Witten. Die Wittener Handballerin Carlotta Fege spielt ab der neuen Saison in der 2. Bundesliga. Sie zieht um ins 440 Kilometer entfernte Zwickau.

Die vorerst letzten Tage in der Heimatstadt sind angebrochen für Carlotta Fege. „Ein bisschen muss ich hier noch erledigen und meinen Umzug vorbereiten“, sagt die 18-Jährige, die gerade ihr Fachabitur gemacht hat und der jetzt ohnehin ein ganz neuer Lebensabschnitt bevorsteht. Rein sportlich steht die junge Handballerin auch vor einer großen Herausforderung, denn künftig wird sie in der 2. Bundesliga für den BSV Sachsen Zwickau auflaufen.

Zwickau? Das ist ja schon rein geografisch ein gewaltiger Sprung - mal eben nach Hause fahren wird da demnächst nicht mehr gehen für die ehrgeizige Sportlerin. „Ja, das ist schon ein Stück bis dorthin, rund fünf Stunden bin ich gefahren“, sagt Carlotta Fege verschmitzt - immerhin gut 440 Kilometer liegen zwischen der Witten und der 90.000-Einwohner-Stadt in Sachsen. Dass die über einen exzellenten Handball-Zweitligisten bei den Frauen verfügt, das war Carlotta Fege vorher schon zu Ohren gekommen. Jetzt aber wird sie sich noch intensiver mit den Rot-Weißen auseinandersetzen müssen, die in der abgebrochenen Saison (22 von 30 Runden wurden dort vor der Corona-Pandemie gespielt) immerhin Rang drei hinter Rosengarten-Buchholz und Halle-Neustadt belegten.

Größter Erfolg war der Titel bei der U 16-Europameisterschaft

Ein halbes Handballer-Leben hatte Carlotta Fege zuvor bei Borussia Dortmund verbracht, war dort zu einer herausragenden Kreisläuferin gereift. Mit der Zweitvertretung des BVB wurde sie in dieser Saison Zweite in der 3. Bundesliga, in der A-Jugend war sie drauf und dran, mit den Schwarz-Gelben den deutschen Meistertitel zu verteidigen. „Ja, das ist wirklich sehr schade. Die Chance auf den DM-Titel wäre sicher wieder da gewesen“, sagt die 18-Jährige ein wenig wehmütig. Auch der Drittliga-Titel war in greifbarer Nähe für die Rüdinghauserin, die Spross einer Handball-verrückten Familie ist. Zweimal schon durfte Carlotta Fege bei einer DM mit den Dortmunderinnen einen Triumph feiern (B- und A-Jugend), ihren größten Erfolg landete sie 2017, als sie mit der deutschen U-16-Auswahl in der Slowakei die Europameisterschaft an Land zog.

Es wäre durchaus möglich gewesen, dass Fege noch weiter das BVB-Trikot hätte tragen können. „Man hat mir angeboten, neben einem Platz im Dortmunder Drittliga-Kader noch das Zweitspielrecht für den Zweitligisten TuS Lintfort zu bekommen. Aber ich bin nicht der Typ für zwei Mannschaften parallel, das liegt mir nicht. Also habe ich mich auch anderweitig umgeschaut“, sagt die Wittenerin. Dass ihr Blick auch gen Sachsen schweifte, lag vor allem an einer Person: Norman Rentsch. In der Saison 2018/19 hatte der für ein paar Monate die Bundesliga-Frauen des BVB trainiert. „Daher kannte ich ihn ja schon, ich hielt ihn damals für einen richtig guten Trainer. Also hab’ ich ihn einfach mal angerufen und gefragt, ob in Zwickau ein Platz für mich wäre“, erzählt Carlotta Fege. Und siehe da - ihre Initiative fruchtete, Rentsch lotste die Kreisläuferin zum BSV Sachsen. Ebenso wie deren bisherige Dortmunder Teamkollegin Lena Hausherr. „Sonst kenne ich aber aus meiner neuen Mannschaft bis auf Torfrau Charley Zenner, mit der ich bei der Junioren-Nationalmannschaft zusammen gespielt habe, noch niemanden.“

In den vergangenen Jahren hat sich Carlotta Fege (vorne) zu einer hervorragenden Kreisläuferin gemausert, die in der abgelaufenen Saison auch zwei Erstliga-Einsätze beim BVB bekam.  
In den vergangenen Jahren hat sich Carlotta Fege (vorne) zu einer hervorragenden Kreisläuferin gemausert, die in der abgelaufenen Saison auch zwei Erstliga-Einsätze beim BVB bekam.   © Peter Ludewig

Einjähriges Praktikum in einem Sportstudio vor Ort

Natürlich sei der Wechsel zu einem Spitzenteam der 2. Bundesliga durchaus beträchtlich. „Ich habe auch lange gebraucht für diese Entscheidung“, so Carlotta Fege, die in der zurückliegenden Bundesliga-Saison auch zwei Einsätze bei BVB-Frauen hatte, denen man seitens des DHB trotz Platz eins bei Abbruch der Spielzeit nicht den ersten nationalen Meistertitel gönnte. „Ich freue mich auf jeden Fall auf die Aufgabe. Es ist ja auch ganz gut, mal was Neues anzufangen“, sagt die 18-Jährige. Die Vorbereitung startet beim BSV Sachsen Zwickau am 1. Juli, fit gehalten hat sich Fege daheim mit regelmäßigen Laufeinheiten. „Und mit meinem Bruder Christopher hatte ich mir zu Hause ein kleines Fitness-Studio eingerichtet.“ Neben der sportlichen will die Wittenerin auch ihre berufliche Karriere vorantreiben. Ihr neuer Club vermittelte ihr ein Ein-Jahres-Praktikum im Sportstudio der früheren BSV-Kapitänin Silvia Sajbidor. „Ob ich danach studiere oder etwas anderes mache, ist noch nicht klar“, sagt Carlotta Fege.

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Die sportlichen Ziele mit den Zwickauerinnen dürften nach Rang drei in der letzten Serie kaum allzu bescheiden ausfallen. „Es ist schade, dass die Mannschaft nicht den Aufstieg in die erste Liga geschafft hat - dort zu spielen hätte ich schon richtig gut gefunden. Aber die Chance gibt’s dann ja vielleicht 2021 noch mal“, sagt die Wittenerin augenzwinkernd. Dass sich in Liga zwei mit dem TuS Lintfort, dem TV Beyeröhde-Wuppertal und dem HSV Gräfrath auch einige Teams aus NRW finden, kommt der talentierten Handballerin natürlich gelegen. So kann man auch mal wieder einen Abstecher in die Heimat machen - Feges Eltern werden allerdings ab und an gewiss auch die 440-km-Reise nach Sachsen auf sich nehmen, um bei der Tochter nach dem Rechten zu sehen.