Dorsten. .
Das Ziel heißt Biel: 100 Kilometer führt ein legendärer Ultralauf durch das Umland des Schweizer Städtchens – um am Bieler See wieder zu enden. Rüdiger Littwin hat die 100 Kilometer schon zweimal absolviert, für Jörg Berg ist es die Premiere.
Ein Lauf durch die Nacht, der Start ist abends um 22 Uhr. Zwei Läufer aus Dorsten sind am kommenden Freitagabend mit dabei: Rüdiger Littwin hat die 100 Kilometer schon zweimal hinter sich gebracht, für Jörg Berg ist es die Premiere bei den Bieler Laufttagen. Sie laufen gemeinsam, aber ihre bisherige Laufgeschichte könnte unterschiedlicher kaum sein.
Jörg Berg hat vor zehn Jahren mit dem Rauchen aufgehört, eine Ersatzbefriedigung musste her: „Bis dahin bin ich keinen Meter gelaufen. Dann habe ich ganz klassisch die Laufschuhe aus dem Keller geholt. Nach 500 Metern musste ich die erste Pause machen.“ Der Wesel-Datteln-Kanal wird zu Bergs Laufrevier. Er setzt sich kleine Ziele: von Brücke zu Brücke. Und er macht Fortschritte. Im April 2002 läuft er seinen ersten Halbmarathon. Auf 40 komplette Marathons blickt Berg, der als Personalleiter bei Eon-Edis in Brandenburg arbeitet, heute zurück.
Das Ende des Montblanc-Laufs
Der Marathon-Ticker von Rüdiger Littwin steht bei 118. „Ich habe mein Leben lang Sport gemacht“, erzählt der drahtige Polizeibeamte mit der Leidenschaft Laufen. Den ersten Marathon lief er 1998 rund um den Baldeneysee. Littwin ist schon einmal rund um den Montblanc gelaufen – 9500 Höhenmeter und 166 Kilometer. An einem Stück. Welches Extrem für ihn unvorstellbar wäre? „Ein Eismarathon im Ural. Das will ich nicht.“ Gleichwohl: Beim Laufen gehe es um das Ausloten von Grenzen, darin sind sich die beiden einig.
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Warum Laufen? Berg sieht es pragmatisch: „Laufen ist der einzige Sport, für den man kein Talent braucht, sondern nur Disziplin.“ Und für jeden Läufer folgt der Lohn im Ziel: „Überwältigend“ beschreibt Berg die Ankunft nach den Strapazen: „Das ist der Stolz, eine Leistung vollbracht zu haben.“ Nach seinem ersten Berlin-Marathon 2002 hatte Berg „neben Krämpfen in den Beinen Tränen der Rührung in den Augen“. Littwin erinnert sich noch zu gut an das Ende des Montblanc-Laufs: „Ich habe noch nie so viele Männer weinen gesehen.“
18 Stunden Zeitlimit
Den Rennsteiglauf hat Jörg Berg gerade hinter sich: ein Supermarathon, 72,7 Kilometer durch den Thüringer Wald: „Irgendwann schaltet sich das Gehirn aus, so dass man das Gefühl für die Zeit verliert.“ Trotzdem ist der Respekt vor den 100 Kilometern groß, aber Berg bleibt guter Hoffnung: „Wenn ich etwas nicht ausprobiert habe, kann ich auch nicht sagen: ich schaffe es nicht.“ Mit Biel aber ist ein Höhepunkt erreicht. Mehr als 100 Kilometer am Stück will Berg sich nicht zumuten.
„Biel ist ein Kultlauf“, beschreibt Littwin seine Vorfreude. So circa 13 Stunden schätzen die beiden, werden sie für die Strecke brauchen. „Dann sind wir pünktlich um 11 Uhr zum Frühstück zurück“, scherzt Littwin.
Die 18 Stunden Zeitlimit haben sie nicht vor auszuschöpfen. „Wir wollen langsam laufen“, so das erklärte Ziel. Nur gemütlich wird es nicht werden.