Bommern. An eine Fortsetzung der Fußballsaison glaubt Jörg Silberbach, Trainer des SV Bommern, nicht. Mit Laufen und Radfahren hält er sich selbst fit.
Trotz der momentan unklaren Situation im Amateurfußball hat Trainer Jörg Silberbach dem SV Bommern 05 seine Zusage für die kommende Spielzeit gegeben. In welcher Liga der SVB dann spielt, ist nach derzeitigem Stand noch völlig offen. Zum weiteren Umgang der Fußballer mit der durch das Coronavirus hervorgerufenen Unterbrechung hat der 55-Jährige allerdings eine klare Meinung: Im WAZ-Interview plädiert er dafür, die Saison zu annullieren.
Wie sehr leidet der Vollblutsportler Jörg Silberbach unter der aktuellen Situation?
Silberbach: Ich sehe das von zwei Seiten. Einerseits wird mir und allen anderen momentan alles genommen, was mir Spaß macht: der Fußball und ich spiele ja auch gerne Tennis. Andererseits ist es aber einfach eine schwierige und schlimme Situation insgesamt für die Allgemeinheit. Die müssen wir so annehmen. Denn es gibt, wie die Experten sagen, keinen anderen Weg. Deshalb muss ich sagen: Mir fehlen zwar die Hobbys, aber ansonsten geht es mir gut. Da empfände ich es als ungerecht zu jammern, während andere Menschen Existenzängste haben.
Wie sieht denn Ihr sportliches Alternativprogramm aus?
Man sollte schon etwas tun, aber ich muss mir da auch selbst in den Hintern treten. Denn es fehlen ja die ganz normalen Abläufe. Wenn abends Training ist, dann geht der Puls schon von allein irgendwann hoch. Jetzt muss auch ich aufpassen, dass es auf dem Sofa nicht zu bequem wird. Ich versuche, mich mit Laufen und Fahrradfahren fit zu halten.
Fußballer hassen es, ohne Ball zu trainieren. Ihre Spieler mussten jetzt schon drei Wochen individuell arbeiten. Glauben Sie, dass die ihren Schweinehund noch überwinden können?
Ich gehe mal davon aus. Ich schicke auch immer mal ein Foto in unsere Whatsapp-Gruppe, wenn ich laufen gehe, damit die die Jungs sehen: Aha, der Alte macht ja auch was. Das motiviert vielleicht.
Wie viel Kontakt haben Sie denn momentan zu Ihren Spielern?
Natürlich habe ich meinen Spielern im Gruppenchat gesagt, was sie an Trainingsaufgaben machen sollen. Aber ansonsten sprechen wir aktuell relativ wenig. Jeder hat doch genug in seinem eigenen Umfeld zu tun. Mit dem einen oder anderen habe ich wegen eines Verbleibs in der nächsten Saison telefoniert. Mehr Kontakt habe ich mit Florian Brommer und Benjamin Schröder. Wir tauschen uns mehrfach in der Woche aus.
Geht es in den Gesprächen auch um Pläne für den Tag, an dem es mit der Saison weitergehen könnte?
Dafür kannst Du keinen Plan haben. Weil gar nicht feststeht, ob und in welcher Form die Saison fortgesetzt wird. Wie soll man sich das vorstellen, dass es nach einer so langen Pause weitergeht? Da fängt ja jeder bei Null an. Und dann soll man in einen Meisterschaftsbetrieb starten, der ganz extrem wird, mit wahrscheinlich zwei Spielen pro Woche? Das wäre eine Höchstbelastung, die für den Amateurfußballer nicht förderlich sein kann.
Was wäre Ihrer Meinung nach denn eine sinnvolle Lösung?
Dass die Saison zu Ende gespielt wird, halte ich aus genannten Gründen für schwierig. Außerdem: Wenn bereits jetzt ein großes Tennisturnier in Wimbledon für Ende Juni abgesagt wird, dann kann ich mir kaum vorstellen, dass Amateurfußball stattfindet. Jedes andere Szenario ist ungerecht. Das am wenigsten Ungerechte wäre meiner Meinung nach, wenn die Saison annulliert würde.
Der SV Bommern würde davon profitieren. Es dürften aber sicherlich einige Vereine hadern.
Irgendwer wird auf jeden Fall hadern. Wenn die Saison annulliert wird, sind es die Vereine, die oben stehen. Aber man weiß doch jetzt nicht, wer am Ende oben stehen würde. Wenn man die Tabelle so wertet, wie sie heute ist, dann würden wir hadern. Wir sagen doch auch, dass wir nur drei Punkte Rückstand haben, dass wir zuletzt einen Fortschritt gesehen haben und dass wir mit Phönix Bochum, SG Herne und TuS Kaltehardt auch noch drei Heimspiele gegen direkte Konkurrenten hätten. Da gibt es tausend Argumente.
Was ist mit Mannschaften, die noch Nachholspiele haben?Planen Sie für die neue Saison zweigleisig?
Wir können nicht davon ausgehen, in der kommenden Spielzeit Bezirksligist zu sein. Wir versuchen jetzt erstmal die Leute zu halten, die schon da sind. Es ist momentan auch schwierig, neue Spieler zu verpflichten. Gerade dann, wenn man nicht mit Geld, sondern mit dem Umfeld locken will. Da fällt gerade alles weg – die Leute mal zum Training einladen, dass sie die Jungs und das Vereinsleben kennenlernen, geht momentan nicht. Aber das ist für alle Vereine schwierig, die keinen großen Etat haben.
Ein Extrembeispiel ist der FC Liverpool. Wenn die Saison in England annulliert würde, wären deren Fans sicher sehr frustriert.
Okay, das würde schon richtig weh tun. Andererseits muss man sagen, dass Jürgen Klopp vernünftig mit der Situation umgeht.
Wie haben Sie sich denn davon überzeugen lassen, für die kommende Saison am Goltenbusch zuzusagen?
Eigentlich stand das für mich schon von Anfang an fest. Deshalb waren die Gespräche jetzt sehr kurz. Ich bin sehr angetan von dem, was ich in zwei Monaten in Bommern erlebt habe. Die Jungs ziehen super mit und vom Verein bekomme ich tolle Rückendeckung. Das macht Spaß und genau darum geht es mir – und nicht mehr um die Höhe der Spielklasse.
Auch interessant
Welche Ausrichtung haben Sie mit dem Verein besprochen?
Uns hat jetzt alle erstmal die Situation überrascht, das hat sich mit den Gesprächen überschnitten. Wir wissen, dass wir in der Bezirksliga wieder ein schweres Jahr vor uns hätten. In der Kreisliga A würden wir natürlich oben mitspielen wollen. Aber ich weiß, dass es auch in dieser Liga viele gute Mannschaften gibt. Grundsätzlich wollen wir in der nächsten Saison früh damit anfangen, etwas zusammenzustellen.
Mit Michael Kraus verlässt ein Leistungsträger und Bommeraner Junge den Verein. Konnten Sie das nicht verhindern?
Als ich nach Bommern gekommen bin, hatte Michi in Herbede bereits sein Wort gegeben. Es spricht für ihn und seinen Charakter, dass er das nun auch hält. Wir kommen gut miteinander aus und ich glaube, dass ich vor seiner Zusage in Herbede auch eine Chance gehabt hätte, ihn zu halten. Aber ich versuche es auch nicht, ihn zu überreden, zumal Herbedes Vorsitzender Marcus Hahn ein guter Freund von mir ist.