Duisburg. Kaderplaner Chris Schmoldt will ein Team sehen, das wie ein Spitzenreiter auftritt. Hirsch: Ballbesitz gewinnt nicht unbedingt Spiele.

Da kommt man nun schon ins Grübeln. Zwei Tage nach dem torlosen Remis des Fußball-Regionalligisten MSV Duisburg daheim gegen die U 23 des SC Paderborn 07 meldete sich der Kaderplaner der Zebras, Chris Schmoldt, zu Wort. Der Mann, der quasi die Funktion des Sportdirektors innehat, äußert sich zu den Pfiffen, die zur Pause und nach dem Spiel zu hören waren. Schmoldt zeigt Verständnis für die Fans: „Die Zuschauer wollten sehen, wer der Tabellenführer ist und wer ein Ziel hat. Das konnten sie speziell in der ersten Halbzeit nicht.“

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Man muss weder Psychotherapeut noch Gedankenleser sein, um das zu verstehen. Schmoldt war mit dem Auftritt der Meidericher gegen den Tabellenachten ebenfalls nicht zufrieden. Seine Einschätzung steht damit im Widerspruch zur Sichtweise des Trainers: „Ich denke, es war eine absolute fußballerische Weiterentwicklung gegenüber letzter Woche.“ Hirsch bilanzierte weiter: „Ich finde, man hat eine Einheit auf dem Platz gesehen. Wir sind füreinander dagewesen. Wir haben echt fleißig verteidigt.“ Er hatte seine Mannschaft mutig agieren sehen.

Der Punkt bringe den MSV weiter – so habe man es intern gesehen und auch im Trainerteam. Dazu passt, dass Kapitän Ali Hahn seine Kameraden für die aufopferungsvolle Abwehrarbeit nach der Roten Karte gegen Can Coskun (51.) lobte. Nicht dazu passt jedoch, dass Schmoldt das Spiel vom Freitag noch einmal genau analysieren will. Bezeichnend ist ebenfalls, dass der Kaderplaner die Leistung erst nach dem Platzverweis als ansprechend empfand. Da habe die Mannschaft befreiter aufspielen können, weil mit zehn Mann ein Sieg nicht mehr Pflicht gewesen sei.

„Die Zuschauer wollten sehen, wer der Tabellenführer ist und wer ein Ziel hat. Das konnten sie speziell in der ersten Halbzeit nicht.“

Chris Schmoldt
MSV-Kaderplaner

Direkt nach der Partie habe er sich nicht äußern wollen, weil er in diesem Moment zu emotional gewesen sei, so Schmoldt. Es lohnt sich, daran zu erinnern, was der Mann in offizieller Leitungsfunktion nach dem 2:2 gegen Eintracht Hohkeppel gesagt hatte: „Wir müssen cool bleiben.“ Das fällt den Verantwortlichen des Tabellenführers angesichts von nur einem Sieg aus den letzten fünf Spielen offenbar zunehmend schwerer. Es fällt auch deshalb schwerer, weil sich der MSV im Winter mit drei erfahrenen Spielern verstärkt hat. Thilo Töpken, Dustin Willms und Max Dittgen sollten den MSV besser machen – das ist bislang jedoch nicht zu sehen.

Der Hinweis von Schmoldt, man habe nicht erkennen können, wer der Tabellenführer ist, deutet einen Richtungsstreit an: Wie soll sich der MSV auf dem Weg zum Aufstieg präsentieren? Der Trainer will – angesichts der ausbleibenden Erfolge – zurück zu den erfolgreichen Anfängen der Saison. Damals hatten die Zebras vor allem defensiv sicher gestanden und dann bei Gelegenheit ein Tor erzielt. Das sah nicht schön aus, spülte das Team aber an die Tabellenspitze. Seit dem neunten Spieltag stehen die Meidericher ganz vorn.

Frust beim MSV Duisburg: Simon Symalla (links) und Jesse Tugbenyo.
Frust beim MSV Duisburg: Simon Symalla (links) und Jesse Tugbenyo. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Von Dominanz war lange keine Rede, und zu sehen war sie eher selten. Noch am Mittwoch vor dem Paderborn-Spiel sagte der Trainer: „Man muss wissen, dass Ballbesitz nicht unbedingt Spiele gewinnt.“ Ballbesitz ist jedoch das, was man gemeinhin mit ambitionierten und den unbedingten Erfolg anstrebenden Mannschaften verbindet – mit solchen, die Tabellenführer sind und das Ziel haben aufzusteigen.

Hirsch kündigte bereits vor dem Paderborn-Spiel an, sich nicht beirren lassen zu wollen: „Natürlich sind wir mit der Punktausbeute nicht zufrieden. Ich weiß natürlich, dass bei einem so großen Verein eine Ergebniskrise aufkommt. Das ist normal. Das wussten wir vorher. Das darf mich in der täglichen Arbeit nicht beeinflussen.“

Am Sonntag ist der MSV bei der U 23 von Fortuna Düsseldorf am Flinger Broich zu Gast. Da lohnt es sich dann nicht, allein auf die Anzeigetafel zu schauen. Von Interesse ist auch: Kann man dann sehen, dass ein Spitzenreiter auch wie ein Spitzenreiter auftritt? Sei es kaltherzig abgezockt oder unwiderstehlich überlegen.