerstag in London vor seiner letzten Teilnahme an Olympischen Spielen so locker wie noch nie präsentierte, ist er eher der Typ, der sich zurückzieht. Lochte, der erst drei olympische Goldmedaillen in seiner Karriere geholt hat, ist dagegen der Strahlemann, der immer gut drauf ist. Aber so verschieden die beiden Rivalen sind, so erbittert sie ihre Konkurrenz im Pool austragen, Wortgefechte haben sie in der Öffentlichkeit nie ausgetragen. "Ich habe in der Schwimm-Szene keine Feinde", sagt Lochte, "mit Michael verbindet mich eine starke Rivalität und eine großartige Freundschaft. So wird es auch nach dem Rennen am Samstag bleiben. Egal, wie es ausgeht."