Witten. Wenige Sportler aus Witten hatten einen Bekanntheitsgrad wie Ex-Handball-Nationalspielerin Doris Bartsch, die mit 75 Jahren verstarb.

Die Wittener Sportszene trägt Trauer. Am Samstag verstarb im Alter von 75 Jahren die frühere Handball-Nationalspielerin Doris Bartsch. Kaum ein Sportler aus der Ruhrstadt erreichte auch nur annähernd einen Bekanntheitsgrad wie die Frau, die einst selbst die besten Mannschaften aus der Bundesliga das Fürchten lehrte.

"Sobald der Ball rollt, bin ich dabei", hatte Bartsch mal in einem WAZ-Interview über ihre große Leidenschaft zu Protokoll gegeben. "Ich verfolge alles von der Couch aus oder in der Halle." Und das waren beileibe keine leeren Worthülsen aus dem Mund der großgewachsenen Wittenerin. Denn an den Wochenenden konnte man sie in beinahe jeder Sporthalle der Ruhrstadt - ganz gleich, ob bei den Oberliga-Männern des TuS Bommern, bei den Frauen der SG ETSV Ruhrtal oder aber auch bei den Landesliga-Herren des Wittener TV - antreffen, wo ansprechender Handball gespielt wurde.

Mit den Frauen der UTG Witten im Konzert der Großen

Und dann war Doris Bartsch durchaus kritische Beobachterin, ging teilweise hart mit den heimischen Sportlern ins Gericht, wenn die mal keine Glanzleistung aufs Parkett brachten. "Das war heute mal gar nix. Da ging es früher bei uns ganz anders zur Sache", verteilte sie schon ganz gerne mal verbal einen Rüffel. Immerhin: Sie konnte es sich erlauben, auf ihre Expertise wurde Wert gelegt. Immerhin brachte es Doris Bartsch in ihrer aktiven Laufbahn bis nach ganz oben. Jahrelang war sie in der Bundesliga am Ball, durchlief eine kometenhafte Entwicklung, nachdem sie als 14-Jährige bei der TG Witten mit ihrem Sport begann.

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59 Länderspiele für Deutschland absolvierte Handballerin Doris Bartsch, verpasste nur knapp die Qualifikation für die Olympischen Spiele 1976 in Kanada.
59 Länderspiele für Deutschland absolvierte Handballerin Doris Bartsch, verpasste nur knapp die Qualifikation für die Olympischen Spiele 1976 in Kanada. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Dabei stammte Bartsch aus Tauberbischofsheim, hätte also durchaus auch irgendwann auf einer Planche landen können als Fechterin. Doch vorbestimmt war ihr eine ganz andere Karriere, und die war durchaus beeindruckend. Ausgestattet mit einer gehörigen Portion Treffsicherheit, mit Ballgefühl, körperlicher Robustheit und einer Menge Kondition brachte sie alles mit, was im Handball gefragt war. Nach der Fusion mit der Sport-Union Annen zur damaligen UTG Witten sorgte Doris Bartsch maßgeblich dafür, dass man bald überall im Land Notiz nahm von den torhungrigen Frauen von der Ruhr. "Das war damals eine tolle Frauenmannschaft", schwärmte Bartsch, "der Teamgeist war einfach fantastisch." Kein Wunder also, dass die Wittenerinnen im Konzert der ganz Großen mitmischten, insgesamt neun Jahre in der Bundesliga spielten. Einmal reichte es zur Endspiel-Qualifikation - ein Hamburger Team aber verbaute Bartsch und ihren Mitstreiterinnen den Weg zum nationalen Titelgewinn.

Qualifikation für Olympia nur hauchdünn verpasst

Über 1000 Treffer gelangen der baumlangen, wuchtigen Rückraumspielerin, die mehrfach zur Torschützenkönigin in der ersten Liga avancierte. Über ihre lange, erfolgreiche Laufbahn hatte Doris Bartsch daheim stets genau Buch geführt, hatte alle Zeitungsausschnitte fein säuberlich archiviert und schwelgte zu gern in Erinnerungen. Beinahe hätte es für die 59-fache Nationalspielerin auch zu einer Teilnahme an den Olympischen Spielen gereicht, doch kurz vor Toresschluss versperrte eine knappe Niederlage ("ein einziges Tor hat uns damals gefehlt") gegen die rumänische Auswahl den Weg nach Montréal 1976. Das wäre die Krönung ihrer famosen sportlichen Laufbahn gewesen, nach der sie später noch als Trainerin beim ETSV Witten und beim TuS Ende tätig war.

"Das war einfach eine tolle Zeit, die ich nicht missen möchte. Ich habe eine ganze Menge gesehen von der Welt", berichtete Bartsch, die selbst lukrative Angebote von namhaften Rivalen wie Borussia Dortmund oder Bayer 04 Leverkusen ausschlug, in einem Gespräch kurz vor ihrem 75. Geburtstag. Rein sportlich fand sie beim Tennis (lange bei der TG Witten, zuletzt bei der SU Annen) ein zweites Zuhause, traf sich gern mit ihren Freundinnen auf den Plätzen der Region und hatte so zumindest die Gelegenheit, etwas für ihre Fitness zu tun. Da ihr die Ärzte ein übergroßes Sportlerherz bescheinigten, riet man ihr schon früh, weiterhin regelmäßig in Bewegung zu bleiben.

Privates Glück mit der Geburt der beiden Enkelkinder

Privat war das Glück für Doris Bartsch, die so gerne tagsüber vor einem Wittener Café in der Innenstadt saß, in der Zeitung blätterte und dort stundenlang über Gott und die Welt plaudern konnte und es liebte, das bunte Treiben zu beobachten, nach der Geburt ihrer beiden Zwillings-Enkel Ronja und Silas vor fast elf Jahren vollkommen. Auch den beiden wird Wittens Handball-Ikone mit ihren wunderbaren Anekdoten aus einer schillernden Sportlerlaufbahn gewiss fehlen.

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