Duisburg/Dortmund. Beim ersten Regionalliga-Heimspiel des MSV treffen am Samstag zwei Welten aufeinander. Ein Ex-Stürmer des FSV Duisburg ist auch dabei.

Sebastian Tyrala kennt sich aus mit großen Kulissen. Als Jungprofi kickte er für Borussia Dortmund vor 66.000 Zuschauerinnen und Zuschauern in der dortigen Arena. Wenn er am kommenden Samstag als Trainer von Regionalliga-Aufsteiger Türkspor Dortmund zur Heimpremiere des MSV Duisburg in der Schauinsland-Reisen-Arena gastiert, werden die zu erwartenden 16.000 Menschen auf den Rängen für ihn aber dennoch etwas ganz Besonderes sein – und noch mehr für seine Mannschaft. Der erst 2000 gegründete Verein hat in den vergangenen sechs Jahren den Durchmarsch aus der Kreisliga B in die Viertklassigkeit vollzogen.

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„Das ist völlig wurscht, wenn sich da einer in die Hosen macht“, sagt der 36-jährige Coach, der seit Ende 2022 zum zweiten Mal bei Türkspor an der Seitenlinie das Sagen hat. Für ihn zählt in erster Linie das Erlebnis, das seine Akteure in sich aufsaugen sollen, das Duell mit einem Verein, der, wie Tyrala betont, „in dieser Liga ja nichts zu suchen“ hat. Es ist halt schon eine sehr ungewöhnliche Konstellation, dass es zwei vorher noch nie mit ihrer ersten Mannschaft in der Regionalliga anzutreffende Klubs, die aber aus zwei gänzlich unterschiedlichen Richtungen und damit auch Welten kommen, miteinander zu tun bekommen. Das ändert freilich nichts daran, dass Sebastian Tyrala an seiner prinzipiellen Marschroute festhält: „Natürlich fahren wir nach Duisburg, um zu gewinnen. Warum soll ich etwas anderes sagen? Wir werden jedenfalls nicht den Mannschaftsbus im eigenen Strafraum parken. Und wenn wir am Ende eine deutliche Niederlage kassieren, ist es auch nicht schlimm.“

„Das ist völlig wurscht, wenn sich da einer in die Hosen macht.“

Sebastian Tyrala
Trainer von Türkspor Dortmund

Der Mann mit den rund 300 Profieinsätzen für Borussia Dortmund, die SpVgg Greuther Fürth, den VfL Osnabrück, Rot-Weiß Erfurt und den FSV Mainz 05 weiß, dass sein Verein nach einem schier kometenhaften Aufstieg jetzt erst einmal am Limit angekommen ist. Plötzlich die Nummer zwei der Stadt hinter dem großen BVB zu sein, davon konnte vor nicht allzu langer Zeit noch nicht einmal jemand bei Türkspor träumen. Dass diese Entwicklung den Verein überrollt hat, zeigt ein Blick auf dessen Homepage. Dort liest man seit einem Jahr: „Der Wartungsmodus ist eingeschaltet. Site will be available soon. Thank you for your patience!“

Weit weg von Zuhause: Türkspor muss seine Heimspiele in Velbert austragen.
Weit weg von Zuhause: Türkspor muss seine Heimspiele in Velbert austragen. © FUNKE Foto Services | Stefan Rittershaus

Geduld müssen Spieler und Verantwortliche auch bei der Frage mitbringen, wann es denn mal wieder ein Punktspiel in der eigenen Stadt geben kann. In der Oberliga durfte man noch auf dem heimischen Mendeplatz kicken, dem jedoch für die Regionalliga die Tauglichkeitserklärung verweigert wurde. Eine andere Möglichkeit innerhalb der Dortmunder Grenzen gab es nicht. „Das ist schon enttäuschend und traurig, dass eine große Stadt wie Dortmund da nichts zu bieten hat. Leider besteht da halt nullkommanull Interesse an anderen Vereinen außer dem BVB. Dabei ist die vielzitierte ,echte Liebe‘ doch gerade im Amateursport zu finden“, sagt Sebastian Tyrala leicht verbittert. Ausweichen sollte man dann zunächst ins Hagener Ischelandstadion, doch weil auch dort erst Umbaumaßnahmen vorgenommen werden müssen, ist der Klub nun ins Niederbergische Land übergesiedelt und trägt seine Heimspiele im Stadion Velbert aus. „Für unsere Verhältnisse ist es dort absolut top“, so Tyrala, der bei der Premiere am vergangenen Samstag immerhin ein 1:1 gegen den Wuppertaler SV verbuchen konnte. Den Zuspruch fand er dabei ordentlich: „Von den 1700 Zuschauern waren 1100 Wuppertaler, der Rest von uns.“

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Dass es, was die Unterstützung von den Rängen angeht, am Samstag in Duisburg kein Duell auf Augenhöhe geben wird, ist dem Coach völlig klar: „Da wird eher niemand mit der Trommel oder der Fahne dabei sein, das muss sich bei uns noch entwickeln. Aber es werden ganz sicher viele Freunde und Familienangehörige unserer Spieler dabei sein, die sich das nicht entgehen lassen wollen.“ Lächelnd fügt Tyrala hinzu: „Von mir werden das auch so um die 30 Leute sein, vielleicht ein paar mehr.“ Die werden ihm die Daumen drücken, damit bei seinem vierten Gastspiel in der Schauinsland-Arena mal etwas Zählbares herausspringt. Als Spieler musste er drei Niederlagen mit dem VfL Osnabrück (1:4) und Rot-Weiß Erfurt (0:2 und 2:3) hinnehmen.

Ibrahim Bulut (2. von rechts), früher Torjäger beim FSV Duisburg, stürmt nun viertklassig für Türkspor Dortmund.
Ibrahim Bulut (2. von rechts), früher Torjäger beim FSV Duisburg, stürmt nun viertklassig für Türkspor Dortmund. © FUNKE Foto Services | Stefan Rittershaus

Einer, der den Duisburger Rasen auch noch gut kennt, ist Migel-Max Schmeling. Der frühere MSV-Jugendspieler, der es auch als Jungprofi zu einigen Einsätzen in Zebrastreifen brachte, wechselte zu Saisonbeginn vom Wuppertaler SV nach Dortmund. „Er ist mit seiner Erfahrung bei uns gesetzt und wird auch am Samstag spielen“, kündigt Sebastian Tyrala an. Eine hiesige Vergangenheit haben auch die ehemaligen MSV-U-19-Kicker Rafael Camprobin und Felix Schiffer sowie Ibrahim Bulut. Der 30-jährige Angreifer war in der Saison 2017/18 maßgeblich am Oberliga-Aufstieg des FSV Duisburg beteiligt.

Ihren großen Gegner haben die „Feierabend-Kicker“, wie Sebastian Tyrala sein Team bezeichnet, übrigens ganz zünftig beobachtet: Der 1:0-Auftaktsieg in Gütersloh wurde bei einem gemeinsamen Mannschaftsabend im Livestream verfolgt.