Witten. Boxer, Bademeister, Bierchen – alles Gründe, warum es mit Training heute leider gar nicht passt. Wittener Trainer berichten vom Absagen-Alltag.
Der Sport pausiert und alle Fußballer werden in Zeiten der Corona-Krise daran gehindert, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Und zwar nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz. Trainer kennen das: Wenn es darum geht, sich vom Training oder vom Spiel abzumelden, sind ihre Schützlinge um keine Ausrede verlegen.
Der Geburtstag der Oma oder der Arztbesuch mit dem Wellensittich sind zwei Klassiker. Verhinderungsgründe gibt es viele, wie Wittener Trainer zu berichten wissen. Manche allerdings sind teuer – oder enden mit einem Gastspiel in der Reservemannschaft.
Silberbach: Eingeschlossen in der Wohnung und niemand zu erreichen
„Wenn ich alle Whatsapp-Nachrichten gespeichert hätte, dann könnte ich ein Buch schreiben“, sagt Jörg Silberbach. Der Trainer des SV Bommern 05 ist viele Jahre im Geschäft und musste sich schon so manche kuriose Geschichte anhören.
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Silberbach erinnert sich an einen Spieler, der behauptete, sein WG-Kumpel hätte ihn versehentlich in der Wohnung eingeschlossen. Dieser habe nicht gewusst, dass der Spieler Zuhause ist, und sei zum Boxtraining gegangen. Das Handy?
Hatte der Mitbewohner natürlich vergessen. Der Name des Boxvereins? War dem Silberbach-Schützling leider entgangen. Und so gab es trotz aller Hilfsbereitschaft von Seiten Silberbachs kein Entkommen aus der Wohnung.
„Geschäftlich verhindert“ – auf dem Münchener Oktoberfest
„Alter, welcher Tag ist heute?“ Diese Frage bekam Uli Sieweke, heute Sportlicher Leiter beim TuS Heven, einst von einem Spieler am Telefon gestellt, nachdem dieser unabgemeldet nicht zum Treffpunkt erschienen war. Oder frei nach Peter Wackel: „Wo war ich in der Nacht von Freitag auf Montag?“
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Dass Amateurfußballer gerne feiern, das weiß Sieweke selbst am besten. Dumm nur, wenn man ein Meisterschaftsspiel mit der Begründung „geschäftlich verhindert“ absagt – und die Freundin dann nachts ein Foto in ausgelassener Feierlaune vom Oktoberfest in den sozialen Medien veröffentlicht.
Ungeklärt ist indes bis heute, wo der Bademeister sich aufhielt, der angeblich Dienst im Annener Hallenbad hatte. Der misstrauische Sieweke traf dort jedenfalls nur dessen Kollegen an.
„Die Jungs haben alle kurzfristig mal zwei Wochen in der zweiten Mannschaft ausgeholfen“, sagt Sieweke über seine Sanktionierungsmaßnahmen.
Als Boscos Schützling seinen Keller aufräumen musste
Wenn ein Spieler sich für 14 Tage vom Training abmeldet, weil er umzieht, dann mag das noch nachvollziehbar sein. Ungewöhnlich wird es erst, wenn dieser sich nach Ablauf der zwei Wochen immer noch nicht blicken lässt.
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Alfonso Bosco, aktuell beim Hammerthaler SV an der Seitenlinie und ebenfalls ein alter Hase im Geschäft, fragte natürlich nach, was da los ist. Antwort des Spielers: Er habe vergessen, den Keller leer zu räumen und nun mache die Vermieterin Druck.
„Das steht ganz oben auf meiner Liste der ominösen Absagen“, sagt Bosco. „Vielleicht habe ich das als Spieler früher selbst nicht so mitbekommen“, so der HSV-Coach. „Aber ich habe das Gefühl, die Gründe für eine Trainingsabsage werden immer seltsamer.“
Früher habe man immer behauptet, die Teams in der Verbands- und Oberliga seien Zweckgemeinschaften. „Das ist mittlerweile leider auch in der Kreisliga immer häufiger so.“
TuRa Rüdinghausen: Trotz Nazi-Demo soeben pünktlich am Platz
Jan Kastel, der ab Sommer beim SV Herbede an der Seitenlinie stehen wird, gehört zwar zu den jüngeren Übungsleitern in Witten. Er ist aber schon lange genug dabei, um ebenfalls auf eine ausgeprägte Sammlung an Absagen zurückblicken zu können. „Ich bin immer wieder erstaunt, was da für kuriose Ausreden kommen“, sagt Kastel, der sich an eine Situation noch ganz genau erinnert.
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Am Spieltag rief ihn kurz vorm Treffpunkt ein Spieler an und sagte mit der Begründung ab, dass mitten in seiner Straße eine Nazi-Demo liefe und er deshalb das Haus nicht verlassen dürfe.
Wenig später gab es für den ungläubigen Kastel auch noch ein Beweisvideo via Whatsapp. Doch der ehemalige Coach von TuRa Rüdinghausen blieb hartnäckig und forderte seinen Schützling wiederholt dazu auf, es doch noch einmal zu versuchen – mit Erfolg. Pünktlich zum Anstoß stand sein Spieler auf dem Platz.
Ruhrtals Maik Knapp weiß genau, was eine gute Ausrede ist
Einer, dem man nichts vormachen kann, ist Maik Knapp, Trainer bei der DJK TuS Ruhrtal. „Ich war natürlich selbst ein abgezockter Hund als Spieler“, so Knapp, der offen zugibt: „Ich war in meiner Laufbahn nie häufiger als zweimal pro Woche beim Training.“ Viele seiner Spieler seien jedoch nicht ganz so clever, wie er es stets war.
Er müsse jemanden vom Düsseldorfer Flughafen abholen, begründete ein Spieler seine Absage für das Freitagstraining. Die Trainingseinheit wurde kurz, anschließend machte sich Knapp mit einigen Spielern zügig auf in die Kneipe. Und wer saß dort bereits in bester Bierlaune? Genau jener Teamkamerad. Der habe zwar zunächst versucht sich herauszureden.
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„Aber als wir gesehen haben, dass auf seinem Bierdeckel schon fünf Striche stehen, haben wir nur laut gelacht“, erinnert sich Knapp. Die Konsequenz: „Er hat einen kleinen Obolus bezahlt und dann war auch gut. In der Kreisliga sollte man da schon fünf gerade sein lassen.“
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